Cölestin Ganglbauer, * 20. August 1817 Thanstetten bei Steyr, Oberösterreich, † 14. Dezember 1889 Wien, Fürsterzbischof.
Biografie
Cölestin Josef Ganglbauer wurde am 20. August 1817 in Thanstetten (Oberösterreich) in eine kleinbäuerliche Familie geboren. Nach Besuch des Stiftsgymnasiums in Kremsmünster und einem Theologiestudium an der Diözesanlehranstalt in Linz legte Ganglbauer 1842 die Profeß ab und wurde 1843 zum Priester geweiht. Ab 1846 war er Gymnasialprofessor und Konviktsdirektor, 1875 wurde er Prior und 1876 Abt des Klosters Kremsmünster.
Fürsterzbischof von Wien
Nach dem Tod Johann Kutschkers wurde Ganglbauer von Franz Joseph I., der 1877 bei einer Feier in Kremsmünster auf ihn aufmerksam geworden war, am 22. März 1881 zum Fürsterzbischof von Wien ernannt (Weihe am 28. August 1881; Kardinal 1884). Eine der ersten Amtshandlungen war die Eröffnung und Segnung des Knabenseminars in Hollabrunn im Herbst 1881.
Wirken als Fürsterzbischof
Ganglbauer beteiligte sich 1883 an der politisch-religiösen Veranstaltung zum Gedenken an die damals 200 Jahre zurückliegende Belagerung Wiens durch die Osmanen 1683. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete die vom Erzbischof geleitete Pontifikalamt im Stephansdom, an dem zahlreiche geistliche und weltliche Würdenträger, so auch der Kaiser und sein Hofstaat teilnahmen. Die Feier anlässlich des 500-jährigen Bestehens der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien wurde ebenfalls unter Beteiligung Ganglbauers 20. Februar 1884 begangen.
Ganglbauer förderte die katholische Schulbildung (Gründung des Katholischen Schulvereins 1886, des Katholischen Lehrerbundes 1898, des Wiener Katechetenvereins 1899), die katholischen Hochschulverbindungen und den katholischen Schulverein, dessen Protektor er war. Er stand der christlichsozialen Bewegung positiv gegenüber. Ganglbauer stellte selbst das Wiener Diözesanrituale zusammen und ist Gründer des Wiener und Förderer des Ottakringer Kirchenbauvereins.
Bau katholischer Kirchen in Wien
Aufgrund des großen Mangels an Kirchengebäuden gründete Ganglbauer 1888 den Verein zur Gründung eines Wiener Kirchenbau-Fonds, der 1891 in den Allgemeinen Wiener Kirchenbauverein verwandelt wurde. Dieser sollte die vielen privaten Initiativen zum Bau neuer Kirchen bündeln. Als Präsident wurde in den Statuten der jeweilige Fürsterzbischof oder dessen Stellvertreter bestimmt, als Direktor der fürsterzbischöfliche Sekretär. Dieser Verein führte in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Kirchenneubauten durch, die aufgrund der Eingemeindung der bevölkerungsreichen Wiener Vororte (11. bis 19. Wiener Gemeindebezirke) als notwendig erachtet wurden.
Tod
Ganglbauer starb am 14. Dezember 1889 und wurde in der Gruft des Stephansdoms vor dem Herz-Jesu-Altar beigesetzt. Sein Grabmal mit Marmorbüste stammte von Carl Anselm Zinsler (1891).
Quellen
- Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten
- Wienbibliothek digital: Partezettel
Literatur
- Michaela Sohn-Kronthaler: Feminisierung des kirchlichen Personals? Entwicklungen und Beobachtungen am Beispiel religiöser Frauengenossenschaften in österreichischen Diözesen im langen 19. Jahrhundert. In: Feminisierung oder (Re-)Maskulinisierung der Religion im 19. und 20. Jahrhundert. Forschungsbeiträge aus Christentum, Judentum und Islam. Hg. von Michaela Sohn-Kronthaler. Wien: Böhlau 2016, S. 90
- Michaela Sohn-Kronthaler: Die Entwicklung der Österreichischen Bischofskonferenz. Von den ersten gesamtbischöflichen Beratungen 1849 bis zum Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils. In: 150 Jahre Österreichische Bischofskonferenz, 1849-1999. Hg. vom Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz, koordiniert von Walter Lukaseder und Reinhard Rechberger. Wien: Selbstverlag 1999, S. 33-45
- Erwin Gatz [Hg.]: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198 bis 1448. Ein biographisches Lexikon. Berlin: 1996, S. 231
- Johann Weißensteiner: Großstadtseelsorge in Wien. Zur Pfarrentwicklung von der josephinischen Pfarrregulierung bis in das 20. Jahrhundert. In: Seelsorge und Diakonie in Berlin. Beiträge zum Verhältnis von Kirche und Großstadt im 19. und beginnendem 20. Jahrhundert. Hg. von Kaspar Elm und Hans-Dietrich Loock. Berlin: De Gruyter 1990, S. 111
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, Register
- Neue Freie Presse, 14.12.1889
- Franz Loidl / Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Wien: Schendl Verlag 1983, S. 78 ff.
- Franz Loidl: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien: Herold 1983, S. 249-252, S. 255f., 253-263, 282f.
- Walter Sauer: Katholisches Vereinswesen in Wien. Zur Geschichte des christlich-sozial-konservativen Lagers vor 1914. Salzburg: Neugebauer 1980 (Geschichte und Sozialkunde: Unterreihe Forschungen 5), S. 41, 239, 248, 265, 298
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 31
- Franz Loidl: Cölestin Josef Kardinal Ganglbauer. Fürsterzbischof von Wien, in: Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte. Wien: 1964
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 348
- Österreichische Akademie der Wissenschaften: Almanach. Band 63. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1913, S. 382
- Maximilian Liebmann: Ganglbauer. In: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder, 1785/1803 bis 1945: Ein biographisches Lexikon. Berlin: Duncker&Humblot, S. 231-232
Cölestin Ganglbauer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.