Verlag und Buchhandlung für Volksaufklärung Rudolf Cerny
48° 12' 32.84" N, 16° 19' 51.51" E zur Karte im Wien Kulturgut
Verlag und Buchhandlung für Volksaufklärung Rudolf Cerny. Die Gründung des "Verlags für Volksaufklärung Rudolf Cerny" – oder auch des "Verlags Rudolf Cerny", wie es auf manchen Büchern steht – erfolgte im Juli 1920.
Seine erste Konzession erhielt Rudolf Cerny aber erst am 10. Februar 1921. Diese erlaubte ihm den Betrieb eines Verlagsbuchhandels, der auf den Handel mit den im eigenen Verlag veröffentlichten Büchern fremder Autoren beschränkt war. Ungefähr ein Jahr später kam eine zweite Konzession hinzu. Nun war er am selben Standort in 16., Liebhartsgasse 46, auch zum Betrieb eines Buchhandels berechtigt. Der Verlag hatte Niederlassungen in Wien und Leipzig.
Seine Gewerbeberechtigung legte Rudolf Cerny im August 1931 zurück. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er seine Tätigkeit als Verleger wieder auf.
Produktion
In den Jahren 1920 bis 1928 verlegte Rudolf Cerny rund 50 Publikationen, weitaus mehr als die Hälfte davon erschien in den letzten drei Produktionsjahren.
Der Verlag Rudolf Cerny stand der Sozialdemokratie und der revolutionären Bewegung gegen Ende des Ersten Weltkriegs in vielen Belangen nahe, sein Programm ähnelte jenem des Anzengruber-Verlags. Pazifistische Schriften wie "Gewalt oder Gewaltlosigkeit" von Fritz Oerter (1920) oder Schriften zum Thema der Siedlerbewegung, etwa "Die Siedlungsaktion" von Paul Robien, belegen zudem Cernys Nähe zur Verlagsgenossenschaft "Neue Erde", in der er ebenfalls beschäftigt gewesen war.
Die meisten Werke aber waren dem Freidenkertum gewidmet. So verlegte der 1898 in Wien geborene Cerny – als Übernahme aus dem Wiener Freidenker-Verlag – zeitweise die "Freidenker-Bücherei", außerdem die "Freidenker-Lichtstrahlen" mit Werken von Angelo Carraro und Johann Ferch und den "Bücherfreund", eine literarische Rundschau für Naturwissenschaft, Atheismus und Sozialismus (1923).
Von Interesse ist auch die 1926 und 1927 erschienene Reihe der "Gottlosen Bücher". Unter den insgesamt sechs Bänden finden sich Werke wie Theodor Hartwigs "Jesus oder Karl Marx?", Ludwig Elderschs "Der Irrgang des Glaubens", Michael Bakunins "Freidenkertum" und Otto Wolfgangs "Biblischer Stumpfsinn". Weitere Werke dieser Art waren "Der Kulturkampf" von Johann Ferch (1922), "Die Gottespest" von Johann Most (1922) oder "Bauer, Pfarrer und Christus" von Pierre Ramus (1921).
Die ab 1925 von Karl F. Kocmata geplante Reihe "Großstadt- und Menschheitsdokumente" sollte Schilderungen aus dem Großstadtleben und seinen Niederungen enthalten. In ihrer Konzeption der ebenfalls von Kocmata 1920/1921 herausgegebenen Reihe "Stimmen aus der Zeit" ähnlich, erschien letztendlich nur ein einziges Werk: "Die Prostitution in Wien. Streifbilder vom Jahrmarkt des Liebeslebens" (1925) stammte von Karl F. Kocmata selbst. Weitere Titel wie "Das verblutende Wien" von Nikolaus Strehm oder Egon Erwin Kischs "Emile Zola und der Sozialismus" wurden ebenso wenig realisiert wie Bände von Rudolf Geist, Erich Mühsam oder Hugo Sonnenschein.
Belletristik spielte im Verlagsprogramm nur eine untergeordnete Rolle, von 1920 bis 1928 wurden weniger als zehn Titel veröffentlicht. Die 1920 begonnene Reihe "Moderne Dichterbilder in zwangloser Folge" kam über den ersten Band nicht hinaus: Dieser war unter dem Titel "Die Sonnenblume" dem österreichischen Lyriker Josef Kitir gewidmet, die Einleitung stammte von Kurt Sonnenfeld. 1921 erschien das vom deutschen Schriftsteller Max Hayek herausgegebene Buch "Die verwandelte Erde. Ein Buch der Verheißung" in einer Auflage von 4.000 Exemplaren mit einer Umschlagzeichnung von Richard Teschner. Weitere Titel waren beispielsweise "Spartakus" von Josef Mayerhöfer (1925), "Moloch Christentum" und "Die Insel der Nackten" von Anton Putz zu Adlersthurn (beide 1927) sowie "Der Dichter in der Wüste" von Charles Wood (1927).
Die Verlagsproduktion der 1940er und 1950er Jahre ähnelte jener der Anfangszeit, gedruckt wurden Bücher unterschiedlichster Art. Darunter befanden sich Hanna Daubergers "Lauter Berühmtheiten und ich" (1947), Grete Manschingers Roman "Rendevouz in Manhattan" (1948) oder Hans Albert Rügenaus "Wenn die Männer fünfzig sind" (1956) ebenso wie einige Werke des Astrologen Erich Carl Kühr.
Den aufklärerischen Gedanken des Verlags spiegelte auch das Signet – eine Fackel – sowie der verwendete Spruch "Fiat lux" wider.