Allerseelenstück
Allerseelenstück, Bezeichnung für ein zu Allerheiligen (1. November) und Allerseelen (2. November) aufgeführtes weltliches Bühnenstück. Es blieb Wien vorbehalten, dem katholischen Totenkult eine stimmungsvolle Nachfeier auf der Bühne zu geben; anderwärts ist dieser Brauch nicht bekannt. Die erste Erwähnung des Brauchs fällt in das Jahr 1717, allerdings wurde damals "Don Juan oder Das steinerne Gastmahl" aufgeführt (Kärntnertortheater). 1769 wurde die Aufführung an diesen Tagen verboten, es übersiedelte jedoch ins Leopoldstädter und ins Josefstädter Theater. 1772 wurde als Ersatz eine "Macbeth"-Bearbeitung aufgeführt, doch konnte sich das Publikum mit diesem Stück nicht anfreunden. 1792-1800 wählte man ein Gruselstück ("Rudolph von Felseck Oder: Die Schwarzthaler Mühle"), doch wurde auch dieses wieder verboten. Anstoß erregte es bei den Behörden immer wieder, dass Stücke für den Allerseelentag ausgewählt wurden, die "großen Spaß" machten und einer burlesken Note nicht entbehrten. Für das alte Freihaustheater schuf Schikaneder ein eigenes Allerseelenstück, das 1792-1795 gegeben wurde ("Schwert der Gerechtigkeit"). Das Theater an der Wien war dem Allerseelenstück nicht aufgeschlossen. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, wurden nach 1820 keine Allerseelenstücke alten Stils mehr aufgeführt. 1830 kam "Der Müller und sein Kind" auf die Bühne, das jahrzehntelang seine Anziehungskraft als Allerseelenstück behielt.
Literatur
- Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Band 2. Wien: Hollinek 1949 (Österreichische Heimat, 14/15), S. 160 ff.