Hausherr
Hausherr (Hausfrau), im Volksmund Bezeichnung für den Besitzer (die Besitzerin) privater Miethäuser, die seit dem Mittelalter (Hausbesitz als Bedingung für die Ausübung städtischer Ämter) in der sozialen Hierarchie hohes Ansehen genossen, allerdings (ab dem 18. Jahrhundert) in den Kleinbürger- und Arbeiterbezirken wegen ihres oftmals negativen sozialen Verhaltens (Mietzinsgestaltung, Kündigungswillkür, Substandardwohnungen) heftig umstritten waren. Sie standen insbesondere ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts (Entstehen politischer Parteien und Gewerkschaften) im Mittelpunkt des (Klassen-)kampfs, wurden aber auch in Volksliedern und Bühnenstücken karikiert und angegriffen.
Im Gemeinderat der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Hausbesitzer sowohl in der liberalen wie in der christlichsozialen Ära überproportional stark vertreten und wurden damit bestimmend für das Beharren auf den die extreme Ausnützung der Grundstücke ermöglichenden Bauordnungen. Erst der 1917 eingeführte Mieterschutz (Einfrieren der Mieten, Kündigungsschutz) führte zu einer radikalen Änderung der Situation und zu einem Prestigeverlust der Hausherren (Verlust hoher Renditen). Der Begriff fand mit Blickrichtung auf den Reichtum der Hausherren in Volkslieder (etwa „Unser Vater ist a Hausherr...", „...dem Hausherrn auf die Glatzn spucken") und Redewendungen („'s san scho' Hausherrn g'sturbn", „aa Hausherrn sterbn") Eingang.
Literatur
- Gerd Büwendt: Die Hausherren in Wien von 1888-1914. Wirtschaftliche, soziale und politische Aspekte ihrer Interessendurchsetzung, Diss. Univ. Wien, Wien 1991