August Philipp Pfizmaier
Pfizmaier August Philipp, *17. März 1808 Karlsbad, Böhmen (Karlovy Vary, Tschechische Republik), † 18. Mai 1887 Döbling bei Wien, Orientalist, Sohn des Besitzers des Posthofs in Karlsbad. Kam 1819 zur Kochausbildung nach Dresden, besuchte aber ab 1822 das Prämonstratensergymnasium in Pilsen und erlernte dort autodidaktisch Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Türkisch und Dänisch. Trotz dieses Talents studierte er auf Wunsch seines Vaters (nach dem Scheitern der Aufnahme in die Wiener Orientalische Akademie) an der Universität Prag Jus, dann Medizin (Dr. med. 1835). Pfizmaier wurde Kurarzt in Karlsbad, wo er sich besonders der Kurgäste aus Ägypten annahm, um Arabisch und Koptisch zu lernen. 1838 gab er die Arztpraxis auf und übersiedelte als Privatgelehrter nach Wien 1839 publizierte er „Die Verherrlichung der Stadt Bursa" (Übersetzung türkischer Lyrik). Als 1840 die Herausgabe eines „Literarischen Morgen- und Abendblatts" mangels Leseinteresses und entsprechender Mitarbeiter scheiterte, widmete er sich neuerlich dem Sprachstudium (Schwedisch, Holländisch, Chinesisch, Japanisch, Mandschurisch). 1843 habilitierte er sich an der Universität Wien für chinesische, türkische (arabische) und persische Sprache und Literatur. 1847 erregte er durch die in der Staatsdruckerei herausgegebene Faksimileausgabe samt Übersetzung des Werks „Ukiyogata rukomai byobu" (von Ryutei Tanehiko, 1821) großes Aufsehen; er nannte diesen Roman „Sechs Wandschirme in Gestalten der vergänglichen Welt" (erste Übersetzung japanischer Literatur in eine westliche Sprache). 1848 wurde die Lehrkanzel aufgelassen. Die Ernennung zu einem der zwölf Gründungsmitglider der historisch-philosophischen Klasse der Akademie der Wissenschaften (1. Februar 1848) war ehrenvoll, aber einkommenslos. Hätte sich nicht Karl Ritter von Scherzer beim Ministerium für Cultus und Unterricht für eine jährliche kleine Zuwendung eingesetzt, hätte Pfizmaier sein weiteres Leben in Armut verbringen müssen. Er lebte so zurückgezogen am Josefstädter Glacis, dass sich die Anekdote bildete, er habe vom Deutsch-Französischen Krieg erst zehn Jahre später durch eine japanische Zeitung erfahren. Neben zahlreichen Übersetzungen beziehungsweise Arbeiten über fremde Sprachen, Literatur, Mythologie, Geschichte und Naturwissenschaften schuf Pfizmaier fast 110 Übersetzungen aus dem Chinesischen und 60 aus dem Japanischen sowie Spezialuntersuchungen über Ainusprachen und Eskimosprachen. Pfizmaiers Übersetzungen aus ostasiatischen Sprachen sind an Zahl und Umfang unübertroffen und meist die einzigen in Europa.
Literatur
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
- Karl Ludwig: Der Posthof in Karlsbad. Karlsbad: Riffl 1908, S. 17 ff.
- Peter Pantzer: August Pfizmaier 1808 - 1887. Katalog zur Ausstellung anläßlich des 100. Todestages des österreichischen Sinologen und Japanologen. Österreichische Nationalbibliothek, 18. - 29. Mai 1987. Wien: Literas-Univ.-Verl. 1987
- Josef Kreiner [Hg.]: Japanforschung in Österreich. Wien: Inst. für Japanologie 1976, Register
- Gerd Kaminski / Else Unterrieder: Von Österreichern und Chinesen. Wien [u.a.]: Europa-Verl. 1980 (Berichte des Ludwig-Boltzmann-Instituts für China- und Südostasienforschung, 13), S. 102 ff.
- Julia Krejsa / Peter Pantzer: Japanisches Wien. Wien: Herold 1989, S. 101 f., S. 108 ff. und S. 113 f.