Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.32
Devise: Glück auf!
Verfasser: Martin Kink
Das Projekt Nr. 32 wurde am 30. Juli 1858 im Ministerium des Innern abgelegt.[1] Da schon ein Projekt mit dieser Devise eingereicht worden war, fügte man "K." zum offiziellen Motto "Glück auf!" bei.
Bei der letzten kommissionellen Sitzung, am 24. November 1858, verlautete der Berichterstatter Heinrich Ferstel, "… dass der vorliegende Plan zu behandeln wäre, wie alle Anderen, jedoch mit der Reserve, dass das Schlusscomite ermächtigt werde, ihn, wie auch die Pläne 48, 51, 52 nochmals zur Hand zu nehmen."[2]
Vom ursprünglichen Projekt sind heute nur mehr drei maßgebliche originale Grundrißpläne sowie fünf Profilpläne erhalten. Der Druck Eitelbergers zeigt, dass es einen Situationsplan gab, wie auch die Aussagen in der Denkschrift belegen, dass es mehrere Situationspläne, Detailgrundrißpläne, Verzeichnisse und Kostenaufstellungen gab, welche aber heute nicht mehr vorhanden sind.
Martin Kink war steirischer Landesbaudirektor, nachdem er zuvor in Innsbruck gearbeitet hatte. Sein beruflicher Schwerpunkt lag auf Gewässerregulierungsarbeiten, was sich nicht nur in seinem Beitrag für den Wettbewerb von 1858, sondern auch im Wettbewerb zur Donauregulierung von 1865 niederschlug.
Städtebaulicher Entwurf
Kink sah sein Projekt unter dem Titel "Glück Auf!" als Lösung einer dreifachen Aufgabenstellung. Nämlich der Erweiterung der inneren Stadt Wien, dann der Donauregulierung sowie der Regulierung, Vergrößerung und Verschönerung von Wien, womit die Gesamtstadt gemeint war.
In seinem Stadterweiterungsentwurf legte er den Boulevard ausreichend weit vor die innere Stadt, sodass dazwischen eine Bebauung, die einen Block tief war, ermöglicht wurde. Den Straßenverlauf knickte er nur so oft wie unbedingt nötig, und durch eine kluge Disposition gelang es ihm, einen vollständigen Ring um die innere Stadt zu schließen. Er verstand diesen als autarke Figur und autonomes Verkehrssystem, denn anders als seine Konkurrenten, projektierte er in der Verlängerung des Boulevards keine Brücken über den Donaukanal. Die Bebauung am Glacis teilte er in fünf Gruppen, meist in strengen Rasteranlagen. Er operierte mit Sternplätzen, die sich im südlichen Stadterweiterungsgebiet symmetrisch entwickelten, im Nordwesten an eine Pariser Disposition, mit den charakteristischen Blöcken auf dreieckigem Grundriss, denken lässt. Die Blöcke sind allesamt überlegt proportioniert.
Nur bei seiner projektierten Oper schuf er aus mehreren Monumentalbauten eine Gebäudegruppe. Die anderen öffentlichen Bauten verteilte er auf die übrigen Abschnitte des Boulevards. Beeindruckend hätte sich die neue Kaserne ausgemacht, die er auf einem zehneckigen Grundriss vorschlug. Diese Form sollte eine rundumlaufende Straße haben, die teilweise als Boulevard gedient hätte. Von dieser Rundstraße bog der Boulevard mit beidseitiger Bebauung ab und ging in den östlichen Bereich des Franz-Josefs-Kais über.
Die Qualität dieses Entwurfes lag in der Behandlung der einzelnen Ensembles. Kink legte großen Wert auf die Blickachsen von den Grünräumen auf die bebauten Quartiere. Die Votivkirche flankierte er etwa mit zwei Hofbauten, um sie räumlich zu fassen.
Um eine gute Verkehrssituation in der inneren Stadt und im Stadterweiterungsgebiet zu schaffen, schlug er neben dem Boulevard noch zwei weitere Straßen vor, eine Lastenstraße und eine von ihm als Bastionsstraße bezeichnete. Letztere sollte entlang der inneren Stadt und dem Ring der ersten neuen Bebauung verlaufen, unter anderem um den prozessualen Ablauf des Abbruchs und Wiederaufbaus zu vereinfachen. Zur Regulierung der inneren Stadt schlug er vor, die Achse der Kärntnerstraße als solche zu belassen, parallel dazu aber eine neue breite Achse durch die Stadt zu schlagen. Er führte sie vom Graben in gerader Linie über den Neuen Markt, den Boulevard bis zur Elisabethbrücke, die in die Wiedner Hauptstraße überging. An zwei weiteren Stellen schlug Kink Straßendurchbrüche vor, um zusätzliche Ausgänge aus der inneren Stadt zu erhalten.
Des Weiteren beabsichtigte er, den Linienwall durch eine Promenadenstraße als allgemeine Verbindungsstraße zu ersetzen. An den Stellen, an denen der Linienwall auf den Donaukanal traf – bei der Nußdorfer-Linie im Norden sowie bei der St. Marxer-Linie im Süden –, verband er diese mit einer am Donaukanal entlangführenden Promenadenstraße, die im Bereich der inneren Stadt der Franz-Josefs-Kai war. Dadurch schuf er einen zweiten konzentrischen Verkehrsring, der die diesseitigen Vorstädte umschlossen hätte.
Städtebaulich bemühte sich Kink besonders um den Bebauungsplanung für das neue Terrain zwischen Donaukanal und neuer Donau. Ausgehend von der Jägerzeile (heute Praterstraße), dem Praterstern und der Taborstraße legte er dem Stadterweiterungsgebiet eine streng symmetrische Konzeption zugrunde. Um den Augarten intakt zu belassen, ließ er die Verbindungsachse vom Donaukanal zur Donau an dessen nordwestlichem Rand verlaufen. In der Verlängerung der Straße, deren Ende ein halbrunder Platz markierte, war anschließend eine Brücke über die Donau vorgesehen. Die Achsen der Taborstraße und der Straße vom Praterstern spiegelte er auf die nördliche Hälfte und ermittelte daraus die Lage von zwei weiteren Brücken über den Donaukanal. Während diese Straßen von einzeln stehenden Wohnbauten flankiert wurden, war die Hauptachse zwischen Donaukanal und Donau durch ein großes Ensemble aus Blockrandbebauung und öffentlichen Monumentalbauten charakterisiert. Die Jägerzeile führte Kink auch bis an die Donau, da er dort einen Hafen vorsah. Deshalb plädierte er auch für eine Getreidehalle und ein Industrie-Ausstellungsgebäude an deren Ende. Zur Aufwertung dieses Stadtteiles und als Reminiszenz an die ehemalige Aulandschaft fügte er einen kleinen Kanal ein, der einerseits als offener Wasserlauf und andererseits als Wasserbecken für die anliegenden Bauten einen ansehnlichen Prospekt abgeben sollte. Nach dem geraden Verlauf im Wohngebiet wurde der Bach daraufhin schlängelnd durch den Prater geführt, den Kink in mehrfacher Weise aufgewertet wissen wollte. Vorbei an einer Schwimmschule, die durch das Wasser des Kanales gespeist werden sollte, führte der Bach zuerst durch den neuen Botanischen und den Zoologischen Garten, er sollte zwei Teiche passieren und schließlich in den Donaukanal münden. Kink nahm mit diesem Projekt die wenige Jahre später in dieser Weise umgesetzte Donauregulierung vorweg. Der städtebauliche Entwurf wurde lediglich in der Verlängerung der Jägerzeile umgesetzt.
Die Blöcke, die er mit wenigen Einzelbauten besetzte waren zu groß bemessen. Sie hätten zwar eine hohe Lebensqualität ermöglicht, es wäre jedoch zu wenig Wohnraum geschaffen worden. Nicht überzeugend war auch die Lage der Monumentalachse, die lediglich mit der äußeren Roßau und dem Lichtental in Verbindung stand und so kein relevanter Zusammenhang zur Kernstadt Wiens hergestellt wurde.
Stellenwert
Berlin scheint das Vorbild für Kink gewesen zu sein, da er nicht nur Unter den Linden, sondern auch die Victoria- und die Schellingstraße erwähnte. Er führt zudem ein anderes Problem an, das damals in Berlin um sich griff. Dort wurden als Gartenplätze angelegte Freiräume zwischen Gebäuden in einer späteren Phase mit Bauten besetzt, sodass der Luft- und Grünraum verloren ging. Das wollte Kink unter keinen Umständen in Wien wiederholt sehen, sodass er vorschlug überall, wo es möglich war, Vorgärten anzubringen. Auch bei seinem Vorschlag für den frei zu lassenden Bereich zwischen neuer Kaserne und Votivkirche sah er auf dem 100 Klafter breiten Straßenraum zwei Streifen Vorgärten mit jeweils acht Meter und zwei 33 Meter breiten Rasenflächen vor. Dass er sich in städtebaulichen Fragen auf dem letzten Wissensstand befand, zeigt sich auch in der Tatsache, dass er, ohne die Referenz anzugeben, den Stadtgraben, wie in Paris, zur Anlage eines Hauptkanals verwendet wissen wollte, in dem Leitungen für die Gas- und Trinkwasserversorgung untergebracht würden.[3]
Siehe auch:
- Ringstraße
- Ringstraßenwettbewerb
- Ringstraße (Arbeiterschaft)
- Ringstraße (Bewohner)
- Ringstraße (Viertel)
Quelle