Herbert von Karajan
Herbert von Karajan, * 5. April 1908 Salzburg, † 16. Juli 1989 Anif bei Salzburg (Friedhof Anif), Dirigent.
Studierte am Salzburger Mozarteum und an der Hochschule für Musik in Wien (Wohnhaft 1926/1927 7, Neubaugasse 54, 1927 1, Stubenbastei 1, 1928/1929 1, Kolowratring (Schubertring) 8, 1930 1, Mölkerbastei 12). Nach einem Engagement in Ulm (1930-1934 Opernkapellmeister) ging er nach Aachen (1934 Generalmusikdirektor); als er in dieser Eigenschaft am 21. Oktober 1938 an der Berliner Staatsoper Wagners „Tristan" dirigierte, wurde das Wort vom „Wunder Karajan" geprägt. 1941 wurde er Leiter der Berliner Staatskapelle, wirkte bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen mit und inszenierte an der Mailänder Scala.
1947 kam Karajan (nach politischen Turbulenzen und Berufsverbot, weil man ihm seine [umstrittene] NSDAP-Mitgliedschaft vorwarf) nach Wien und legte hier den Grundstein zu einer beispiellosen Karriere, als er 1949 Direktor der Gesellschaft der Musikfreunde wurde. Bald darauf ging er an die Mailänder Scala, wurde 1954 (als Nachfolger Furtwänglers) lebenslänglicher Chefdirigent der Berliner Philharmoniker (Zurücklegung Mai 1988) und war 1956-1964 künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper (die er in Unfrieden verließ) sowie der Salzburger Festspiele; 1967 begründete er die Salzburger Osterfestspiele und wurde deren Gesamtleiter, 1969 begründete er die Salzburger Karajan-Stiftung. Karajan unternahm zahlreiche Tourneen durch Europa und die USA, dirigierte als erster ein Orchesterkonzert während eines Gottesdienstes im Vatikan, kämpfte jedoch zunehmend mit gesundheitlichen Problemen.
1977 kehrte er nochmals ans Pult der Wiener Staatsoper zurück; 1987 dirigierte er das Wiener Neujahrskonzert. Karajan hatte eine geniale Begabung zur Ausdeutung fast sämtlicher Werke der Orchesterliteratur von der Klassik bis zur Moderne; mit seinem pädagogischen Können und seinen erfolgreichen Bemühungen um technische Präzision zur perfekten Wiedergabe von musikalischen Produktionen (er war an technischen Entwicklungen äußerst interessiert und stellte die Medien in den Dienst der klassischen Musik) gehörte er zu den größten Dirigentenpersönlichkeiten der Musikgeschichte.
Im Jänner 1997 wurde in Prunkräumen des ehemaligen Königswarterpalais, 1, Kärntner Ring 4, das "Herbert von Karajan Centrum" eröffnet. Seine Hauptziele sind musikalische Darbietungen im Rahmen der räumlichen Möglichkeiten, der Aufbau eines öffentlich zugänglichen Archivs über das Lebenswerk Karajans sowie die Intensivierung der Musikerziehung der Jugend.
Ehrenbürger der Stadt Wien (24. April 1978).
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe war Herbert von Karajan ab 1933 Mitglied der NSDAP. Der deutschnational und völkisch sozialisierte Karajan (1925 Konkneipant bei der schlagenden Salzburger „Alldeutschen Gymnasialverbindung Rugia“) zählte zu den wichtigsten Dirigenten des NS-Staates. Ab 1934 fungierte er als Generalmusikdirektor in Aachen und ab 1941 in Berlin. Zudem wurde er vom NS-Regime bereits vor dem Zweiten Weltkrieg auch für die Auslandspropaganda eingesetzt. Nach dem Krieg erhielt Karajan bis 1947 Dirigierverbot.
Literatur
- Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
- Richard Bamberger / Franz Maier-Bruck: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Österreichischer Bundesverlag / Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1966
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
- Hugo Riemann: Riemann Musiklexikon. Mainz: Schott 1959-1961
- Christian Brandstätter: Stadtchronik Wien. 2000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien [u.a.]: Brandstätter 1986, S. 474
- Friedrich Herzfeld: Herbert von Karajan. Berlin: Rembrandt-Verl. 1958
- Karl Löbl: Das Wunder Karajan. Bayreuth: Hestia 1965
- Ernst Haeusserman: Karajan. Gütersloh: Bertelsmann Sachbuchverl. 1968
- Gisela Prossnitz [Hg.]: Herbert von Karajan. Inszenierungen. Wien: Brandstätter 1983
- Wolfgang Stresemann: "Ein seltsamer Mann..." Erinnerungen an Herbert von Karajan. Frankfurt/M. [u.a.]: Ullstein 1991
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992, S. 75 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23)
- Franz Hadamowsky / Alexander Witeschnik: Hundert Jahre Wiener Oper am Ring [Jubiläumsausstellung]. Wien: Aktionskomitee 100 Jahr-Feier der Wiener Staatsoper 1969, S. 238 f.
- Marcel Prawy: Geschichte und Geschichten der Wiener Staatsoper. Wien [u.a.]: Molden 1969, S. 186 ff.
- Konstanze Zöchling: Strategien der Kulturberichterstattung der Wiener Tagespresse am Beispiel Herbert von Karajan. Diplomarbeit Universität Wien. Wien 1992
- Who is who in Österreich. Zug: Who is who, Verlag für Personalenzyklopädien 1988
- Heinz Schöny: Herbert von Karajan. In: Genealogie 19. Neustadt/Aisch 1989, S. 753
- Wochenpresse, 19.12.1986, S. 44 f.
- Wochenpresse, 21.07.1989, S. 36 ff.
- Standard, 17.07.1989
- Die Zeit, 01.04.1988
- Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 129
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 69–73
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013