Sie wurden ab dem Ende des 18. Jahrhunderts ein in der Wiener Wirtschaft dominierender Produktionszweig, der dank hochqualifizierter Arbeitskräfte und niedriger Löhne, günstiger Verkehrsanbindungen und erfüllter technischer Voraussetzungen derart florierte, dass man die Vorstädte Neubau und Schottenfeld, die sich rasch zu einem Zentrum der Seidenverarbeitung entwickelt hatten, nur mehr als "Brillantengrund" bezeichnete; auch im Volkslied wurde ein Vater, der "Hausherr und Seidenfabrikant" war, zum Synonym für besondere Wohlhabenheit. Um die Jahrhundertwende waren rund 20% der Wiener Beschäftigten in der Seidenverarbeitung tätig; 1813, am Höhepunkt der Entwicklung, gab es rund 600 Fabrikanten und 235 Meister. Die Napoleonischen Kriege und der Boykott englischer Waren ("Kontinentalsperre") trugen wesentlich dazu bei, dass die Wiener Manufakturen eine besondere Blütezeit erlebten. Der stark expandierende Wirtschaftszweig war finanziell in der Lage, sich alle technischen Erfindungen nutzbar zu machen. Bis in die 30er Jahre hielt der Aufschwung an, dann setzte (verursacht durch die Dampfmaschine und den Umstand, dass Wien als Produktionsstandort zu teuer wurde) eine Abwanderung der Seidenindustrie aus Wien ein. Vergleiche unter anderem Christian Georg Hornbostel.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Innungen und Handelsgremien: Seidenzeugmacher
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Innungen und Handelsgremien: Seiden- und Samtbandfabrikanten
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Innungen und Handelsgremien, U: Urkunden: Gesamtserie aller Innungen (enthält Urkunden der Innungen der Seidenzeugmacher sowie der Seiden- und Samtbandfabrikanten)
Literatur
- Günter Chaloupek / Peter Eigner / Michael Wagner [Hg.]: Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740-1938. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1991, Register
- Christian Brandstätter: Stadtchronik Wien. 2000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien [u.a.]: Brandstätter 1986, S. 213
- Margarete Bucek: Geschichte der Seidenfabrikanten Wiens im 18. Jahrhundert (1710-1792). Eine wirtschaftskulturhistorische als auch soziologische Untersuchung. Diss. Univ. Wien. Wien 1968
- Ingrid Mittenzwei: Vom Handwerker zum Unternehmer. Wiener Seidenfabrikanten im frühen 19. Jahrhundert. In: Bürger zwischen Tradition und Modernität. Hg. von Robert Hoffmann. Wien [u.a.]: Böhlau 1997, S. 185-201
- Franz Maurer: Wiens erste Maulbeerbaumschule und Fabrik leonischer Waren in Margareten. In: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 42 (1909) S. 87-95