Maikäfer
Maikäfer sind eine Gattung von Käfern in der Familie der Blatthornkäfer. Die Adultform lebt vier bis sieben Wochen und fliegt - dem Namen entsprechend - hauptsächlich im Mai und Juni. Vor dem Einsatz von Chemikalien wurden Maikäfer durch Einsammeln bekämpft, aber auch verwertet und gegessen.
Verzehr: Suppe und Dessert
Insekten wurden bereits in der Antike gegessen, verloren aber an Bedeutung in der europäischen Küche. Auch in Nordamerika spielen sie als Nahrungsmittel keine Rolle, während Insekten, Würmer und Spinnen in weiten Teilen der Welt zu den Grundnahrungsmitteln zählen. Eine Ausnahme bildeten die Maikäfer, die auch in Europa bis ins 20. Jahrhundert gegessen wurden.
1844 veröffentlichte ein Dr. Schneider im "Magazin für die Staatsarzneikunde" den Artikel "Maikäfersuppen, ein vortreffliches und kräftiges Nahrungsmittel". Für eine Portion Maikäfersuppe braucht man demnach 30 Käfer. Sie werden gewaschen, in einem Mörser zerstoßen, in heißer Butter geröstet und in Fleischbrühe gekocht, abgeseiht und mit "Semmelabschnitten" angerichtet. Eine schlechte Bouillon könne durch die Zugabe von Maikäfern verbessert werden. Eventuelle Vorbehalte versuchte er zu entkräften: "[…] ich sehe gar nicht ein, warum man die Maikäfer bisher so verachtet hat und noch verachtet. Sehen sie ekelhafter aus als die Schildkröten, aus welchen die so berühmten und theuren Kraftsuppen bereitet werden? Alle Gäste, welche bei mir, ohne es zu wissen und ohne es zu erfahren, Maikäfersuppen genossen haben, verlangten doppelte, ja dreifache Portionen!"
Angesichts ständig wiederkehrender Maikäferplagen wurde dieses Rezept immer wieder, manchmal leicht variiert, auch von österreichischen Zeitungen abgedruckt. Manche Zuckerbäcker boten auch kandierte Maikäfer an. Die süßen Käfer waren vor allem im Biedermeier als Dessert beliebt.
Der englische Gutsherr Vincent W. Holt sah in Insekten auf dem Speiseplan einen möglichen Lösungsansatz, um Ernteausfälle durch Insekten und Hunger in den ärmeren Bevölkerungsschichten gleichermaßen zu bekämpfen. 1885 veröffentlichte er den Aufsatz "Why Not Eat Insects?"
Obwohl Insekten und Würmer ernährungsphysiologisch ebenso wertvoll wie das Fleisch von Warmblütlern sind, konnten sie sich lange nicht als Nahrungsmittel in Europa durchsetzen. In jüngster Vergangenheit gewannen sie jedoch aufgrund einer stetig steigenden Weltbevölkerung, knapper werdender Ressourcen und zunehmendem ökologischen Bewusstsein wieder an Bedeutung.
Bekämpfung und Verwertung
Sowohl die fliegende Adultform als auch die Larven des Maikäfers werden in der Landwirtschaft als Schädling angesehen. Aufgrund des zwei- bis dreijährigen Entwicklungszyklus des Maikäfers kommt es immer wieder zu so genannten "Maikäferjahren", in denen der Maikäferflug von einer besonders hohen Anzahl an Käfern geprägt ist. Seit den 1980er und 1990er Jahren steigen die Maikäferzahlen wieder, nachdem der Einsatz von Agrochemikalien wie DDT seit den 1950er Jahren zu einem starken Rückgang geführt hatte.
Vor dem Einsatz von Chemikalien war das Einsammeln von Maikäfern die einzige Möglichkeit der Schädlingsbekämpfung. Eine Milliarde Tiere wurde beispielsweise in Wien noch im Jahr 1951 gesammelt, von der städtischen Tierkörperverwertungsanstalt zu Maikäfermehl verarbeitet und als eiweißhaltiges Tierfutter für Nutztiere (Hühner, Schweine) weiterverkauft oder als Dünger verwendet. Maikäferfett wurde als Schmiermittel und bis in den Zweiten Weltkrieg als Lampenöl verwendet.
Literatur
- Christoph Wagner / Vincent M. Holt: Die kleinen Delikatessen. Warum nicht Insekten essen? Wiener Neustadt: Edition Esspapier 2018
- Georg Ruppelt: Von Adlerknödeln und Maikäfersuppe. Allerlei kurionse Rezepte und Geschichten aus alter Küchenliteratur. Braunschweig: Michael Kuhle 1994
- Friedrich Julius Siebenhaar / Rudolph Julius Albert Martini [Hrsg.]: Magazin für die Staatsarzneikunde. Dritter Band. Leipzig: Wilhelm Nauck 1844, S. 404 f.]
- ANNO: Maikäferöl für Petroleumlampen. In: Illustrierte Kronenzeitung, 14.08.1942, S. 5
- ANNO: Wozu die Maikäfer gut sind. In: Welt Blatt, 17.05.1882, S. 5