Speicherbecken Simmering
48° 10' 38.49" N, 16° 25' 59.39" E zur Karte im Wien Kulturgut
Speicherbecken Simmering als Überflutungsschutz
Große Teile des 11. Bezirks sind aufgrund der Geländeverhältnisse und tiefliegenden Flächen besonders von Starkregenereignissen betroffen. Im Verbund mit dem Speicherbecken Simmering schützen die beiden Kanäle "Unter der Kirche" und "Florian-Hedorfer-Straße" den 11. Bezirk bei Extremregen vor Überschwemmungen. Die beiden Transportkanäle, die das Speicherbecken dotieren, verfügen mit einem Durchmesser von zwei Meter und einer Länge von 1,9 Kilometer über ein Fassungsvermögen von sechs Millionen Liter Regenwasser. Die Kanäle verlaufen dabei quer durch Simmering. Die eigentlichen Kanalbauarbeiten wurden unterirdisch - also möglichst aufgrabungsfrei - hergestellt.
Das Speicherbecken Simmering ist ein Bauwerk unter dem Sportplatz des SC Mautner Markhof in der Haidestraße 10. An dem topografischen Tiefpunkt des Bezirkes wurde ein 90 Meter langes, 45 Meter breites und 7 Meter tiefes Becken untergebracht. Unmittelbar unter dem Hauptspielfeld werden bei Regenwetter bis zu 28,5 Millionen Liter Wasser zwischengespeichert. Um das Becken nach einem Regenereignis wieder vorzuhalten, sorgen leistungsstarke Pumpen für eine rasche Entleerung über das Kanalsystem in Richtung ebswien hauptkläranlage. Im Zuge der Kanalbaumaßnahmen wurde auch der in die Jahre gekommene Sportplatz des SC Mautner Markhof saniert. Das Hauptspielfeld erhielt einen neuen Kunstrasen, das kleinere Spielfeld einen Naturrasen. Beide Spielfelder wurden mit einer modernen Flutlichtanlage ausgestattet. Für das Speicherbecken wurden rund 1.200 Tonnen Stahl mit 15.000 Kubikmeter Beton verbaut und 63.000 Kubikmeter Bodenmaterial bewegt. Die Bauarbeiten dauerten von Oktober 2013 bis Juni 2016, die Gesamtkosten für Kanäle und Speicher betrugen rund 30 Millionen Euro.
Baumethode
Die beiden Röhren "Unter der Kirche" und "Florian-Hedorfer-Straße" wurden in zwölfmonatiger Bohrzeit in drei Etappen in geschlossener Bauweise hergestellt. Zum Einsatz kam eine 415 PS-starke Hydroschildmaschine mit Druckluftstützung, 780 Kilonewtonmeter Drehmoment und einem Gewicht von 36 Tonnen. Der am Bohrkopf zermalmte Boden wird dabei mit Bentonit - eine Mischung aus verschiedenen Tonmineralien - verflüssigt, in Druckrohrleitungen an die Oberfläche gepumpt und dort in speziellen Separieranlagen wieder in Flüssig- und Feststoffe getrennt. Der flüssige Anteil wird wieder in den Abbaukreislauf eingebracht. Die Suspension übernimmt dabei nicht nur die Transportfunktion, sondern mit einem Druckluftpolster auch die Stützfunktion an der Ortsbrust, der vordersten Abbaustelle im Tunnel.
Gleichzeitig mit dem Abbau des Erdmaterials wurden mittels Pressen und einem Druck von 500 bar jeweils vier Meter lange und 18 Tonnen schweren Kanalrohre aus Stahlbeton in den Untergrund geschoben. In Summe wurden im Zuge der Bauarbeiten rund 500 dieser Rohre mit einem Gewicht von über 8.500 Tonnen verbaut.
Maßnahmen im Liesingtal
Insgesamt 20 Quadratkilometer und drei Bezirke wurden dem Berechnungsmodell zum Überflutungsschutz für Simmering zugrunde gelegt. Das Liesingtal spielt dabei eine bedeutende Rolle, da von dort bei Niederschlägen große Mengen an Mischwasser zur Hauptkläranlage nach Simmering fließen. Eine Retentionsmaßnahme an der "Quelle" bot sich mit der Nutzung der ehemaligen Kläranlage Blumental im 23. Bezirk. Als Speicherbecken verfügen die beiden Rundbecken der ehemaligen Kläranlage über ein Fassungsvermögen von acht Millionen Liter, die der ehemaligen Nachklärbecken über zwölf Millionen Liter. Insgesamt zusätzliche 20 Millionen Liter Speichervolumen stehen damit seit 2012 zur Retention zur Verfügung und können im Regenwetterfall mit 3.000 Liter pro Sekunde befüllt werden. Dadurch wird das Kanalnetz in Simmering im Fall von Starkregenereignissen erheblich entlastet und der Schutz gegen Überflutungen erhöht.
Die Verbindung zwischen dem Speicherbecken Blumental und dem Simmeringer Kanalnetz stellen der Liesingtal Sammelkanal und der Liesingtal-Sammelkanal-Entlaster dar. Der Liesingtal-Sammelkanal-Entlastungskanal schließt im Bereich der Klederinger Brücke an den bestehenden Liesingtal-Sammelkanal an und führt parallel liegend stromaufwärts bis zur ehemaligen Kläranlage Blumental. Der Stauraumkanal ist 5,3 Kilometer lang und auf die gesamte Länge mit einem Durchmesser von 2,4 Meter ausgestattet. Über Trennbauwerke sind die im Einzugsgebiet liegenden Regenwasserkanäle des 10. und 11. Bezirkes an den Liesingtal-Entlaster angeschlossen. Bei einem Regenereignis kann der Liesingtal-Sammelkanal-Entlaster mit Hilfe von zehn Regulierbauwerken in eine kaskadenförmige Stauraumkette unterteilt und damit eine Stauraumkapazität von ca. 17 Millionen Liter aktiviert werden. Bei einem herkömmlichen Regenereignis wird die Stauraumkette in erster Linie genutzt, um den aus den Regenwasserkanälen kommenden Spülstoß aufzufangen und nach dem Niederschlagsereignis einer Reinigung durch die ebswien hauptkläranlage zuzuführen. Bei Extremereignissen wird der Kanal jedoch abschnittsweise verschlossen und als kaskadenförmiger Speicher genutzt. Der Liesingtal-Sammelkanal-Entlaster steht dann mit seiner gesamten Stauraumkapazität zur Rückhaltung der aus dem Bereich Blumental ankommenden Mischwässer zur Verfügung. Die Steuerung ist so ausgelegt, dass der Zulauf aus den umliegenden Gebieten nach Simmering für zirka zwei Stunden zurückgehalten werden kann.
Ausbau Pumpwerk Kaiserebersdorf
2011 und 2012 wurde das Schmutzwasserpumpwerk Kaiserebersdorf mit einem zusätzlichen Schneckenpumpe ausgerüstet. Die Förderleistung wurde um 1.300 Liter auf bis zu 6.700 Liter Abwasser pro Sekunde erhöht. Die Förderleistung und Entlastungsmöglichkeit über das Regenwasser-Hebewerk wurde um 4.000 Liter auf 16.000 Liter pro Sekunde erhöht. Im Anlassfall kann diese Wassermenge in den Donaukanal abgeschlagen werden, sogar wenn dieser selbst Hochwasser führt.