Eugen Oberhummer
Oberhummer Eugen, * 28. März 1859 München, † 4. Mai 1944 Wien 9, Alser Straße 28, Geograph.
Biografie
Studierte ab 1877 an der Universität München Naturwissenschaft und klassische Philologie, dann an der Technischen Hochschule Geographie und Geologie (Dr. phil. 1882). Nach ausgedehnten Reisen durch zahlreiche Länder, vor allem Südeuropas und des Vorderen Orients, habilitierte er sich 1887 für alte Geschichte und historische Geographie an der Universität München und erhielt 1892 (da er sich inzwischen gänzlich der Geographie zugewandt hatte) die neuerrichtete ao. Professur für dieses Fach. 1902-1930 war Oberhummer o. Prof. der historischen und politischen Geographie an der Universität Wien. Fernreisen führten ihn in die USA (1904), nach Kanada (1910) und Mexiko (1912). Seine Bedeutung liegt im Ausbau der historischen Geographie durch die Auswertung abendländischer und orientalischer Quellen sowie in der Betonung der Religions- und politischen Geographie. Außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1898), korrespondierendes (1906) und wirkliches Mitglied (1920) der Wiener Akademie der Wissenschaften, Präsident (1908, 1921, 1927) beziehungsweise Ehrenpräsident (ab 1933) der Geographischen Gesellschaft und weitere Funktionen und Auszeichnungen; zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen; Hofrat.
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe propagierte Eugen Oberhummer als Professor für historische und politische Geografie an der Universität Wien eine deutsch-nationale Haltung. In seinen Publikationen zeigt er sich des Weiteren als Befürworter der "Politischen Geografie" (nach Friedrich Ratzel) sowie des biologistisch-expansionistisch fundierten (deutsch-imperialistischen) "Lebensraum"-Konzeptes, das in der NS-Zeit eine zentrale Bedeutung erlangen sollte. Es finden sich bei Oberhummer auch rassistische Stellen ("Völkerpsychologie und Völkerkunde", 1923) sowie – während des Ersten Weltkrieges – Agitationen gegen andere Staaten ("Der Krieg und die Wissenschaft", 1915).
Literatur
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd. (Werkverzeichnis)
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992 (* 29. 3.)
- Hermann Degener [Hg.]: Degeners Wer ist's. Berlin: Degener. 1905-1935)
- Hermann A. Ludwig Degener: Wer ist wer. Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon enthaltend Biographien nebst Bibliographien. Angaben über Herkunft, Familie, Lebenslauf, Werke, Lieblingsbeschäftigungen, Parteiangehörigkeit, Mitgliedschaft bei Gesellschaften, Adresse. Andere Mitteilungen von allgemeinem Interesse. Berlin-Grunewald: Arani-Verlag 1905-1958
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 111–113
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013