Wilhelm Furtwängler
Wilhelm Furtwängler, * 25. Jänner 1886 Berlin, † 30. November 1954 Baden-Baden, deutscher Dirigent.
Biographie
Wurde 1915 Hofkapellmeister in Mannheim, 1922 wurde er nach Leipzig und Berlin berufen, war ab 1927 ständiger Dirigent der Wiener Philharmoniker und wurde auch für Neueinstudierungen an die Staatsoper verpflichtet (Dirigentendebüt 17. Oktober 1928 mit „Rheingold"). Furtwängler leitete 1922-1945 und 1950-1954 die Konzerte der Berliner, 1927-1930 und 1939/1940 die der Wiener Philharmoniker, 1922-1928 jene des Leipziger Gewandhausorchesters. 1931 wurde Furtwängler künstlerischer Gesamtleiter in Bayreuth, 1933 Erster Staatskapellmeister, dann Direktor der Staatsoper Berlin; ab 1937 dirigierte er bei den Salzburger Festspielen. Furtwängler stand mit der Wiener Staatsoper in engstem Kontakt, besonders während des Zweiten Weltkriegs (Regiedebüt 1. Jänner 1943 mit „Tristan") und nach 1945, als ihm weitester Einfluß auf die Gestaltung des Wiener Musiklebens und der Salzburger Festspiele eingeräumt wurde. Furtwängler war eine der profiliertesten Dirigentenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und ein hervorragender Interpret der Musik des 19. Jahrhunderts; als Komponist folgte er den Spätromantikern. Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker.
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe war Wilhelm Furtwängler 1933 Vizepräsident der Reichsmusikkammer. 1933 wurde mit seiner Zustimmung ein Brief von Goebbels veröffentlicht, worin sich Furtwängler für eine neutrale Haltung der Kunst sowie für deren Freiheit aussprach. Mit diesem „Insel-Denken“, so die Kommission, arbeitete er der NS-Propaganda letztlich in die Hände und stand in den letzten Jahren des NS-Regimes im Rang des „ersten“ Dirigenten Deutschlands. Andererseits versuchte Furtwängler im Rahmen der Reichsmusikkammern und als Orchesterleiter in Berlin und Wien vor allem in seinem Umkreis dem Rassismus Einhalt zu gebieten und intervenierte punktuell – auch an höchster Stelle – für verfolgte Künstler und Künstlerinnen (z. B. „Affäre Hindemith“). Furtwängler erhielt 1945 bis 1947 Berufsverbot.
Quellen
Literatur
- Oswald Schrenk: Wilhelm Furtwängler. Berlin: Bote & Bock 1940
- Friedrich Herzfeld: Wilhelm Furtwängler. Weg und Wissen. Leipzig: Goldmann ²1950
- Berta Geissmar: Musik im Schatten der Politik. Zürich: Atlantis ²1948
- Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 101
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 67–69
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013