Der erste Kinderspielplatz in einem öffentlichen Park entstand um 1860 in Berlin und verfügte nur über einen Sandhaufen mit kleinen Schaufeln und Eimern. Er ist der Prototyp der modernen Sandkiste. Pädagogisch wertvolle, kindergerechte Geräte, die den Kleinen helfen, sich im Spiel sozial bestmöglich zu entfalten – das war damals absolut kein Thema. Die ersten öffentlichen Spielplätze hatten ganz andere Zielsetzungen. Bis in die 1920er Jahre verbanden Spielplätze traditionelle Turngeräte mit Sandkästen und Grasspielfeldern.
Fit für das Vaterland
Ideenspender für die Gestaltung war die Gymnastikbewegung von "Turnvater" Friedrich Jahn. Er ermutigte zur körperlichen Ertüchtigung im Freien und zu Übungen auf neu entwickelten Geräten wie Barren und Reck. Angetrieben vom damals wachsenden Nationalismus sollten bereits von Kindesbeinen an die zukünftigen Rekruten durch regelmäßiges Turnen fit für die Verteidigung des Vaterlandes sein. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Kinderspielplatz seine militärische und politische Eigenschaft. Kinder im Freien zur Leibesübungen anzuhalten und zu unterrichtet wünschte auch die sogenannte „theoretische Pädagogik“ in ihren Anfangstagen.
Spielplätze als Schwerpunkt der Sozialpolitik
Um 1900 begannen erstmals philanthropische Vereine damit, Spielplätze zu finanzieren, um Krankheit und "antisoziales" Verhalten in der Arbeiterklasse zu bekämpfen. Doch erst das "Rote Wien" setzte mit seiner Sozialpolitik neue Maßstäbe, die einen Schwerpunkt auf die Kinder- und Jugendfürsorge legte. Ab 1919 entstanden Kindergärten, Horte und Kinderspielplätze. Oft in den Gemeindebauten, die flächendeckend in allen Wiener Bezirken errichtet wurden.
Das "Rote Wien" schuf mit seinem Wohnbaugesetz die Voraussetzungen dafür, dass die Arbeiterschaft erstmals Lebensqualität erfahren durfte. Es erhöhte bei Wohnblocks die Fläche der Innenhöfe von vorgeschriebenen 20 Prozent auf mindestens 50 Prozent. Das ermöglichte in den riesigen Gemeindebauten großzügige, begrünte Höfe, die ausreichend Licht, frische Luft und Bewegungsraum boten. Der Zugang zu den Wohnungen erfolgte nicht mehr von der Straße, sondern vom Hof. Die neue Hof-Bauweise ermöglichte auch eine bessere Kontrolle der Kinder, die in einem gesicherten Territorium spielen konnten.
Noch heute stehen in Wiens Gemeindebauten rund 1.360 Spielplätze mit insgesamt 3.512 standortgebundenen Spielgeräten zur Verfügung. Dass sind drei Mal so viele Anlagen wie die Summe aller Spielplätze von Graz, Salzburg, Linz, Innsbruck, Klagenfurt, Eisenstadt und Bregenz.
Moderne technische und wissenschaftliche Standards
Heutzutage umfasst der Gerätepark Doppelschaukel, Rutsche, Federwippe, Karussell und oft noch ein Holzschiff für das Klettergeschick. Für das Ballvergnügen steht den Kindern ein sogenannter Silent Court mit geräuscharmen Bodenbelägen und schallgedämpfter Umzäunung zur Verfügung.
Bis in die späten 1970er Jahre setzten die Planer von Kinderspielplätzen auf günstige Materialien bei den Spielgeräten. Rutschen und Kletterstangen aus rostanfälligem Eisen, Röhren und Ballplätze aus scharfkantigem Beton schienen ihnen auch in Sachen Sicherheit das Nonplusultra. Aus der Unfallstatistik haben sie mittlerweile die richtigen Schlüsse gezogen und nutzen heute andere Materialien: vor allem Kunststoffe, Aluminium und Holz. Und als Fallschutz dient weicher Rindenmulch.
Heute hat fast jede größere Hausanlage einen eigenen Spielplatz. In Parks und an öffentlichen Plätzen in Wien gibt es über 500 Spielplätze. Fast alle sind pädagogisch und architektonisch durchdacht und verfügen über ausreichend Platz zum Klettern, Laufen und Austoben. Piratenschiff, Kletternetz, Klettergerüst, Röhrenrutsche, Balancier-Riesenschlange oder Federtiere zum Wippen sind Standard.
Themenspielplätze
Die Stadt verfügt auch über sogenannte Themenspielplätze. Der Wasserspielplatz Wasserturm in Favoriten etwa bietet Wasserfälle, Bachläufe, Seilfähre und Hängebrücke. Die sechs Meter hohe Rutsche am Wasserturm begeistert ebenso wie eine große "Gatschzone" aus Sand. Nicht nur im Sommer steht der Themenspielplatz "Zug und Bahn" nahe dem Zentralfriedhof offen. Er ist als Mini-Bahnhof mit Bahnstrecke gestaltet. Natürlich gibt es auch Sandspielplätze, Klettergeräte und Karussell.
Spielplätze sind heute Abenteuerstätten für Stadtkinder aller Altersstufen. Die Geräte zur körperlichen Ertüchtigung haben sich gewandelt. Im Motorikpark in der Donaustadt können Kinder Koordination, Gleichgewicht, Geschicklichkeit, Kondition und Gewandtheit trainieren – und auch noch Spaß dabei haben. Auf dem zwei Hektar großen Areal gibt es über 100 Einzelgeräte an 23 Stationen sowie eine 600 Meter lange Laufstrecke.