Julius Madritsch

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Madritsch, Julius
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  359333
GNDGemeindsame Normdatei 1245326317
Wikidata Q88210
GeburtsdatumDatum der Geburt 4. August 1906
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 11. Juni 1984
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Textilkaufmann
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 21.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
BestattungsdatumDatum der Bestattung  20. Juni 1984
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 73, Reihe 14, Nummer 82

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Gerechter unter den Völkern (Verleihung: 18. Februar 1964)


Julius Madritsch,* 4. August 1906 Wien, † 11. Juni 1984 Wien, Textilkaufmann.

Biografie

Julius Madritsch wwar ausgebildeter Textilkaufmann. Über seinen persönlichen Lebensweg bis 1940 und nach 1945 konnten keine Angaben eruiert werden. 1940 wurde er zur deutschen Wehrmacht einberufen und fungierte im besetzten Polen (im sogenannten Generalgouvernement) als Verwalter zweier Textilfabriken in der Nähe des Krakauer Ghettos, die ihren früheren jüdischen Besitzern enteignet worden waren.

1941 erhielt Madritsch die Erlaubnis, im Ghetto selbst eine weitere Fabrik einzurichten. Gemeinsam mit dem Fabrikleiter Raimund Titsch und in Zusammenarbeit mit dem Judenrat des Ghettos bemühte er sich, so viele jüdische Arbeitskräfte wie möglich anzustellen. Nur etwa 40 Prozent der rund 800 Arbeiter waren gelernte Kräfte; bis zu drei Personen arbeiteten an der selben Maschine.

Titsch und Madritsch kümmerten sich um menschliche Arbeitsbedingungen und zusätzliche Nahrungsmittel für die Zwangsarbeiter. Sie richteten sogar eine koschere Küche in der Fabrik ein. Durch die Herstellung von Nähmaterial für andere Werkstätten konnte tausenden weiteren Juden geholfen werden.Im Ghetto Tarnow eröffnete der Textilfachmann eine Filiale, in der abermals 800 Personen beschäftigt (und somit versorgt) werden konnten. Der Lieferwagen der Fabrik wurde mit Wissen von Madritsch und Titsch auch dazu genutzt, um Essen in das Ghetto zu schmuggeln. Gemeinsam mit dem für die Bewachung zuständigen Wiener Polizisten Oswald Bosko verhalfen sie wiederholt Juden zur Flucht. Bosko wurde deshalb 1944 verhaftet und hingerichtet.

Als Madritsch 1942 von der geplanten Deportation aller Kinder aus dem Krakauer Ghetto erfuhr, schmuggelte er Kinder in seine Fabriken, von wo aus sie bei polnischen Familien versteckt werden konnten. Anderen jüdischen Familien ermöglichte er die Flucht über die Slowakei nach Ungarn. Auf die selbe Art und Weise konnten Jüdinnen und Juden nach Auflassung und Räumung des Gettos Krakau im März 1943 gerettet werden.

Die nach der Auflösung des Ghettos im Konzentrationslager Plaszow internierten jüdischen Arbeiter Madritschs konnten vorerst auf dessen Ansuchen noch zu Fuß in die Tarnower Fabrik kommen. Als dies verboten wurde, verlegte er die Fabrik auf das Lagergelände und verteilte zusätzliche Nahrungsmittel als angeblichen "Bonus für gute Leistungen" im Geheimen auch an andere Lagerinsassen.

Im September 1944 wurde das Lager Plaszow aufgelöst. Um die Arbeiter vor der Deportion in Vernichtungslager zu retten, beantragte Madritsch vergeblich die Einstufung der Fabriken als "kriegswichtige Produktionsstätten" und deren Verlegung in ein anderes Gebiet. Ihm und Tritsch gelang es aber, ungefähr hundert ihrer Arbeiter in der Munitionsfabrik von Oskar Schindler unterzubringen und vor der Ermordung zu retten. Madritsch wurde im November 1944 in Krakau verhaftet und nach Berlin überstellt, weil sein Name auf einer Liste einer polnischen Widerstandsbewegung stand. Aufgrund der Intervention von Freunden wurde er aber nach zwölf Tagen Einzelhaft entlassen.

Nach Ende der NS-Herrschaft schrieb Julius Madritsch seine Erinnerungen unter dem Titel "Menschen in Not!" auf. Yad Vashem verlieh ihm und Titsch im Februar 1964 die Auszeichnung "Gerechter unter den Völkern". Im Jänner 2022 strahlte der ORF im Rahmen der Reihe "Menschen und Mächte" eine Dokumentation über "Die drei Gerechten" (Madritsch, Titsch, Bouska) aus.

Quellen

Literatur

  • Denise Blümel: Gerechte unter den Völkern. Judenretter in Österreich zur Zeit des Nationalsozialismus. Diplomarbeit, Univ. Graz 2019, S. 83-92
  • Erika Weinzierl: Zu wenig Gerechte. Österreicher und Judenverfolgung 1938 – 1945. 4., erw. Aufl. Graz/Wien/Köln: Styria 1997, S. 218-223
  • Daniel Fraenkel/Jakob Borut (Hg.): Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Göttingen: Wallstein Verlag 2005, S. 334-336
  • ORF: Im Schatten von “Schindlers Liste”, 19.01.2022 [Stand: 12.05.2022]

Weblinks