Herwig Würtz
- Direktor der Wiener Stadt-und Landesbibliothek (MA9) (1989 bis 1998)
- Präsident der Vereinigung Österreichischer Bibliothekare (1996 bis 1998)
Herwig Würtz, * 29. April 1937 Linz, † 7. November 2005 Wien, Jurist, Bibliothekar.
Biographie
Herwig Würtz wuchs in Kirchdorf an der Krems auf. Nach der Matura am Stiftsgymnasium in Kremsmünster 1956 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Wien.
Ab 1969 wirkte er an der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, die damals noch Wiener Stadtbibliothek hieß. An dieser Institution übernahm er das Fachreferat für den Bereich der Juridica, der gerade in einer Amtsbibliothek eine große Rolle spielt. 1972 legte er mit Auszeichnung die Bibliotheksprüfung ab; seine bibliothekarische Hausarbeit galt dem Thema "Möglichkeiten methodischer Sacherschließung durch die Wiener Stadtbibliothek. Anwendungsarten der elektronischen Datenverarbeitung in einer wissenschaftlichen Bibliothek".
Über das engere Fachgebiet hinaus auch in Fragen der Bibliotheksorganisation engagiert, wurde Würtz Leiter der Druckschriftensammlung und mit September 1979 stellvertretender Bibliotheksdirektor. 1989 folgte er Franz Patzer als Direktor der Institution nach. Seine Amtszeit war vor allem von zwei großen Herausforderungen geprägt: die Digitalisierung der Informationsprozesse und die räumliche Sicherstellung einer adäquaten Bestandserhaltung.
Im Bereich der Datenverarbeitung initiierte er bleibende Weichenstellungen für die Bibliothek; dazu gehörte die Einführung der EDV-gestützten Katalogisierung auf der Basis des Programms BIS-C, die 1991 nach mehrjährigen Vorarbeiten umgesetzt werden konnte. Weitere Maßnahmen waren die Einführung der EDV-gestützten Erwerbung (1993) und die erste Version des Internet-Kataloges (1996). Auf dieser Basis entstand 1999 auch der virtuelle Katalog der österreichischen Landesbibliotheken. 1993 begann die Retrokonversion des Zettelkatalogs der Druckschriftensammlung, die 2001 abgeschlossen werden konnte.
1991 konnte die Musiksammlung der Bibliothek aus beengten Verhältnissen in eine Wohnung im Haus Bartensteingasse 9 übersiedeln, deren repräsentative Räume, in denen sich Interieur von Adolf Loos befindet, heute eine Dauerausstellung zur Geschichte der Wohnung, des Bauherrn und des Architekten Loos beherbergen und für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig mit der notwendigen Renovierung wurde im Keller ein voll klimatisierter Tresorraum eingerichtet, in dem die bedeutenden Bestände den heutigen konservatorischen Standards entsprechend aufbewahrt werden können.
In der Direktionszeit Würtz‘ konnten unter anderem bedeutende handschriftliche Bestände zur Wiener Avantgarde-Literatur (Joe Berger, Hermann Schürrer usw.) erworben werden, ebenso der Nachlass der im KZ ermordeten Schriftstellerin Alma Johanna Koenig oder des ehemaligen Kulturstadtrates Viktor Matejka. Auch die Musiksammlung setzte in den 1990er Jahren einen Akzent auf die Sammlung zeitgenössischer Wiener Kompositionen. Die Sammlungstätigkeit korrespondierte mit einer Forcierung der Publikationen aus den Beständen der Bibliothek.
Darüber hinaus fungierte der Jurist von 1996 bis 1998 als Präsident der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Gesundheitliche Probleme führten schließlich dazu, dass er im November 1998 in den Ruhestand ging.
Literatur
- Gerhard Renner: Mag. Herwig Würtz (1937–2005). In: Mitteilungen der VÖB 59 (2006), Nr. 1, S. 46-47
- Sylvia Mattl-Wurm: Von der Stadtbibliothek zur Wienbibliothek 1956-2006. In: Julia Danielczyk/Sylvia Mattl-Wurm/Christian Mertens [Hg.]: Das Gedächtnis der Stadt. 150 Jahre Wienbibliothek im Rathaus. Wien: Verlag für Geschichte und Politik [u.a.] 2006, S. 248-302, insbesondere S. 280ff.
- Herwig Würtz [Hg.]: Zur Eröffnung der Neuen Musiksammlung. Wien: Wiener Stadt- und Landesbibliothek 1991