Rudolf Spielmann
Rudolf Spielmann * 5. Mai 1883 Wien, † 20. August 1942 Stockholm (Schweden), Kaufmann; Profischachspieler.
Biografie
Rudolf Spielmann wurde als drittes von insgesamt sieben Kindern des Ehepaares Moriz und Cäcilie Spielmann geboren. Der Vater war in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts nach Wien zugewandert und hier im Pressewesen tätig. Spielmanns Eltern waren sehr um den gesellschaftlichen Aufstieg ihrer Kinder bemüht und förderten sie entsprechend. So beeindruckte Rudolf Spielmanns Bruder Leopold als musikalisches “Wunderkind“ sogar Kaiser Franz Joseph.
Der Vater brachte seinen beiden Söhnen bereits im Vorschulalter das Schachspiel bei. Sein Talent konnte Rudolf Spielmann früh in der klassischen Wiener “Schachschule“, dem Kaffeehaus, perfektionieren. Nach dem Willen seiner Eltern sollte Rudolf entweder eine Ausbildung zum Kaufmann oder ein Mathematikstudium absolvieren. Obwohl er wusste, dass er Profischachspieler werden wollte, entschied er sich zunächst für den Kaufmannsberuf. Seit 1903 konnte er mit dem Schachspiel seinen Lebensunterhalt bestreiten. Er übersiedelte nach München, wo seine beiden Schwestern lebten. Nachdem er im 1. Weltkrieg an der Italienischen Front gekämpft hatte, kehrte er nach Wien zurück, wo er seine Karriere erfolgreich fortsetzen konnte: Obwohl er auch das Positionsspiel beherrschte, war er in erster Linie ein starker Angriffsspieler, der jedoch aufgrund seiner Angriffslust ungleichmäßige Turnierresultate erzielte. Er nahm an mehr als 100 Turnieren teil und bestritt 50 Wettkämpfe. Seine größten Erfolge waren die Siege bei den Turnieren 1912 in Abbazia (Opatija) – wo ihm der Ehrentitel des “letzten Ritters des Königsgambits“ durch Savielly Tartakower verliehen wurde –, 1914 in Baden und v. a. 1926 am Semmering, wo er u. a. die Großmeister Alexander Aljechin, Milan Vidmar, Aaron Nimzowitsch und Akiba Rubinstein schlagen konnte. 1927 gewann er die Deutsche Meisterschaft in Magdeburg. In seiner Glanzzeit in der zweiten Hälfte der 20er Jahre gehörte Spielmann zu den stärksten Spielern der Welt, in den 1930er Jahren ließ seine Spielstärke allmählich nach. 1935 erschien sein bekanntestes Buch “Richtig opfern!“, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
Nach 1934 hielt sich Spielmann seltener in Österreich, sondern mehr in Holland auf. Nach dem “Anschluss“ schlug sich Rudolf Spielmann, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft vom NS-Regime verfolgt wurde, zu seinem Bruder nach Prag durch. Mithilfe seines Förderers Ludvig Collijn floh er nach Stockholm. Hier gab er Simultanvorstellungen und war auch auf schachjournalistischem Gebiet tätig. Die letzten Monate seines Lebens arbeitete er an einem Memoirenwerk, das unvollendet blieb und bis heute verschollen ist. Spielmannplatz
Werke
- Rudolf Spielmann: "Richtig opfern". Leipzig: Ronniger, 1935
Literatur
- Michael Ehn (Hg.): Rudolf Spielmann. Portrait des Schachmeisters in Texten und Partien. Koblenz : H. W. Fink 1996
- Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 279