Oskar Pilzer
Oskar Pilzer, * 22. November 1882 Czaniec, Galizien (heute Polen), † 7. Juni 1939 Paris, Filmproduzent, Jurist.
Biographie
Oskar Pilzer wurde als Sohn des Kaufmanns Samuel Pilzer und seiner Frau Regina Robinson geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Bielitz (heute Bielsko-Biała, Polen) übersiedelte er nach Wien und studierte Rechtswissenschaften. Im März 1906 schloss er dieses Studium erfolgreich ab. Oskar Pilzer, der auf Industrie- und Finanzwesen spezialisiert war, arbeitete in Wien als selbständiger Rechtsanwalt und Konsulent und in leitenden Funktionen bei der Internationalen Handelsbank. 1921 heiratete Pilzer die Wienerin Hilda Kamarad.
1932 übernahmen die Pilzer-Brüder Oskar, Kurt, Severin und Viktor die Sascha-Film, die durch die Ablösung des Stummfilms durch den Tonfilm in eine finanzielle Krise gestürzt worden war. Die Sascha-Filmindustrie AG erwarb Ende 1932 den Studiokomplex am Rosenhügel in Hietzing als Produktionsstätte. Im Frühjahr 1933 konnte man die Tobis-Tonbild-Syndikat AG als Investor gewinnen, und das Unternehmen wurde in Tobis-Sascha-Filmindustrie AG umbenannt. Ab 1933 nahm der Druck auf die österreichische Filmindustrie zu, Jüdinnen und Juden – wie in Deutschland – aus der Filmproduktion auszuschließen. Ende November 1936 trat Oskar Pilzer als Präsident des Produzentenverbandes zurück, da sich das NS-Regime weigerte, die im Deutschen Reich erwirtschafteten Gelder der Tobis-Sascha-Filmindustrie AG freizugeben, solange der "Nichtarier" Oskar Pilzer dem Vorstand angehörte. Im Jänner 1937 wurden auch Pilzers Geschäftsanteile an der "Sascha-Filmindustrie AG" von der Creditanstalt übernommen, und alle Juden, so auch Pilzer, schieden aus dem Verwaltungsrat aus.
1935 trat der seit 1928 in Wien lebende Albert Göring in das Unternehmen ein. Göring war der Bruder des späteren Reichsmarschalls Hermann Göring, aber ein Gegner der Nationalsozialisten. Oskar Pilzer wurde bereits zwei Tage nach dem "Anschluss" im März 1938 verhaftet. Durch seine Bekanntschaft mit Albert Göring kam er wenige Tage später wieder in Freiheit und konnte nach Rom flüchten. Von hier reiste er weiter nach Paris, wo er seine Frau und seine Söhne Georg und Herbert wieder traf, die über Zürich (Schweiz) geflüchtet waren.
Am 7. Juni 1939 starb Oskar Pilzer in Paris an den Folgen einer unsachgemäß durchgeführten Operation. Seine Witwe und seine Söhne konnten im Mai 1940 nach Casablanca (Marokko) und von dort im August 1941 nach New York (USA) emigrieren.
1942 wurde Pilzer von der Universität Wien posthum der akademische Grad Dr. iur. aberkannt, da er "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" gewesen sei. Erst 1955 wurde ihm der Doktorgrad wieder zuerkannt und die Aberkennung für nichtig erklärt.
Im November 2013 wurde an der Halle 1 der Filmstadt Wien am Rosenhügel eine Gedenktafel zu Ehren Pilzers angebracht, der ORF produzierte eine Dokumentation mit dem Titel "Oskar Pilzer – Die bewegte Geschichte der Wiener Filmateliers". Im November 2014 wurde der Oskar-Pilzer-Platz in Hietzing nach dem Filmproduzenten benannt.
Literatur
- Armin Loacker: Oskar Pilzer und die österreichische Filmwirtschaft der dreißiger Jahre. In: Eleonore Lappin [Hg.]: Juden und Film. Jews and Film. Vienna, Prague, Hollywood. Wien: Mandelbaum 2004
- Armin Loacker: Anschluß im 3/4-Takt. Filmproduktion und Filmpolitik in Österreich 1930 – 1938. Trier : WVT 1999 (Filmgeschichte international, 5)
- Offenbar erlittenes Unrecht. Der Wiener Film-Mogul Oskar Pilzer (Tobis-Sascha) verlor durch das NS-Regime alles - seine Erben kämpfen um Restitution. In: Der Standard, 14.04.2006, S. 2. URL: http://derstandard.at/2413882/Offenbar-erlittenes-Unrecht [Stand 20.03.2015]
- Ein eigener Platz für Oskar Pilzer. Der legendäre Filmproduzent, der 1938 flüchtete, wird von der Stadt Wien gewürdigt. In: Kurier, 03.03.2014. URL: http://kurier.at/kultur/film/ein-eigener-platz-fuer-oskar-pilzer/53.978.119 [Stand 20.03.2015]
- ORF III: Oskar Pilzer - Die bewegte Geschichte der Wiener Filmateliers. URL: http://tv.orf.at/m/orf3//stories/2613311/ [Stand 30.04.2015]
- Rathauskorrespondenz, 02.06.2014, 04.11.2014
- Gerhard Spörl: Görings Liste. In: Der Spiegel 10 (2013), S. 150-153. URL: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-91346615.html [Stand 20.03.2015]
- Rudolf Ulrich: Österreicher in Hollywood. Neuauflage. Wien: Verlag Filmarchiv Austria 2004, S.606
- James Wyllie: Albert Göring - Gegen Hitler, meinen Bruder und alle Nazis. Essen: Magnus 2006
- William Hastings Burke: Hermanns Bruder – Wer war Albert Göring? Berlin: Aufbau-Verlag 2012
- Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 92014, S. 222