Überblick
Der Stadtplan von Daniel Suttinger von 1684 zeigt die Stadt Wien im Zustand unmittelbar vor der Zweiten Türkenbelagerung. Die originale Federzeichnung wurde 1939 von der Stadt Wien an Adolf Hitler verschenkt, gilt seither als verschollen und ist nur in Form einer farblithographischen Reproduktion von 1919 bekannt.
Entstehungsgeschichte
Nach der Ersten Türkenbelagerung von 1529 war die Wiener Stadtbefestigung in mehreren Phasen mit enormem Aufwand zu einer modernen Festung nach italienischer Manier mit Bastionen ("Basteien") und später auch Ravelins ("Schanzen", Vorwerke) grundlegend umgestaltet worden. Als man Anfang der 1670er Jahre zur Fertigstellung gelangte, bestand wohl der Wunsch nach einer Dokumentation des Endzustandes. Der Sachse Daniel Suttinger wurde 1671/72 beauftragt, ein Holzmodell der Stadt anzufertigen. Vermutlich, um ein – wenn auch äußerst geringes – Grundeinkommen während dieser Arbeit zu haben, trat er der Wiener Stadtguardia (dem kaiserlichen Garnisonsregiment für Wien) bei, später erhielt er die Stelle eines Feuerwerkers. Nach der Ablieferung des Holzmodells 1680 war Suttinger auch weiterhin mit Vermessungsarbeiten in Wien befasst, ab 1681 als kaiserlicher (Militär-)Ingenieur. In dieser Eigenschaft war er auch während der Zweiten Türkenbelagerung 1683 in der Stadt anwesend und hielt die Situation an der entscheidenden und meistumkämpften Stelle, zwischen Kärntner Bastei und Mölker Bastei, ebenso planlich fest wie die Entsatzschlacht. Noch 1683 zum kaiserlichen Hauptmann und Ingenieur ernannt, ging er 1686 zurück nach Dresden, wo er 1688 noch Oberhauptmann bei der Artillerie wurde und vermutlich Anfang 1690 starb.
Suttingers in achtjähriger Arbeit entstandenes Stadtmodell ist leider nicht erhalten geblieben, lediglich sein mit 11. Dezember 1684 datierter Grundrissplan ist uns heute bekannt. Das Original des Plans – eine kolorierte Federzeichnung auf Papier, vermutlich das Konzept zu einer nicht erhaltenen oder nicht mehr erstellten Reinzeichnung – befand sich im Stift Heiligenkreuz. 1939 musste ihn das Stift an die Stadt Wien verkaufen, die ihn Adolf Hitler anlässlich seines 50. Geburtstags zum Geschenk machte. Seitdem gilt der Plan als verschollen. Er wird hier daher nach einer lithographischen Reproduktion durch Albert Camesina wiedergegeben.
Inhalt
Der Plan zeigte die Befestigungsanlagen in Vogelperspektive, das Stadtinnere aber als Grundriss, wohl im Zustand um 1683. Alle Häuser sind mit ihren Innenhöfen oder Gärten sowie fast durchgängig mit den Namen der Besitzer eingezeichnet, die mit den Eintragungen in den städtischen Steueranschlagsbüchern für das Jahr 1684 übereinstimmen dürften. Darüber hinaus wurden durch unterschiedliches Kolorit die Gebäude des Kaisers, der Geistlichkeit, der Landstände, Freihäuser, Häuser des Magistrates und bürgerliche Häuser gekennzeichnet und die wichtigsten Amtsträger der landesfürstlichen und städtischen Behörden angeführt.
Quellen
Literatur
- Historischer Atlas von Wien, 13. Lieferung (Wien 2010)
- Plan der Stadt Wien im Jahre 1683 (1684) von Daniel Suttinger, aus: Max Eisler, Hist. Atlas des Wiener Stadtbildes, Wien 1919, Tafel X und XI. (Verkleinerte Reproduktion nach der verschollenen, kolorierten Federzeichnung aus dem Besitz des Stiftes Heiligenkreuz)