Artistenfakultät
Seit der Antike war das grundlegende wissenschaftliche Bildungsgut in sieben „artes liberales" (freie Künste) gegliedert, wovon drei (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) als „trivium" die untere, vier (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik) als „quadrivium" die obere Stufe bildeten. Im mittelalterlichen Wien (wie auch in anderen Städten) wurde an den Trivialschulen (Grundschulen) nur das „trivium" gelehrt; solche Trivialschulen gab es bei St. Michael, beim Schottenstift und im Bürgerspital. An der Bürgerschule zu St. Stephan wurde auch aus dem „quadrivium" unterrichtet. In der 1365 gegründet und 1384 erweiterten Universität Wien bildete (wie auch an anderen europäischen Universitäten) die Artistenfakultät, an der alle sieben „artes liberales" gelehrt wurden, den Grundstock des Studienbetriebs; ihre Absolvierung durch Graduierung zum Bakkalar (baccalaureus) und Magister galt als Voraussetzung für das Studium an den drei „höheren" Fakultäten (Jus, Medizin, Philosophie). Seit den Universitätsreformen von 1537 und 1554 trat der Name „philosophische Fakultät" an die Stelle der älteren Bezeichnung; die Lehrfächer wurden erweitert und spezialisiert. Erst mit der Universitätsreform von 1849 verlor die Artistenfakultät ihren vorbereitenden Charakter; fortan war sie als Lehr- und Forschungsstätte den anderen Fakultäten gleichwertig.
Literatur
- Joseph von Aschbach: Geschichte der Wiener Universität im ersten Jahrhunderte ihres Bestehens. Festschrift zu ihrer fünfhundertjährigen Gründungsfeier. Wien: Braumüller 1865 (Geschichte der Wiener Universität, 1)
- Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Band 2. 2 Teilbände. Wien: Holzhausen 1900-1905
- Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Band 6. Wien: Holzhausen 1918
- Alphons Lhotsky: Die Wiener Artistenfakultät 1365-1497. Wien: Böhlau 1965
- Franz Gall: Alma Mater Rudolphina 1365-1965. Die Wiener Universität und ihre Studenten. Wien: Verlag Austria Press 1965