Therese Megerle
Therese Megerle (Pseudonyme Leo Mai und L. May), * 12. Mai 1813 Preßburg (Bratislava/Slowakei), † 1. Juli 1865 Wien, Schriftstellerin.
Biografie
Nicht geklärt ist, ob Therese Megerle die Tochter eines ungarischen Gutsbesitzers Pop von Popenburg oder die Tochter eines reichen Müllermeisters Popp war. Sie hatte eine gute Erziehung genossen und verfügte über beträchtliche Kenntnisse in Geschichte sowie in Fremdsprachen (Französisch, Ungarisch und Englisch). 1829 heiratete sie den in Preßburg tätigen Zahnarzt und Chirurgen Georg Johann Wilhelm Megerle. Die finanzielle Lage (vermutlich brachte Therese ein stattliches Vermögen in die Ehe) erlaubte es ihm, seine Praxis aufzugeben und ab 1844 die Theater in Preßburg, Raab (Györ/Ungarn) und Ödenburg (Sopron/Ungarn) zu leiten.
In diesen Jahren begann Therese Megerle ihre schriftstellerische Laufbahn. Sie verfasste Novellen und Erzählungen für Unterhaltungsblätter, oft unter dem Pseudonym Leo Mai, Therese von Megerle oder anonym. Eine Sammlung davon erschien unter dem Titel "Novellen und Erzählungen " (1844, Preßburg: Schaiba). Bald begann sie mit der Dramatisierung ihrer eigenen Erzählungen sowie fremder Romane. Ab 1850 lebte sie in Wien, da Georg Megerle das Theater in der Josefstadt übernommen hatte. Auch nach dessen Tod (1855) arbeitete sie weiterhin für dieses Theater. Sie bearbeitete meist englische und französische Stoffe zu bühnenwirksamen Theaterstücken, die bei der Kritik weniger, jedoch beim Publikum großen Anklang fanden. Sie zählte zu den meist gespielten Autor*innen des Theaters in der Josefstadt. Zu ihren erfolgreichsten Stücken gehörte die Bearbeitung von Eduard Breiers Roman "Die beiden Grasel", das unter diesem Titel am 7. Dezember 1855 uraufgeführt wurde und zahlreich nachgespielt wurde.
An ihrem Begräbnis, vermutlich am 4. Juli 1865 am Hernalser Friedhof, nahmen nur wenige Personen teil, da die Todesnachricht erst nach der Beisetzung bekannt wurde.
Ihr älterer Sohn, Alfred Megerle (1833 – nach 1871) war zunächst Theatersekretär seines Vaters, später als Tänzer und Choreograph an verschiedenen Bühnen tätig, 1871 in Wien artistischer Leiter von Theodor Lungs Singspiel-Halle. Ihr jüngerer Sohn Julius Megerle wurde ebenfalls Theaterschriftsteller.
Bühnenstücke (Auswahl)
- Die Hexe von Iverness, 27. 8. 1844 Theater Pressburg
- Die Tochter des Spions, 21. 12. 1844 Theater Pressburg
- Die Maurer, 12. 6. 1845 Theater Pressburg
- Zwei Pistolen, 14. 7. 1845 Städtische Arena Pressburg
- Der Jude, 30. 8. 1845 Städtische Arena Pressburg
- Mathias Corvinus oder Die schwarze Legion, 4. 8.1846 Städtische Arena Pressburg
- Der Graf von Monte Christo. Drama (nach dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas dem Älteren), August 1847 Städtische Arena Preßburg -- 22. 6. 1850 Theater in der Josefstadt
- Der Sohn des Teufels. Drama (nach Paul Févals Roman), 15. 1. 1848 Preßburg -- 4. 1. 1851 Theater in der Josefstadt
- Der König und sein Minister. Schauspiel, 2. 9. 1848 Interimstheater Pest
- Der Deserteur. Drama (nach dem Ungarischen des Ede Szigligeti), 26. 6. 1845 Städtische Arena Pressburg -- 20. 5. 1850 Hernalser Sommerarena
- Prinz Eugen von Savoyen. Militärisches Original-Spektakel-Schauspiel, mit Gesang und Tanz, 24. 6. 1849 Arena Preßburg -- 7. 6. 1850 Hernalser Sommerarena
- Der Bajazzo (nach dem Französischen), 15. 2. 1851
- Die Töchter Lucifers. Phantastische Zauberposse (nach dem Französischen frei bearbeitet), 29. 3. 1851 Theater in der Josefstadt (Verfasserschaft fraglich)
- Ein entlassener Sträfling. Drama (nach dem Ungarischen des Ede Szigligeti), 27. 1. 1852 Theater in der Josefstadt
- Eine Bauernfamilie (Musik: Anton M. Storch), 6. 8.1852 Hernalser Arena
- William Shakespeare. Schauspiel (mit Benützung der Novelle Rödigers), 20. 10. 1852 Theater in der Josefstadt
- Das Wirtshaus an der Wegscheid. Ländliches Charakter-Bild (mit teilweiser Benützung von Josef Finks "Die drei Spieler"; Musik: Anton M. Storch), 1. 1. 1853 Theater in der Josefstadt
- Onkel Tom. Amerikanisches Zeitgemälde mit Gesang und Tanz nebst einem Vorspiele (nach Frau Stowe's Roman "Onkel Tom’s Hütte"), 19. 2. 1853 Theater in der Josefstadt
- Die Obsthändlerin des Königs. Schauspiel (nach dem Französischen frei bearbeitet), 30. 9. 1853 Theater in der Josefstadt
- Die Teichsusel und der Dorfrichter. Volksmärchen (aus dem Ungarischen; Musik: Anton M. Storch), 6. 11. 1853 Theater in der Josefstadt
- Die Holzsammlerin und ihr Kind. Schauspiel (nach dem Französischen frei bearbeitet), 1. 4. 1854 Theater in der Josefstadt
- Ein weiblicher Monte Christo. Charakterbild aus dem Pariser Leben, 10. 4. 1854 Theater in der Josefstadt
- Die beiden Grasel. Spektakelstück (nach dem gleichnamigen Roman von Eduard Breier), 7. 12. 1855 Theater in der Josefstadt (unter dem Ps. Leo Mai)
- Die Dame mit dem Totenkopf. Volksstück (nach Bäuerles Roman frei bearbeitet; Musik: Eduard Stolz), 29. 2. 1856 Theater in der Josefstadt (unter dem Ps. Leo Mai)
- Der Pandur. Romantisches Volksschauspiel (Musik: Eduard Stolz), 20. 9. 1856 [[[Thaliatheater]]
- Die Herzogin von Thury. Charaktergemälde (nach Breiers Roman; Musik: Eduard Stolz), 13. 12. 1856 Theater in der Josefstadt
- Die Geheimnisse von Wien. Lokales Zeitgemälde, 13. 4.1857 Thalia-Theater
- Der Sohn des Räubers. Original-Volksstück (Musik: Johann Karl Metzger) 11. 7. 1857 Thaliatheater
- Ein Wiener Kind. Volksstück mit Gesang (Musik: Julius Hopp), 30. 7. 1858 Thaliatheater
- Graf Bonneval oder Brunnenmeisterstochter von Matzleinsdorf (nach Breiers Roman), 17. 8. 1857 Thaliatheater
- Nur diplomatisch! oder Ein Millionär. Posse (Musik: Adolf Müller), 2. 10. 1858 Theater an der Wien
- Im Dorf. Ländliches Charaktergemälde mit Gesang und Tanz (nach dem Französischen, Musik: Julius Hopp), 5. 10. 1858 Theater in der Josefstadt
- Ein gebrochenes Wort. Volksstück und einem Vorspiel "Das Erbtheil der Waise" (Musik: Julius Hopp), 17. 9. 1859 Theater in der Josefstadt
- Die Straßentänzerin von Paris. Lebensbild, mit einem Vorspiel "Die Kinder des Aristokraten", 7. 1. 1860 Theater in der Josefstadt
- Der Rosoli Sepp.Volksstück (Musik: Julius Hopp), 14. 8. 1860 Thaliatheater
- Jude und Deserteur. Volksstück mit einem Vorspiel "Der Streit um Grund und Boden", 25. 11. 1860 Theater in der Josefstadt
- Der Waldmichel. Historisches Volksstück (nach Theodor Scheibes Roman "Der Klosterknecht" frei bearbeitet), 19. 1. 1861 Theater in der Josefstadt
- Arbeiter und Millionär. Charakterbild mit einem Vorspiel "Ein Abend nach der Schlacht", 4. 4. 1861 Theater in der Josefstadt
- Die Rose vom Jesuitenhof (Jesuiterhof?). Volksstück (nach Langers gleichnamigen Roman, Musik: Anton M. Storch), 28. 4. 1861 Theater in der Josefstadt
- Zambuko oder Affe und Zigeuner. Posse, 15. 6. 1861 Thaliatheater (unter dem Ps. L. May)
- Die Kinder des Pflanzers oder Die weißen Sklaven. Amerikanisches Volksspektakelstück (Musik: Anton M. Storch), 13. 12. 1861 Theater in der Josefstadt
- Maledetto, der Bandit von Frascati. Spektakelschauspiel (Musik: Anton M. Storch), 27. 9. 1862 Thaliatheater
- Das Märchen vom Schneeberg oder Ein Herz aus Eis. Komisches Volksmärchen mit einem Vorspiel "Das Nixenkind" (Musik: Anton M. Storch), 13. 12. 1862 Theater in der Josefstadt
- Die Armen und die Elenden. Bilder aus dem französischen Volksleben (nach Victor Hugos Roman "Les Misérables"; Musik: Anton M. Storch), 21. 5.1863 Thaliatheater
- Vagabund und Banquier. Bilder aus dem Volksleben, 20. 6. 1863 Thaliatheater
- Novara. Bilder aus dem italienische Feldzuge von 1849 (Musik: Julius Hopp), 13. 9. 1863 Thaliatheater
- Nach 18 Jahren. Volksstück und einem Vorspiel "Gräfin und Bürgersfrau" (spielt 18 Jahre früher), 8. 12. 1863, Theater in der Josefstadt
- Zahlheim. Charaktergemälde (Musik: Anton M. Storch), 31. 3. 1864 Theater in der Josefstadt
- Das Drama im Cirkus oder Die Entlarvte. Charakterbild, 19. 9. 1864 Theater in der Josefstadt
- Die Regentrude und Das Feuerwichtel. Phantastisches Märchen (nach Theodor Storms Märchen frei bearbeitet: Musik: Anton M. Storch), 24. 3. 1865 Theater in der Josefstadt
- Die Eselshaut. Große Spektakel-Feerie (nach dem Französischen), 25. 8. 1865 Theater an der Wien (möglicherweise von Julius Megerle oder Gemeinschaftsarbeit)
Quellen
Literatur
- Heike Drechsler-Meel: Therese Megerle (von Mühlfeld). Eine Pressburgerin zwischen Kunst und Kommerz (in: Karpatenjahrbuch 69) Stuttgart 2017, Seite 159–166
- Astrid Greußing: Der "Wiener" Onkel Tom. Eine Dramenadaption aus translationswissenschaftlicher Sicht (Masterarbeit Wien) 2016
- Viera Glosíková: Drei deutschsprachige Autorinnen aus der Slowakei: M.T. v. Artner, T. Megerle, A. Schwarz-Gardos [in: Na dlhej ceste k autorskej emancipácii žien = Auf dem langen Weg zur schriftstellerischen Mündigkeit von Frauen, herausgegeben von Marta Součková und Ingrid Puchalová Košice) 2014, Seite 88–99 (= Acta Facultatis Philosophicae Universitatis Šafarikianae 67/2014)
- Elisabeth Großegger: Mythos Prinz Eugen. Inszenierung und Gedächtnis. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2014
- Milena Cesnaková-Michalcová: Geschichte des deutschsprachigen Theaters in der Slowakei. Köln Weimar Wien: Böhlau 1997
- Anton Bauer, Gustav Kropatschek: 200 Jahre Theater in der Josefstadt 1788--1988. Wien -- München: Schroll 1988
- Franz Hadamowsky. Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien: Jugend und Volk 1988
- Elfriede Müll: Die Familie Megerle und ihre Beziehungen zum Wiener Theater. 2 Bände (Dissertation Wien) 1949
- Blätter für Musik, Theater und Kunst, 11. 7. 1865, 11. Jahrgang, Nr. 55, Seite 3 (S. 219).
- Fremden-Blatt, 4. 7. 1865, 19. Jahrgang, Nr. 182, Seite 7
- Recensionen und Mittheilungen über Theater und Musik, 15. 3. 1863, 9. Jahrgang, Nr. 11, Seite 2f. (S. 162 f.)
Therese Megerle im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.