Die Opferfürsorge sieht auf Grundlage des 1947 verabschiedeten Gesetzes (Opferfürsorgegesetz, Bundesgesetzblatt 183/1947) die Entschädigung österreichischer Opfer im Kampf um ein freies, demokratisches Österreich und österreichischer Opfer der politischen Verfolgung aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, körperlichen oder geistigen Behinderung, sexuellen Orientierung oder der sogenannten Asozialiät im Ständestaat und unter dem NS-Regime vor. Zu den Maßnahmen zählen eine einmalige Entschädigungszahlung und eine Opferrente für das erlittene Leid und daraus resultierende lebenslange gesundheitliche Beeinträchtigungen, andere Begünstigungen sowie eine Rentenleistung für Hinterbliebene der Opfer.
Sowohl das Opferfürsorgegesetz selbst als auch dessen Vollzug unterlagen im Laufe der Jahrzehnte mehreren Veränderungen. Das Gesetz sah zunächst nur Opfer "des Kampfes um ein freies und demokratisches Österreich" und Opfer "aus politischen Gründen oder aus Gründen der Abstammung, Religion oder Nationalität" vor. Erst später kamen die heute gültigen Erweiterungen "auf Grund einer Behinderung, sexuellen Orientierung oder der sogenannten Asozialiät" hinzu und bezogen damit endlich weitere Opfergruppen mit ein.
Die in den ersten Jahrzehnten sehr rigorose Handhabung des Gesetzes brachte zahlreiche Antragsteller um die ihnen zustehende Entschädigung. Denn viele der österreichischen Opfer lebten durch Flucht, Vertreibung oder Auswanderung nun in anderen Ländern. Es war daher für sie mit erheblichen Mühen verbunden, die nötigen Informationen zu erlangen und auf langen Postwegen alle amtlichen Fristen einzuhalten oder die geforderten Belege und Zeugnisse vorzulegen. Dies führte zu zahlreichen negativen Bescheiden wegen Fristversäumnis oder unzureichender Belegung der Flucht oder des Lebens im Verborgenen. Auch gab es zunächst die Hürde, dass nur österreichische Staatsbürger vollständig anspruchsberechtigt waren. Viele hatten jedoch nach ihrer Flucht oder Vertreibung die Staatsbürgerschaft ihres neuen Heimatlandes angenommen. Ihnen standen nur einmalige Entschädigungszahlungen unter bestimmten Voraussetzungen zu. Mehrere Novellierungen des Opferfürsorgegesetzes verbesserten die Situation, die Benachteiligung durch eine nach 1945 nicht neuerlich erworbene österreichischen Staatsbürgerschaft wurden jedoch erst im Jahr 2001 beseitigt.
Diese Gesetzesänderung ermöglichte einen neuerlichen und nun erfolgreichen Antrag auf Entschädigung. Mehr als 80.000 Personen stellten allein in Wien Anträge als Opfer der NS-Zeit nach dem Opferfürsorgegesetz. Mehr als 60 Prozent dieser Anträge wurden komplett im Sinne der Antragstellerinnen und Antragsteller positiv erledigt. Als Schädigungsgrund wurde in einem Großteil der Fälle Freiheitsberaubung angegeben, Gesundheitsschäden bildeten etwa ein Viertel der Antragsgründe. Obwohl die Ursache für gesundheitliche Schäden nur schwer nachweisbar ist, wurde diesen Anträgen in den meisten Fällen stattgegeben.
Quellen
Literatur
- Brigitte Bailer: Wiedergutmachung kein Thema. Österreich und die Opfer des Nationalsozialismus. Wien: Löcker 1993
- Karin Berger, Nikolaus Dimmel, David Forster, Claudia Spring und Heinrich Berger: Vollzugspraxis des "Opferfürsorgegesetzes". Analyse der praktischen Vollziehung des einschlägigen Sozialrechts (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission 29/2, Wien-München 2004).