S. Fischer Verlag
48° 11' 55.07" N, 16° 22' 49.90" E zur Karte im Wien Kulturgut
Um 1900 beherrschten einige wenige deutsche belletristische Verlage den österreichchischen Buchmarkt, allen voran S. Fischer, aber auch der L. Staackmann Verlag und der Insel-Verlag in Leipzig sowie der Georg-Müller-Verlag in München. Diese Häuser gaben den überwiegenden Teil belletristischer Literatur aus Österreich heraus und verkauften ihn dorthin. 1918 ging S. Fischer an die Errichtung einer Filiale in Wien - "auf Wunsch und im Interesse unserer österreichischen Autoren, deren wir gegenwärtig 35 zählen". Tatsächlich dürfte aber der Papiermangel im Deutschen Reich eine Rolle gespielt haben, so stand etwa für den notwendig gewordenen Neudruck der Gesamtausgabe Arthur Schnitzlers kaum Papier zur Verfügung. Um eine Zuteilung zu erhalten, musste der Verlag in Wien eine Zweigstelle oder Filiale einrichten. Der Papierhersteller Prinzhorn erblickte in der Wiener Niederlassung des weltberühmten S. Fischer Verlags die Möglichkeit zur Schaffung jenes großen österreichischen Verlags, der in Wien bisher immer gefehlt hatte und mit dessen Hilfe eine große Anzahl der zu deutschen Verlegern abgewanderten österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftsteller nach Österreich zurückgeholt werden könnten. Daran hatte allerdings S. Fischer kein Interesse.
Die Wiener Filiale erhielt im Oktober 1918 die Konzession zum Betrieb einer Verlagsbuchhandlung am Standort Wien-Landstraße, Marokkanergasse 11 und begann im selben Monat mit der Arbeit. Im Februar wurde die Zweigniederlassung in das Wiener Handelsregister eingetragen. Bei den Prokuristen handelte es sich um Angestellte des Stammhauses in Berlin. Ihre Hauptaufgabe war es, Verhandlungen mit Autoren und Buchdruckereien in Wien zu führen und für die Auslieferung der hier fertiggestellten Druckbogen zu sorgen. 1922 führte diese Geschäfte die Firma Friese & Lang in Wien-Innere Stadt, Bräunerstraße 3, deren Lokal als Sitz der Zweigniederlassung galt. Aufgrund der Verbindungen Prinzhorns als Verwaltungsratsmitglied bei Waldheim-Eberle wurden die Druckaufträge Fischers hauptsächlich von Waldheim-Eberle erledigt wurden. Der einzige Hinweis auf Wien in den Wiener Verlagserzeugnissen findet sich nicht im Impressum, sondern nur als Angabe unter dem Verlagssignet.
Der S. Fischer Verlag blieb formal bis 1933 bestehen. Eine vom Handelsgericht Wien betriebene Löschung wurde vom Verlag zwar mit Hinweis auf die "vielen Beziehungen zum österreichischen, insbesondere zum Wiener Buchhandel" beeinsprucht, im September wurde das Unternehmen aber gelöscht.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv: Handelsgericht Wien, Registerakt C 4, 40
- Wiener Stadt- und Landesarchiv: Handelsgericht Wien, Ausgleich Sa 3/39
Literatur
- Peter de Mendelssohn: S. Fischer und sein Verlag. Frankfurt am Main: S. Fischer 1970
- Reiner Stach: 100 Jahre S. Fischer Verlag 1886-1986 : kleine Verlagsgeschichte. Frankfurt am Main: S. Fischer 1986