Grenzsteine

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Grenzstein des Schottenstifts (BAZ[.]: Benno Abt Zum [Schotten]. Darunter sein Wappen: Abtkrümme mit Beutelbuch) aus 1790 in Wien 17, 2015
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BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Grenzstein des Schottenstifts (BAZ[.]: Benno Abt Zum [Schotten]. Darunter sein Wappen: Abtkrümme mit Beutelbuch) aus 1790 in Wien 17, 2015

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Grenzsteine oder Marksteine sind in den Boden eingegrabene materielle Rechtszeichen. In der Regel weisen sie Anmerkungen mit Bezug zu den Errichtern bzw. den aneinander Angrenzenden auf. In den allermeisten Fällen begrenzen derartige Steine das Territorium eines Staates, Landes, einer Gemeinde oder von Grundherrschaften.

Rechtliches

Bereits in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Weistümern und Banntaidingen werden das Setzen, Versetzen und der generelle Umgang mit Grenzzeichen eingehend thematisiert und Vergehen in Bezug auf diese Materie streng bestraft. In vielen Taidingstexten von Ortschaften in heutigen Wiener Stadtrandbezirken waren 5 Gulden für Grenzfrevel vorgesehen. Konnte der Frevler die Strafe nicht bezahlen, sollte an jener Stelle, an der der Grenzstein zuvor gestanden hatte, ein Loch gegraben werden und der Delinquent mit dem Kopf voran hineingestellt werden. Danach sollte die Erde bis zum Gürtel des Hineingesteckten aufgefüllt werden. Niemand durfte dem Grenzfrevler straffrei heraushelfen. Er sollte solange im Loch stecken, bis er sich selbst befreit hatte.[1]

Auch heute regeln Gesetze und Verordnungen den Umgang mit Grenzzeichen, nämlich das Strafgesetzbuch, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch und die Vermessungsverordnung. Es wird definiert, was als Grenzzeichen gilt und wie Grenzpunkte zu bestimmen sind. Grenzzeichen weisen Eigentümern und Nutzungsberechtigten aus, wie weit sich ihre Rechte an Grund und Boden erstrecken. Grenzzeichen haben faktische Beweiskraft betreffend die örtliche Erstreckung von Rechten an Grundstücken. Sie sind strafrechtlich geschützt. Grenzsteine und Grenzzeichen stehen in der Regel im gemeinsamen Eigentum der angrenzenden Grundeigentümer. Eine einseitige eigenmächtige Änderung von Grenzzeichen kann eine Besitzstörung darstellen.[2] „Wer ein zur Bezeichnung der Grenze oder des Wasserstands bestimmtes Zeichen mit dem Vorsatz, ein Beweismittel für eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu schaffen oder zu unterdrücken, unrichtig setzt, verrückt, beseitigt oder unkenntlich macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“ (§ 230 Abs. 1 StGB).

Kulturdenkmäler und Denkmalschutz

Historische Grenzsteine sind Kulturdenkmäler und stehen teilweise unter Denkmalschutz. Damit unterliegen sie dem Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung (Denkmalschutzgesetz - DMSG).[3]

Anfänge und Verbreitung

Grenzsteine, Marksteine und Grenzzeichen wurden im Wiener Raum seit dem Mittelalter gesetzt und angebracht. Ihre Existenz ist in den normativen Quellen, wie den Weistümern belegt. Diese mittelalterlichen Zeichen sind allerdings nicht auf uns gekommen, da es sich um einfache Steine und Markierungen handelte, die vielfach nicht von Dauer waren. Bearbeitete Steine mit den Wappen oder Initialen von Grundherren, auch anderen Symbolen und Jahreszahlen lassen sich erst für die Frühe Neuzeit nachweisen.

Grenzstein des Wiener Bürgerspitals mit dem Wappen des Bürgerspitals, das den Reichsapfel zeigt (Bürgerspitalswald Weidlingau), 1566

Steine dienten dem Nachweis von Grundeigentum und Herrschaftsgebieten genauso wie der Markierung von Jurisdiktionsbezirken (z.B. Wiener Stadt- und Landgericht) und dem Verlauf von Wasserleitungen (z.B. Albertinische Wasserleitung, Hernalser Wasserleitung. Für die Stadt sind heute kaum noch Steine in natura erhalten. Einer der ganz wenigen auch noch in situ stehenden Steine ist an der Stiftskirche zu finden. Er war einer von knapp 100 Steinen, die den Wiener Burgfried markierten. Einstmals existente Grenzsteine lassen sich heute nur noch über Karten nachvollziehen. Da um Grenzen über die Jahrhunderte vielfach gestritten wurde, aber auch Besitzungen generell in ihren Grenzen regelmäßig dokumentiert wurden, sind Karten und Pläne mit Grenzzeichen in größerer Zahl in Archiven, vor allem von ehemaligen Grundherrschaften sowie der Stadt Wien, überliefert.

Waldgrenzen

Anders stellt sich die Situation im Wienerwald dar. Im Wald lassen sich Grenzsteine ab der Mitte des 16. Jahrhunderts finden. Mit der Gründung des landesfürstlichen Waldamts im Jahr 1500 setzt eine Schriftlichkeit in der Waldverwaltung ein, die keinen Zweifel an den territorialen wie nutzungsorientierten Interessen des Landesfürsten lässt. Waldordnungen, Instruktionen für den Waldmeister und Waldbeschreibungen lassen klar erkennen, dass der Wald und das Holz zur wertvollen Ressource geworden waren, wobei landesfürstlicherseits die Jagd und die Holznutzung bzw. der Holzverkauf im Mittelpunkt standen. Mischnutzungen, wie die Beweidung des Waldes durch die Untertanen und ähnliches wurden zunehmend eliminiert, klare Grenzziehungen und Nutzungen verlangt. Diesem Zweck der Entflechtung dienten die ab 1500 eingeforderten Besitznachweise. Seit den 1520er Jahren wurden Versuche unternommen, Waldgrenzbeschreibungen für den gesamten Wienerwald zu veranlassen. Dies scheiterte allerdings vorerst aufgrund der akuten Türkengefahr. Erst 1572 konnte unter Maximilian II. eine umfassende „Ausmarchung“ des Wienerwalds in schriftlicher Form vorgelegt werden.[4] Darin sind die Grenzen der Wälder mit allen Grenzpunkten und -zeichen erstmals erfasst. Dieser Zwang zur effektiven Waldwirtschaft seitens des Landesfürsten hatte die Beschreibungen und Abgrenzungen gegen enorme Widerstände zur Folge. Es wurde seitens des Territorialherren gegen „Unordnung“ in den Wäldern argumentiert, um der eigenen „guten Herrschaft“ zum Durchbruch zu verhelfen. In diesem Ordnungsprozess ging es um Machtverschiebung hin zum Landesfürsten. Streit in diesem Zusammenhang produzierte viele Dokumente, die heute die Waldgrenzen über narrative Beschreibungen und Grenzsteine nachvollziehbar machen.

Typischer Grenzstein der Beschreibung des Wienerwalds unter Leopold I. 1677

Beschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts

In den Folgejahrhunderten wandelte sich der Wert der Ressource Holz. In Zeiten der Verknappung aufgrund von Kriegen und vermehrter Bautätigkeit kam es wieder zu Waldbeschreibungen, so insbesondere unter Leopold I. und Maria Theresia. Im Wienerwald ist eine große Anzahl von Grenzsteinen mit der Jahreszahl 1677 und einem „L“ bzw. 1777/8 und einem „MT“ anzutreffen. Sie stammen aus diesen Beschreibungen. Ihre Ausmaße sind durchaus beeindruckend, indem sie ca. 50 cm hoch (aus der Erde ragen), ca. 24 cm breit und ca. 18 cm dick sind. Die Steine aus 1777/8 sind noch etwas wuchtiger. 1677 wurden insgesamt 424 Steine gesetzt, was 1.170 Gulden kostete. Diese holte sich der Landesfürst allerdings von den Anrainern über die Bezahlung von 2 Gulden pro Stein wieder herein. Die Steine wurden nummeriert und 1777/78 zum Teil umnummeriert.

Typischer Grenzstein der Beschreibung des Wienerwalds unter Maria Theresia 1778

Es war aber nicht nur der Landesfürst der Treiber hinter den Grenzbeschreibungen und -markierungen. Zu Ausmarkungen kam es aus verschiedenen Gründen, meist aufgrund von Grenzstreitigkeiten, aber auch Wissensverlust beim Eigentümer selbst oder wegen eines anstehenden Verkaufs.[5] In den Auwäldern an der Donau kam die Notwendigkeit der Neuvermessung der Grenzen nach Hochwässern und damit verbundenen Bodenverlagerungen hinzu.[6] Insbesondere im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert nutzten bedeutenden Grundherren Neuausmarkungen gerne, um repräsentative Grenzsteine an den Grenzen ihrer Waldungen aufzustellen. Somit erfüllten die Steine neben der rechtlichen auch die Funktion der Herrschaftsrepräsentation.

Grenzziehung und Grenzzeichen

Im verbauten Gebiet bzw. innerhalb des Burgfrieds wurden Grenzsteine in dichterer Abfolge gesetzt. Jede Grenzrichtungsänderung wurde angezeigt. Anders war das im Wald. Grenzziehungen erfolgten grundsätzlich entlang topografischer Gegebenheiten wie Bächen, Gräben, Rinnen oder entlang von Hügelkuppen und Bergrücken. An den Bächen oder in Gräben verzichtete man auf das Setzen von Grenzsteinen in gewissen Abständen. In solchen Fällen setzte man Steine lediglich beim Zusammenfluss von Bächen bzw. Zusammenkommen von Gräben, um anzuzeigen, welchem die Grenze nun folgte. Am oberen und unteren Ende eines Grabens ist fast immer ein Stein zu finden. In flacherem Gelände ohne besondere topografische Merkmale wurden Erdhaufen, sogenannte Hotter oder Leber, zur Markierung aufgeworfen oder Markierungen an Bäumen angebracht, später in 40 bis 70 Metern Abstand ein Grenzstein errichtet. In seltenen Fällen warf man auch Wälle zur Abgrenzung auf oder stellte Grenzsteine zur besonderen Hervorhebung auf Hotter. An der Oberseite von Grenzsteinen ist jeweils eine „Weisung“ angebracht. Sie zeigen die Richtung zum vorhergehenden und nachfolgenden Stein an.

Heutige Situation

In Wien trifft man Grenzsteine vor allem an der Grenze zu Niederösterreich sowie in den Außenbezirken, insbesondere in unverbauten Arealen an. Eine verhältnismäßig hohe Dichte an Grenzsteinen weist der Lainzer Tiergarten auf, in dem viele Grundherren Wald besaßen.

Buchstaben und Symbole

Grenz- und Marksteine weisen in der Regel Symbole wie Wappen, Initialen des Herrschaftsinhabers oder Anfangsbuchstaben der Gemeinde bzw. steinsetzenden Institution auf. Eingemeißelte Wappen sind in der Zeit vor 1848 durchaus als Hoheitszeichen anzusprechen, da die für die Setzung verantwortlichen Grundherrschaften im umgrenzten Gebiet Hoheitsrechte wie das Gerichtsrecht ausübten. Herrschaftszeichen sind im Wiener Raum ab der Mitte des 16. Jahrhunderts zu finden. Die elaboriertesten Exemplare stammen aus dem Zeitraum von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Leopoldinische Grenzbeschreibung) bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Danach überwiegt die Funktionalität. Das künstlerische Element tritt in den Hintergrund und verschwindet im Laufe des 19. Jahrhunderts vollkommen.

Grundherrschaften, Symbole, Abkürzungen

Siehe dazu Grenzsteine (Symbole und Abkürzungen)

Karte

Bilder

… weitere Ergebnisse

Siehe auch

Marksteine auf der Laimgrube 1815

Im Allgemeinen

Im Besonderen

Quellen

Literatur

  • Christoph Sonnlechner: Verwaltung von Natur. Ressourcenmanagement und das geschriebene Wort in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grundherrschaften. In: Walter Pohl und Paul Herold (Hg.), Vom Nutzen des Schreibens. Soziales Gedächtnis, Herrschaft und Besitz im Mittelalter (= Forschungen zur Geschichte des Mittelalters Bd. 5, Wien 2002), S. 375-394.
  • Christoph Sonnlechner: Bürger und Wald. Überlegungen zur Nutzung von Wiener Bürgerspitalswäldern im Mittelalter. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Bd. 64 (2010), S. 82-114.
  • Elisabeth Knapp: "Steinerne Zeugen". Über die historischen Grenzsteine des 17. und 18. Jahrhunderts in Mauerbach. Mauerbacher Beiträge 16. Mauerbach: Selbstverlag der Marktgemeinde 2009, S. 23-31.
  • Anton Schachinger: Der Wienerwald. Eine landeskundliche Darstellung. Wien: Verein für Landeskunde und Heimatschutz von Niederösterreich und Wien 1934
  • Felix Haßlinger: Über einige ältere Grenzsteine in der Umgebung von Medling, Maria-Enzersdorf, Brunn und Perchtoldsdorf. In: Monatsblatt des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 3 (1904) 1, S. 1-10.
  • Hans Ernst Butz: Landeskunde und Schule. In: Unsere Heimat 26 (1955) 10-12, S. 173-180.
  • Historischer Atlas von Wien: 4.2.1/1-2, Grenzen im Wiener Raum.
  • Ferdinand Opll: Alte Grenzen im Wiener Raum (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien; 4 ), Wien [u.a.] 1986.
  • Harald Blanda und Günther Brunnbauer: Wiener Landesgrenze rund um Wien - eine Beschreibung des Grenzverlaufes, Maria Anzbach [2015].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gustav Winter [Hg.]: Niederösterreichische Weistümer. 3 Bände. Innsbruck: Wagner 1886-1913, hier Teil 1 S. 811 für Hernals, ebenso aber für Dornbach, Währing, Unter Sievering und weitere bestimmt.
  2. Catastrum. Grenzsteine: Recht
  3. RIS: Denkmalschutzgesetz
  4. Christoph Sonnlechner: Verwaltung von Natur. Ressourcenmanagement und das geschriebene Wort in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grundherrschaften. In: Walter Pohl und Paul Herold (Hg.), Vom Nutzen des Schreibens. Soziales Gedächtnis, Herrschaft und Besitz im Mittelalter (= Forschungen zur Geschichte des Mittelalters Bd. 5, Wien 2002), S. 375-394, hier S. 380
  5. Christoph Sonnlechner: Christoph Sonnlechner: Bürger und Wald. Überlegungen zur Nutzung von Wiener Bürgerspitalswäldern im Mittelalter. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Bd. 64 (2010), S. 82-114.
  6. Christoph Sonnlechner / Severin Hohensinner / Gertrud Haidvogl: Floods, fights and a fluid river: The Viennese Danube in the sixteenth century. In: Water History 5/2 (2013), pp. 173-194