Urteilweib
eine Abart jener Personen, die sich seit dem 16. Jahrhundert als landfahrende "Zeitungssänger" (die über Ereignisse, Naturkatastrophen, Mordtaten und seltsame Schicksale berichteten und den in Verse gefassten Mitteilungen bekannte Melodien unterlegten) Almosen verdienten. Die Urteilweiber verkauften, wenn Verbrecher zum Galgen geführt wurden, die gedruckten Urteile, außerdem aber auch Lieder, Moritaten und ähnliche Flugblätter. Die Urteilweiber standen, besonders im Vormärz, unter strenger Polizeiaufsicht; zeitgenössische Publikationen, beispielsweise die Eipeldauer-Briefe, berichteten mehrfach über sie. In verschiedenen graphischen Serien (beispielsweise Opitz und Kaufruf um 1823) haben sie sich erhalten.
Nach 1848 war die große Zeit der Urteilweiber vorbei (sie hatten ihr Angebot bereits durch Kalender und andere Druckerzeugnisse erweitert); 1852 berichtete die "Theater-Zeitung" über ein Verkaufsverbot. Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek besitzt eine umfangreiche Sammlung von ihnen vertriebener Einblattdrucke, deren Texte oftmals von eigenen "Textdichtern" (wie etwa Michael Ambros, 1750-1809) gestaltet wurden.
Literatur
- Otto Krammer: Wiener Volkstypen. Von Buttenweibern, Zwiefel-Krowoten und anderen Wiener Originalen. Wien: Braumüller 1983, S. 76 ff. (Von den Lieder- und Urthelweibern)
- Gustav Gugitz: Lieder der Straße. 1954