Kämmerer

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Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 21.04.2023 durch WIEN1.lanm08uns


Reich und Landesfürsten

Der Kämmerer verwaltete den Finanzhaushalt eines Fürsten; das Kammeramt (Kammer, sub Stadt Wien) gehörte im frühen Mittelalter zu den vier Haus- oder Hofämtern (außerdem Truchseß, Marschall und Schenk). Auf Reichsebene stand das "Erzamt" des Kämmerers dem Markgraf von Brandenburg zu. Auf Landesebene war das Ehrenamt des Kämmerers erbliches Lehen bestimmter Geschlechter; im Herzogtum Österreich fungierten vom späten 13. Jahrhundert bis 1556 die Herren von Ebersdorf als Erbkämmerer, wogegen den tatsächlichen Dienst am fürstlichen Hof jeweils ernannte Kämmerer versahen (später Differenzierung zwischen dem Oberstkämmerer und einfachen Kämmerern).

Stadt Wien

Bezeichnung für die beiden städtischen Funktionäre, die das städtische Finanzwesen leiteten. Sie hatten Einnahmen, Ausgaben, Forderungen und Verbindlichkeiten zu verbuchen, andere städtische Ressorts hatten ihre Überschüsse an die Kämmerer abzuführen. Kämmerer sind ab 1368 namentlich bekannt; sie wurden jährlich (nach erfolgter Ratswahl) bestellt. Im 15. und frühen 16. Jahrhundert kam einer der Kämmerer aus dem (inneren) Rat, der andere aus dem Gremium der Genannten. Ab 1485 unterschied man zwischen dem Ober- und dem (für das Bauwesen zuständigen) Unterkämmerer, die nunmehr gesondert abrechneten und getrennte Bücher führten (von den Kammeramtsrechnungen des 14. Jahrhunderts befinden sich einige Jahrgänge in der Österreichischen Nationalbibliothek, die Rechnungsbücher ab 1424 befinden sich - mit Lücken, die insbesonders beim Unterkammeramt erheblich sind - im Wiener Stadt- und Landesarchiv). Dies blieb auch nach der neuen Stadtordnung von 1526 unverändert (der Oberkämmerer gehörte dem inneren, der Unterkämmerer dem äußeren Rat an). Die Oberkämmerer waren für die Abrechnung der Einnahmen aus Steuern, Mauten und Strafgeldern sowie der Ausgaben für Besoldung der städtischen Beamten, Geschenke, Reisen und Kanzleizubehör zuständig. Für die Einhebung der Steuern und deren Abführung an das Oberkammeramt waren die Steuerherren zuständig. 1748 nahm das Oberkammeramt und damit der Oberkämmerer durch die theresianischen Reformen nunmehr als Zentralkasse bald eine Schlüsselstellung unter den städtischen Ämtern ein. Mit der Magistratsreform von 1783 wurden im Rahmen des politisch-ökonomischen Senats neue Organe geschaffen. Das Amt des Oberkämmerers blieb im Oberkammeramt als deren Vorstand bestehen, beispielsweise mussten alle im Rahmen der Kanzleigeschäfte ausgestellten Protokolle vom Oberkämmerer und Obereinnehmer unterzeichnet werden.

Literatur

  • Franz Baltzarek: Das Steueramt der Stadt Wien 1526-1760. In: Dissertationen der Universität Wien 58 (1971), S. 112 ff.
  • Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien. Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 1/2 ), S. 48 ff.
  • Rudi Palla: Verschwundene Arbeit. Ein Thesaurus der untergegangenen Berufe. Reprint der limitierten Bleisatzausgabe. Frankfurt am Main: Eichborn 1994 (Die andere Bibliothek, 115), S. 160 f.
  • Richard Perger: Die Wiener Ratsbürger 1396–1526. Wien: Deuticke 1988 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), S. 23
  • Leopold Sailer: Die Wiener Ratsbürger des 14. Jahrhunderts. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1931 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 3/4), S. 20
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 59
  • Elfriede Sheriff: Die Ämter der Stadt Wien von 1783-1848 in verwaltungsgeschichtlicher und personeller Hinsicht. Diss. Univ. Wien. Wien 1977, S. 26 ff.