Heinrich Winterberg
Winterberg Heinrich, * 11. Mai 1867 Reichenberg, Böhmen (Liberec, Tschechien) † 24. Jänner 1929 Wien 9, Mariannengasse 20 (Sanatorium Loew; zuletzt wohnhaft 3, Gärtnergasse 17), Gynäkologe, Experimentalpathologe, Kardiologe.
Nach Studium an der Deutschen Universität Prag (Dr. med. univ. 1892) übersiedelte Winterberg nach Wien und bildete sich an der ersten Geburtshilflichen Gynäkologischen Universitäts-Klinik unter Rudolf Chrobak zum Gynäkologen aus.
1895 ließ er sich als praktizierender Frauenarzt in Wien nieder. Gleichzeitig begann er aber mit wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiet der experimentellen Pathologie. Zunächst war er an der Medizinischen Abteilung von Rudolf von Limbeck an der Krankenanstalt Rudolfstiftung tätig, später am dortigen pathologischen-chemischen Laboratorium von Ernst Freund und beim Pathologen Richard Paltauf; 1898 kam auch der Experimentalpathologe Carl Julius Rothberger dorthin, und es entwickelte sich eine über 1 1/2 Jahrzehnte währende fruchtbare Zusammenarbeit zwischen beiden Forschern. Sowohl Winterberg als auch Rothberger waren von rein bakteriologischen Arbeiten bald nicht mehr zufriedengestellt und wechselten zu Philipp Knoll ans Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie der Universität Wien. Von diesem erhielt Winterberg das für seine spätere kardiologische Pionierarbeit richtungweisende Thema, das nach Durchschneidung des Nervus hypoglossus beim Hund auftretende Zungenflimmern zu untersuchen. Auch unter Knolls Nachfolger Paltauf blieb Winterberg an seiner früheren Stelle und habilitierte sich 1902 für allgemeine und experimentelle Pathologie an der Universität Wien (tit. ao. Prof. 1912).
Am 30. April 1909 berichteten Rothberger und Winterberg in der "Gesellschaft der Ärzte" über "Vorhofflimmern und Arhythmia perpetua" (in: Wiener klinische Wochenschrift 22 [1909], S. 839 ff.). Schließlich konnte Winterberg mit dem bereits 1908 angeschafften Saitengalvanometer (einem Vorläufermodell des Elektrokardiographen [EKG]) anhand der typischer Veränderung der Herzstromkurve (Fehlen der P-Zacke, unaufhörliche kleine Schwankungen der Null-Linie mit unregelmäßigen Intervallen über R-Zacke und vollen Arrhythmie des Ventrikelpulses (in: Wiener klinische Wochenschrift 22 [1909], S. 1792 ff.) das Vorhoffiimmern auch bildlich dokumentieren. 1915 trat Winterberg in die unter der Leitung des Kardiologen Karel Frederik Wenckebach stehenden ersten Medizinischen Universitäts-Klinik ein und konnte seine experimentellen Forschungen nun an erkrankten Menschenherzen fortsetzen (zunächst Einrichtung einer Herzambulanz an der Klinik, der 1920 eine kardiologische Abteilung folgte; ao. Prof. 1921). 1927 veröffentlichte Winterberg gemeinsam mit Wenckebach das Standardwerk "Die unregelmäßige Herztätigkeit".
Quellen
Literatur
- Isidor Fischer [Hg.]: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band 2: Kon-Zweig. Nachträge und Berichtigungen. München: Urban & Schwarzenberg 1963
- Die Feierliche Inauguration des Rektors der Wiener Universität für das Studienjahr 1928/1929, am 6. November 1929. Wien: Selbstverlag der Universität 1929, S. 24-25
- Paul Saxl: Prof. Dr. Heinrich Winterberg, gest. am 23. Jänner 1929. In: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Springer 1851 - lfd. Heft 6 (1929), S. 198-199
- Helmut Wyklicky: Wiener Experimentalkardiologie am Beginn des 20. Jahrhunderts. Rothbergers Untersuchungen zur Klärung der Herzstromkurve. Wien: Hollinek 1974 (Beihefte zur Wiener medizinischen Wochenschrift, 7), S. 26 f., 34 ff., 41 ff., 81 ff.