Gerda Lerner

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lerner, Gerda
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Kronstein, Gerda; Rainer, Margarete
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Univ. Prof., Dr.
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  34441
GNDGemeindsame Normdatei 118571974
Wikidata Q85102
GeburtsdatumDatum der Geburt 30. April 1920
GeburtsortOrt der Geburt Wien
SterbedatumSterbedatum 2. Jänner 2013
SterbeortSterbeort Madison
BerufBeruf Historikerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Kraus (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 19.09.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 19., Döblinger Hauptstraße 56 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (Verleihung: 2006)
  • Käthe-Leichter-Preis (Verleihung: 1995)
  • Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 1996)
  • Roy-Rosenzweig-Award der American Historical Association (Verleihung: 2002)
  • Bruce-Catton-Preis (Verleihung: 2002)

Gerda Lerner, * 30. April 1920 Wien, † 2. Jänner 2013 Madison, Historikerin, Pionierin der Frauengeschichtsforschung.

Biografie

Gerda Lerner (geborene Kronstein) entstammte der wohlhabenden jüdischen Familie Kronstein. Ihre aus Ungarn kommende Mutter Illona war Malerin, ihr Vater Robert Apotheker. Gerdas jüngere Schwester machte sich später in Israel als Künstlerin Nora Kronstein einen Namen.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich konnte Gerda Kronstein noch die Matura ablegen. Während es ihrem Vater gelang, nach Liechtenstein zu fliehen, wurden sie und ihre Mutter verhaftet. Nach wenigen Wochen entließ man Mutter und Tochter aus der Haft und beide reisten nach Liechtenstein aus. Während ihre Eltern dort blieben, zog es Gerda Kronstein alleine über Großbritannien in die Vereinigten Staaten. Hier konnte sie sich vorerst mit Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt verdienen. Neben diesen Arbeiten ließ sich Gerda Kronstein zur Röntgentechnikerin ausbilden.

1939 traf sie in New York ihren Jugendfreund Bernard Jensen. Um selbst in den USA Fuß zu fassen, ging sie mit ihm eine Zweckehe ein, die bereits 1940 wieder geschieden wurde. 1941 heiratete sie den Theaterdirektor Carl Lerner, 1943 nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Das Ehepaar übersiedelte in die Filmstadt Los Angeles. Während ihr Mann erfolgreich eine Karriere als Filmproduzent aufbaute, begann Gerda Lerner Kurzgeschichten zu schreiben. Als sie schwanger wurde, gab sie ihre Beschäftigung als Röntgenassistentin auf und arbeitete als Sekretärin bei der Gewerkschaftsbewegung. 1946 kam ihre Tochter Stephanie zur Welt, 1947 wurde der Sohn Daniel geboren.

Politisch fühlte sich Gerda Lerner der Kommunistischen Partei nahe und trat dieser 1946 bei. Sie engagierte sich bei der linken Frauenrechtsorganisation "Congress of American Women (CAW)". Wegen der antikommunistischen Strömung an der amerikanischen Westküste übersiedelte das Ehepaar Lerner mit seinen beiden Kindern von Los Angeles nach New York, wo Gerda Lerner von 1959 bis 1963 ein Bachelor-Studium an der New School of Social Research und von 1963 bis 1965 ein Masterstudium in Geschichte an der Columbia University absolvierte. 1966 promovierte sie mit einer Dissertation über die Schwestern Grimké, die in South Carolina gegen die Sklaverei gekämpft hatten und zugleich für die Rechte von Frauen und Schwarzen in den Vereinigten Staaten von Amerika eintraten.

Gerda Lerner wurde 1966 Gründungsmitglied der National Organization for Women, der heute größten feministischen Organisation in den USA. 1968 ernannte man sie zur Professorin am Department of History des Sarah Lawrence College, wo sie das landesweit erste Masterprogramm in Frauengeschichte etablierte. Seit 1980 hatte sie die Robinson-Edwards-Professur an der University of Wisconsin inne. Dort richtete sie 1990 den landesweiten ersten Promotionsstudiengang für Frauengeschichte ein.

Lerner war von 1980 bis 1981 nach Louise P. Kellog als zweite Frau Präsidentin der Organisation of American Historians. Sie hatte wesentlichen Anteil daran, dass in den USA Professuren öfters mit Frauen besetzt wurden. Nach ihrer Emeritierung 1991 hielt sie Vorlesungen an der Duke University.

Ihr Forschungsschwerpunkt war die Frauengeschichte, hier wiederum besonders die Geschichte der Afroamerikanerinnen. Ihre beiden Hauptwerke "Black Women in White America" (1972) und "The Female Experience" (1977) gelten noch heute als Standardwerke der amerikanischen Frauengeschichte. Es ging ihr darum, die Teilhabe von Frauen am patriarchalen System zu untersuchen, denn nur mit Hilfe der Frauen könne dieses System so gut und lange funktionieren, war sich Lerner sicher. Ein Anliegen Gerda Lerners war es auch, die Frauengeschichte nicht als "Orchideenfach" für Spezialistinnen, sondern als integralen Teil einer umfassenden Geschichtswissenschaft zu begreifen. Ihr Interesse für Sprache hatte ihren Ursprung in Karl Kraus' Werken, die sie mit Begeisterung gelesen und gehört hatte. 1936 nahm sie sogar an seinem Begräbnis teil. Sie betonte selbst, dass diese Leseerfahrungen ihr Schreiben beeinflusst haben und sie stark von Kraus' Sprachauffassung geprägt war. Als Pionierin der Frauengeschichtsforschung mit ihren Überlegungen zu geschlechtergerechter Sprache stellte sie sich in die Nachfolge von Karl Kraus.

Neben wissenschaftlichen Werken schrieb Gerda Lerner auch eine Reihe von Romanen, Kurzgeschichten und Drehbüchern. In ihrem Roman "Es gibt keinen Abschied", den sie 1953 im deutschsprachigen Raum unter dem Pseudonym Margarete Rainer veröffentlichte, beschreibt sie Wien zwischen 1934 und 1938.

Seit 1992 wird jährlich die beste Doktorarbeit für Frauengeschichte in den USA mit dem nach ihr und Anne Firor Scott benannten "Lerner-Scott-Preis" ausgezeichnet. 1995 bekam sie den Käthe-Leichter-Preis und ein Jahr später das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. 2002 wurde sie als erste Frau mit dem Bruce-Catton-Preis ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr den Roy-Rosenzweig-Award der American Historical Association. 2006 ehrte man sie für ihr literarisches und publizistisches Gesamtwerk mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch. Insgesamt wurden ihr 18 Ehrendoktorwürden verliehen, unter anderem von der Universität Wien und der Hebräischen Universität Jerusalem‎.

2016 wurde der Gerda-Lerner-Hof nach der Wissenschaftlerin benannt, 2017 der Gerda-Lerner-Park.

Quellen

Literatur


Gerda Lerner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks