Iriskino
48° 13' 37.03" N, 16° 20' 23.89" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Gründungsjahre
1913 gründete "Iris – Verein für soziale Hilfe" das gleichnamige Kino in 18., Währinger Straße 123 unter dem Namen "Kino Theater Iris". Das Kino hatte zu Beginn 238 bewilligte Plätze. 1918 wurde durch eine bauliche Verbesserung des Kinos auf 230 Plätze reduziert. Geschäftsführer war ab 1919 der 1893 in Wolta geborene Ernst Rumler.
1923 erhielt Josefine Krauschner die Genehmigung, hier ein Marionettentheater zu führen, für das im Kino ein eigenes Spielgerüst aufgebaut wurde. In der folgenden Zeit wurden Puppenspiele angeboten und im Anschluss daran Kinovorstellungen gezeigt.
1927 kaufte Ernst Rumler den Betrieb und war ab diesem Zeitpunkt Alleineigentümer sowie ab 1928 Inhaber der Konzession. 1929 übergab Rumler die Geschäftsführung an seine Frau Augustine (auch: Auguste beziehungsweise "Gusti") Rumler; er selbst übernahm die Funktion des Operateurs, deren Befugnis er mit Einführung des Wiener Kinogesetzes von 11. Juni 1926 L.G.Bl. für Wien Nr. 35 erhalten hatte (Legitimation Nr. 241), und blieb Inhaber der Kinokonzession für den ab den 1930 Jahren als "Iris Kino" laufenden Betrieb. Die Firma lief weiter auf den Namen "Ernst Rumler".
1933 erhielt Gusti Rumler die Kinokonzession als verantwortliche Geschäftsführerin.
Das Kino in der NS-Zeit
Der Betrieb blieb auch nach dem "Anschluss" im Besitz der Familie Rumler, die den Betrieb als "ostmärkisches Kino" weiterführte. Am 1. Jänner 1941 trat Ernst Rumler 50 Prozent seines Besitzes an Gusti Rumler ab; Inhaber des vorläufigen Spielbewilligung der Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, war Ernst Rumler. Ernst Rumler war ab Juli 1938 Anwärter bei der NSDAP und ab Mai 1940 Parteimitglied; seine Frau Gusti gehörte dieser nie an.
In seinem Lebenslauf im Februar 1939 für die Reichsfilmkammer führte Rumler an, dass bereits bei der Umwandlung in ein Tonkino die Arbeiten nur von "arischen" Firmen ausgeführt worden waren und das Kino in der Verbotszeit im ganzen Bezirk als "Nazikino" bekannt gewesen war und er es der Partei für Sondervorstellungen zur Verfügung gestellt hatte. Unter den Parteigenossen, die er als Zeugen für seine pro-nationalsozialistische Gesinnung anführte, befand sich auch der Ratsherr|Hanns Nehez, Sohn der Besitzer des Zentraltheaters (Ottakring) Johann Leopold Nehez und Sophie Nehez. Auch Rumlers Bruder Fritz, seit 1923 Pächter des Leibnizkinos, wurde als Unterstützer (mit ähnlichem Lebenslauf) angeführt. Fritz Rumler erwähnt in seinem Schreiben auch, dass er selbst "die Schwester von den Systemschergen hingerichteten Pg. Planetta, die schwer um ihre Existenz kämpfte" finanziell unterstützt hatte.
Schon im Mai 1929 macht Rumler zudem nach einer Versammlung der Kinobesitzer der Reichsfilmkammer Vorschläge, wie Kleinkinos geschützt, Spielpläne in den Sommermonaten gestaltet und Zeitungsreklame ungesetzt werden könnte. Zudem schlug er regelmäßige "Kameradschaftsabende" vor, um in kleineren, bezirksweisen Treffen bessere Kontakte zwischen Betriebsführern untereinander herzustellen.
Öffentliche Verwaltung und Rückgabe
Nach der Wiedereröffnung am 1. Juni 1945 wurde zuerst Hermine Bespalez (* 1900), die ab 1943 nach eigenen Angaben in der Widerstandsbewegung tätig gewesen war, provisorische Verwalterin; ihr folgte am 1. Oktober 1945 Dr. Alfred Migsch als öffentlicher Verwalter des "nazifizierten" Betriebes; Bespalez blieb als Geschäftsführerin im Kino.
Laut Aktenbestand von 20. September 1945 sah die Situation des Kinos zu diesem Zeitpunkt wie folgt aus: "Nazifiziertes Vermögen, Besitzer Mitglied der NSDAP, daher im Sinne des Veranstaltungsbetriebsgesetzes v. 27.8.1945 zur Führung des Kinos nicht geeignet."
Im November 1945 reichte Gusti Rumler um den Wiedererhalt ihrer Konzession ein, die sie damit argumentierte, dass sie selbst nie Parteimitglied gewesen wäre und den Betrieb über 20 Jahre mit Erfolg geführt habe.
Im Dezember 1947 wurde Alfred Migsch als öffentlicher Verwalter abberufen. Statt ihm trat vorerst für dessen bis 1938 aufrechten Geschäftsanteil der Verein Volkslesehalle als öffentlicher Verwalter ein, während seinerseits Ernst Rumler im Zuge des neuen Nationalsozialistengesetzes dieses Jahres, obwohl er Mitglied der NSDAP gewesen war, wieder in seine Funktion eintreten durfte. Schließlich wurde auch der Verein Volkslesehalle am 18. Februar 1948 per Bescheid aufgefordert, seinen Anteil an Ernst Rumler zu übergeben, sodass das Kino wohl ab diesem Zeitpunkt wieder in Besitz des Ehepaars Rumler war.
Schließung des Kinos
An der Stelle des einstigen Kinos, das bis 29. August 1982 bestand, befand sich bis 2020 eine Filiale der internationalen Drogeriemarktkette "BIPA" und seit 2020 das Geschäft "Hannibal's".
Fassungsraum
Siehe auch: Kino
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 18. Kinotheater Iris
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV Kino: K43 Iris-Kino
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 48 Iris-Kino
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Fachverband der Lichtspieltheater, A1: 87 - Iris-Kino
Literatur
- Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 283