Stadtgeschichte am Wiener Stadt- und Landesarchiv

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Ausstellungsfoyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Wiener Stadt- und Landesarchiv, Verein für Geschichte der Stadt Wien, Wien Kulturgut
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 17.05.2024 durch WIEN1.lanm08son
Bildname Ausstellungsfoyer.jpg
Bildunterschrift Ausstellungsfoyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bewahrt das schriftliche Erbe der Stadt Wien und fungiert somit als ihr Gedächtnis. Die Basis für die Geschichtsschreibung am Archiv stellen seine bis ins frühe 13. Jahrhundert zurückreichenden Bestände dar. Über die gesamte Neuzeit gab es immer wieder Versuche, Archiv und Registratur der Stadt neu zu ordnen, doch erst 1745 wurde eine eigene Personalstelle hierfür geschaffen. Eine entscheidende Änderung ergab sich 1863, als die Trennung des Archivs von der Registratur erfolgt. Allerdings war mit den Aufgaben des Archivs auch die Leitung der Stadtbibliothek, seit 1874 des Waffenmuseums und seit 1887 des Historischen Museums verbunden. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 25. Juni 1889 wurden Museen und Bibliothek aus dem Gesamtverband gelöst. Das Archiv avancierte zu einem selbstständigen, dem Bürgermeister unterstellten Amt. Am 12. Juli 1904 beschloss der Gemeinderat die Eingliederung des Archivs in den Verband des Magistrats und seine Unterstellung unter den Magistratsdirektor.

Rechtliche und organisatorische Grundlagen

Seit dem Jahr 2000 bildet das Wiener Archivgesetz[1] die Basis für die stadtgeschichtlichen Aktivitäten des Archivs, dazu zählen:

  • Verarbeitung von Daten, insbesondere auch von sensiblen Daten, zum Zweck der Erfüllung der in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten und Verarbeitung derart gespeicherter Informationen zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Erfüllung anderer in diesem Gesetz genannter Zwecke;
  • Durchführung von wissenschaftlichen Forschungen zur Wiener und vergleichenden Stadtgeschichte und Förderung des Verständnisses für die Geschichte der Stadt Wien durch einschlägige Veröffentlichungen, Ausstellungen, Führungen und andere Veranstaltungen;
  • Wahrnehmung der Interessen der Stadt Wien in nationalen und internationalen, den Aufgabenkreis des Stadt- und Landesarchives berührenden Fachgremien.


Zudem legt die Geschäftsordnung des Magistrats der Stadt Wien fest:

  • Führung des Wien Geschichte Wiki in Kooperation mit der MA 9
  • Stellungnahme zur Errichtung von Gedenk- und Erinnerungszeichen sowie zu Verkehrsflächenbenennungen mit historischem und topografischem Bezug
  • Angelegenheiten der topografischen Nomenklatur


Seit März 2023 sind die Agenden in der Organisationseinheit "Wien Geschichte Wiki, wissenschaftliche Projekte und Kooperationen" zusammengeführt.

Ausbildung der Archivarinnen und Archivare

Aufgrund der Festlegung im Jahr 1919 und der Wiederholung derselben durch den Wiener Stadtsenat im Jahr 1952[2], müssen akademisch ausgebildete Archivare und Archivarinnen den Ausbildungslehrgang am Institut für österreichische Geschichtsforschung bzw. nunmehr das Masterstudium Geschichtswissenschaften und Archivwissenschaften an der Universität Wien absolvieren, wodurch eine historisch hilfswissenschaftliche Ausbildung garantiert ist. Damit einhergehend sind umfassende Kenntnisse der Quellenkunde und österreichischen Verwaltungsgeschichte. Diese Kenntnisse ermöglichen eine qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit den Beständen des Archivs in ihrer gesamten historischen Dimension vom Hochmittelalter bis ins 21. Jahrhundert.

Publikationen und Vermittlungstätigkeit

Die großen Stadtgeschichten der letzten 200 Jahre

Stadtarchivare und Stadtarchivarinnen betreiben seit dem Aufkommen der wissenschaftlichen Geschichtsforschung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Forschungen zur Geschichte Wiens. Die großen Stadtgeschichten wurden von Mitarbeitern des Stadtarchivs geschrieben und herausgegeben:

Illustration aus Franz Tschischkas Geschichte Wiens, 1847. Tschischka verstand sich als Schreiber der Geschichte aus den Quellen des Archivs. Die Bücher, Urkunden, Akten und Karten auf dem Tisch des Arbeitszimmers mit Blick auf Stadt und Stephansdom verdeutlichen dieses Selbstverständnis.

Editionen, Darstellungen, Atlanten

Gemeinsam mit dem Alterthumsverein zu Wien (ab 1918 Verein für [die] Geschichte der Stadt Wien) wurden von 1895 bis 1937 die Quellen zur Geschichte der Stadt Wien herausgegeben. Das mehrteilige Werk umfasst 19 Bände und beinhaltet Regesten aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv sowie weiterer Archive.

1929 wurden die "Studien aus dem Archiv der Stadt Wien" ins Leben gerufen. Als erster Band erschien der bis heute aktuelle Band von Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929. 1931 folgte Leopold Sailer: Die Wiener Ratsbürger des 14. Jahrhunderts.

1977 beschloss der Wiener Gemeinderat die Einrichtung des Ludwig Boltzmann Instituts für Stadtgeschichtsforschung am Wiener Stadt- und Landesarchiv, das bis zu seiner Schließung 2011 Stadtgeschichte und vergleichende Stadtgeschichtsforschung betrieb. Ergebnisse sind der Österreichische Städteatlas und der Historische Atlas von Wien, der 2013 in einer letzten Lieferung erschien.

Vom "Czeike" zum Wien Geschichte Wiki

Unter der Direktion von Felix Czeike (1976-1989) wurde im Archiv das Historische Lexikon Wien erarbeitet, welches 1992 bis 2004 in sechs Bänden erschien. Es konnte auf Vorarbeiten von Czeike selbst, aber auch anderen Lexika, die seit dem 18. Jahrhundert angelegt wurden, aufbauen. Das "Historische Lexikon Wien" wurde nach rechtlicher Abklärung und auf Basis der Finanzierung durch das Archiv 2013 in das Wien Geschichte Wiki transformiert, dessen Weiterentwicklung seit 2014 Wiener Stadt- und Landesarchiv und Wienbibliothek im Rathaus gemeinsam betreiben.[3]

Ausstellungen, Vorträge und Internationale Tagungen

Hatte das Stadtarchiv schon in der Vergangenheit enge Beziehungen zum Ausstellungswesen in Wien gehabt, waren diese doch meist darauf beschränkt, Objekte zur Verfügung zu stellen. 1948 gestaltet Archivdirektor Rudolf Geyer anlässlich der 100. Wiederkehr des Revolutionsjahrs 1848 eine Ausstellung im Festsaal des Rathauses. 1853 folgte zum 100jährigen Jubiläum der Gründung des "Alterthums-Vereins" eine Präsentation von "Dokumenten zur Geschichte der Stadt Wien". Bereits 1952 war die Geburtsstunde der späteren "Kleinausstellungen" des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Damals richtete Dr. Geyer erstmals probeweise im Rathaus auf dem Gang vor dem Archiv eine Wechselausstellung mit interessanten Stücken sowie mit Arbeiten und Dissertationen von Benützern und Benützerinnen ein.[4] Ab 1976 wurden diese Ausstellungen von Katalogen, Broschüren von 20 bis 30 Seiten, begleitet, die gratis zur Verfügung gestellt wurden. Diese Tradition behielt man auch nach der Übersiedlung in den Gasometer D in Simmering bei und baute sie weiter aus. Neben einer Vitrinenbespielung gab es dann jährlich dreimal zehn bis zwölf Poster an den Wänden des nun extra eingerichteten Ausstellungsfoyers zu sehen, ein Katalog und eine entsprechende begleitende Vortragstätigkeit kam dazu. Im Jahr 2019 wurden die Wandposter durch Artikel im Wien Geschichte Wiki ersetzt. Die früheren Kleinausstellungen firmieren nun als "Themenschwerpunkte" im Wiki. Originale werden weiterhin begleitend in den Vitrinen gezeigt ebenso wie Vorträge angeboten.

Am neuen Standort des Archivs im Gasometer D fanden seit 2001 zahlreiche nationale und internationale Tagungen zu verschiedenen Aspekten der Stadtgeschichte statt, unter anderem zur Feier der 800. Wiederkehr der Ausstellung des ältesten im Archiv verwahrten Dokuments 2008 die internationale Tagung zu "Europäischen Städten im Mittelalter" (gemeinsam mit der Internationalen Kommission für Städtegeschichte und dem Verein für Geschichte der Stadt Wien) oder 2019 "Die Osmanen vor Wien. Der Meldeman-Plan von 1529/1530: Sensation, Propaganda und Stadtbild" (gemeinsam mit dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung, dem Verein für Geschichte der Stadt Wien und dem Wien Museum).

Stadtgeschichtliches Angebot und Aktivitäten heute

Publikationstätigkeit

  • Wien Geschichte Wiki. Kontinuierliche technische, konzeptionelle und inhaltliche Weiterentwicklung. Regelmäßige Themenschwerpunkte zur Wiener Stadtgeschichte.
  • Publikationstätigkeit in nationalen und internationalen Fachzeitschriften, vielfach in Kooperation mit dem Verein für Geschichte der Stadt Wien und über dessen Publikationsreihen

Vortragstätigkeit

  • Vorträge zur Wiener und vergleichenden Stadtgeschichte, vielfach im Zusammenwirken mit dem Verein für Geschichte der Stadt Wien

Gutachterliche Tätigkeit

  • Erstellung von Spezialgutachten und Stellungnahmen zu allen Aspekten der Stadtgeschichte für den gesamten Magistrat und die Stadtregierung im Anlassfall
  • Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen zur Errichtung von Gedenk- und Erinnerungszeichen (Denkmäler, Gedenktafeln) sowie zu Verkehrsflächenbenennungen mit historischem und topografischem Bezug
  • Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen zur Benennung von städtischen Wohnhausanlagen
  • Schriftliche und mündliche Beauskunftung der eigenen Bestände, eingeschlossen die wissenschaftliche Beratung im Lesesaal

Vertretung der Stadt in nationalen und internationalen Gremien

Weitere Aufgaben

Literatur

  • Ferdinand Opll: Geschichte des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien 1994 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C, Heft 5)
  • Herbert Tschulk: Die Entwicklung des Wiener Stadtarchivs zur wissenschaftlichen Anstalt. Von den Anfängen bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert. Wien: Dissertation 1980

Referenzen

  1. Wiener Archivgesetz
  2. Peter Csendes, Die Ausbildung der Archivare der Stadt Wien. In: Sonderbände der Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 25 (2000), 27-33
  3. Christoph Sonnlechner - Andreas Weigl: Groner - Czeike - Wien Geschichte Wiki. Ein Jahrhundert lexikalisches Arbeiten an Wiens Geschichte. In: Studien zur Wiener Geschichte (2024, im Druck).
  4. Ferdinand Opll: Geschichte des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: 1994