Wanderungsbewegungen im Nachkriegs-Wien

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Letzte Änderung am 14.10.2024 durch WIEN1.lanm08wei

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Während die Bevölkerung von Groß-Wien insgesamt in der Weltkriegsperiode 1939-1945 erhebliche Rückgänge zu verzeichnen hatte und im Vergleich von 1939 und 1951 einen Bevölkerungsverlust von rund 150.000 erlitt waren die letzten Kriegsmonate und die Nachkriegsjahre durch erhebliche Wanderungsbewegungen aus und in die Stadt geprägt. In deren Folge sank die Zahl der Einwohner im Juli 1945 auf 1.323.758.[1] Bis zur ersten Volkszählung der Zweiten Republik im Jahr 1951 sollte sie jedoch wieder auf 1.766.102 um 440.000 Personen ansteigen.[2]

Abwanderung als Fluchtbewegungen vor dem Kriegsgeschehen

Seitdem der Bombenkrieg auch Wien erfasst hatte, nahm die Zahl der evakuierten Personen ständig zu. Ende September 1944 waren es rund 110 000.[3] Rund um den Kampf um Wien kam es zu einer weiteren großen Fluchtbewegung im Ausmaß von rund 200 000 Personen. Im Juli 1945 war betrug die Zahl der Einwohner 1.323.758.[4] Dafür verantwortlich waren positive Wanderungssalden, denn die Geburtenbilanz der Nachkriegsjahre war negativ.

Rückwanderungsbewegungen

Seit Sommer 1945 strömte eine große Zahl von Rückkehrern aus west- und südösterreichischen Fluchtorten in die Stadt. Dazu kamen Flüchtlingen und heimkehrende Kriegsgefangene. Schon in der zweiten Jahreshälfte 1945 betrug der Wanderungsüberschuss etwa 270 000, weitere rund 160 000 in den Jahren 1946 und 1947. Auch in den Folgejahren bestand ein wenn auch weit geringerer Wanderungsüberschuss. Die Jahre 1945–1950 zählten somit zu jenen in der Zweiten Republik mit den höchsten Wanderungsüberschüssen.[5]

Die Migrantengruppen

Rückwandererer

Nichtwehrpflichtige Männer, Frauen und Kinder die evakuiert worden waren oder individuell aus dem Wiener Raum geflohen waren. Ihre Zahl ist nicht genau bezifferbar, dürfte aber 300.000-400.000 betragen haben.

=Kriegsgefangene

Von 1. August 1945 bis Ende 1946 kehrten 65 000 Kriegsgefangene heim, das Gros davon im Jahr 1946. Weitere 15 000 folgten 1947, kleinere Gruppen in den folgenden Jahren bis 1955.[6] Insgesamt betrug die Zahl der Kriegsheimkehrer schließlich 85 168.[7]

Flüchtlinge und Vertriebene

Aus ehemaligen Teilen Nazi-Deutschlands, von der Deutschen Wehrmacht besetzter Gebiete und aus Territorien verbündeter autoritärer Regime geflüchtete Volksdeutsche. Der Höhepunkt der Fluchtbewegung lag in den Jahren 1945 und 1946, kleinere Gruppen kamen in den Folgejahren hinzu.[8] Ende 1947 wurden 78 428 „Volksdeutsche“ in Wien registriert. [9]

(Reichs-)Deutsche

Von diesen „Reichsdeutschen“ hatten sich zu Kriegsende noch etwa 200 000 in Österreich aufgehalten.[10] Dazu kamen Personen aus dem „Alt-Reich“ die sich zu Kriegende auf österreichischem Boden aufhielten. Ende 1947 wurden 15 436 „Reichsdeutsche“ gezählt.[11]

Displaced Persons

Während des Krieges war eine größere Zahl von Personen zur Zwangsarbeit nach Wien verschleppt worden. Deren Zahl betrug in Wien und Niederösterreich im September 1944 rund 150.000. Von diesen befand sich mit Ausnahme jener die im Bombenkrieg oder infolge der Zwangsarbeit umgekommen ein Großteil bei Kriegsende noch in Wien. Zusammen mit den Überlebende aus den Konzentrationslagern und Flüchtlingen aus Osteuropa, die vor dem kommunistischen Terror flohen bildeten sie die Gruppe der von den Alliierten bezeichneten Displaced Persons (DPs). Von ihnen kehrten bereits in den unmittelbaren Nachkriegszeit viele in ihre Heimatländer zurück oder emigrierten nach Westeuropa, Palästina und Übersee. Zu Jahresbeginn 1948 lag die Zahl der fremdsprachigen DPs bei 16 442.[12]

Literatur

  • Thomas Albrich: Fremde. Ende 1945. In: historicum Heft Sommer 1996, S. 23–28.
  • Magistrat der Stadt Wien: Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 1990, Wien 1991
  • Magistrat der Stadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien von 1. April 1945 bis 31. Dezember 1947. Wien 1949
  • Österreichisches Statistisches Zentralamt (Hg.): Statistisches Handbuch für die Republik Österreich NF 5. Wien 1954
  • Statistisches Amt der Stadt Wien (Hg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien NF 8-9 (1946–1948), Wien 1949-1950
  • Anton Tesarek: Im Mittelpunkt der Mensch. In: Karl Ziak (Red.): Wiedergeburt einer Weltstadt. Wien 1945–1965, Wien-München: Jugend & Volk 1965, S. 35–46.
  • Andreas Weigl: Migration und Integration. Eine widersprüchliche Geschichte. Österreich – Zweite Republik. Befund, Kritik, Perspektive 20), Innsbruck–Wien–Bozen 2009
  • Andreas Weigl: Demografischer Wandel in Wien: von 1945 bis in das ausgehende 20. Jahrhundert. In: Michael Dippelreiter (Hg.): Wien. Die Metamorphose einer Stadt, Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2013, 397-444.

Einzelnachweise:

  1. Magistrat der Stadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien von 1. April 1945 bis 31. Dezember 1947. Wien 1949, S. 446.
  2. Magistrat der Stadt Wien: Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien 1990, Wien 1991, S. 29.
  3. Steinberg, Bevölkerungsentwicklung, S. 65 f.
  4. Magistrat der Stadt Wien (Hg.), Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien von 1. April 1945 bis 31. Dezember 1947. Wien 1949, S. 446.
  5. Andreas Weigl: Demografischer Wandel in Wien: von 1945 bis in das ausgehende 20. Jahrhundert. In: Michael Dippelreiter (Hg.): Wien. Die Metamorphose einer Stadt, Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2013, S. 403.
  6. Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien NF 8 (1946–1947), S. 79.
  7. Anton Tesarek: Im Mittelpunkt der Mensch. In: Karl Ziak (Red.), Wiedergeburt einer Weltstadt. Wien 1945–1965, Wien-München: Jugend &Volk 1965, S. 35–46, hier 38.
  8. Andreas Weigl, Migration und Integration. Eine widersprüchliche Geschichte (Österreich – Zweite Republik. Befund, Kritik, Perspektive 20), Innsbruck–Wien–Bozen 2009, S. 26 f.
  9. Andreas Weigl: Demografischer Wandel in Wien: von 1945 bis in das ausgehende 20. Jahrhundert. In: Michael Dippelreiter (Hg.): Wien. Die Metamorphose einer Stadt, Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2013, S. 403.
  10. Thomas Albrich, Fremde. Ende 1945. In: historicum Heft Sommer 1996, S. 23–28, hier 23.
  11. Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien NF 9 (1948), Wien 1950, S. 32.
  12. Österreichisches Statistisches Zentralamt (Hg.): Statistisches Handbuch für die Republik Österreich NF 5. Wien 1954, S. 9.