William R. Perl

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Perl, William
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Perl, Willy
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. iur.
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  371173
GNDGemeindsame Normdatei
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 21. September 1906
GeburtsortOrt der Geburt Prag
SterbedatumSterbedatum 1. Dezember 1998
SterbeortSterbeort Beltsville, USA
BerufBeruf Jurist, Psychologe, Offizier
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
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William R. Perl, * 21. September 1906 Prag, Österreich-Ungarn, † 1. Dezember 1998 Beltsville (USA), Jurist, Geschäftsmann, Offizier in der U.S. Army, Psychologe, jüdisch-zionistischer Aktivist.

Biografie

Perl wurde in Prag als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Inhabers einer der größten Großhandelstextilfirmen Österreichs geboren, der sich später allerdings verspekulierte und so sein Vermögen verlor. Bereits in der Mittelschule trat Perl der zionistischen Mittelschülerverbindung "Emunah" bei. Er studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften und International Business und schloss sich der jüdisch-akademischen Verbindung "Ivria" an. In den 30er Jahren war er in der militanten, revisionistisch-zionistischen Bewegung des russischen Journalisten Wladimir Zeev Jabotinsky aktiv, dem Begründer des radikalen "revisionistischen“ Zionismus.

Rettungsaktion "Af-Al-Pi" zur Zeit des Nationalsozialismus

Bereits als Rechtsanwaltsanwärter hatte Perl in München live eine Hitler-Rede mitangehört und ahnte damals schon, welches Schicksal jüdische Menschen erwarten könnte. Bereits ein Jahr vor dem Anschluss organisierte er die Evakuierung von Juden aus Rumänien, Griechenland, Jugoslawien und anderen südeuropäischen Ländern nach Palästina. Vor seiner Kanzlei bildeten sich rasch auffällige und damit verdächtige Warteschlangen mit Menschen, die illegal nach Palästina einwandern wollten. Wenige Tage nach dem Anschluss wurde Perl verhaftet und vom damals noch unbekannten SS-Mann Adolf Eichmann verhört. Diesen wollte er von seinem Plan Wien "judenfrei" zu machen, überzeugen. Dieser ging allerdings nicht darauf ein. So setzte er den Plan mit seinem Cousin Franz Gross, der sein Verbindungsmann in Prag war, und zahlreichen anderen Helfern, eigenmächtig um.

Im April 1938 heiratete er Lore, geborene Rollig, die kurz zuvor heimlich vom Christentum zum Judentum konvertiert war. Diese wurde für Ihren Versuch, einen jüdischen Nachbarn zu verstecken 1942 bis 1944 im KZ Ravensbrück inhaftiert. 1938 wurde ihm, wie vielen anderen jüdischen Anwälten, ein Berufsverbot aufgelegt.

Für die Finanzierung seiner Rettungsaktion unter dem Decknamen "Af-Al-Pi" ("trotz allem") benötigte er britische Pfund, da Palästina damals britisches Mandatsgebiet war und die griechischen Schmuggler keine Reichsmark, sondern nur britische Pfund akzeptierten. Da ein Umtausch zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes nicht einfach möglich war, reiste er mit Mosche Krivoshein nach Berlin, wo sie sich im Finanzministerium als offizielle Vertreter einer Aktion zur "Entjudung" Wiens ausgaben und an eine beliebige Tür klopften. Die NS-Beamten, überzeugt davon, dass die beiden in offizieller Mission im Auftrag von NS-Behörden unterwegs waren, wechselten für Perl und seinen Begleiter 480.000 deutsche Reichsmark in 24.000 britische Pfund, womit sie die erforderlichen Schiffe kaufen und griechische Seeleute bestechen konnten.

Mit heruntergekommenen Frachtern und Segelbooten konnte er tausende Juden von Zentral- und Osteuropa nach Palästina schmuggeln, das damals von den Briten verwaltet wurde und die den jüdischen Zuzug begrenzen wollten. Vorab musste Perl allerdings immer eine Auswahl treffen, da er nur jüngeren und gesunden Menschen die strapaziöse Reise unter miserablen hygienischen Bedingungen und einem körperlich anstrengenden Schwimmweg vom Boot an die Küste, meist nachts, zumuten konnte.

Exil in den USA

1940 wurde Perl in Griechenland verhaftet. Um den Deutschen nicht lebendig ausgeliefert zu werden, schnitt er sich die Pulsadern auf. Er konnte gerettet und zurückgesandt werden, wobei ihm die Flucht gelang; zunächst nach Portugal und dann weiter nach Mosambik, wo er ein tschechoslowakisches Visum für die Vereinigten Staaten erhielt, das ihm 1941 eine Ausreise in die USA ermöglichte.

Seine Rettungsorganisation konnte ohne ihn noch bis 1944 einige Schiffs-Rettungsaktionen durchführen.

Nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 trat Perl in die U.S. Army ein und diente in Europa als Oberstleutnant im Heeresnachrichtendienst. Nach der Kapitulation Deutschlands war er im Kriegsverbrechertribunal tätig, wo er Spezialist für die Befragung von Kriegsgefangenen wurde. Ab 1944 arbeitete er im Verhörzentrum in London. Perl wurde Chefvernehmer von SS-Leuten beim Malmedy-Prozess und wurde später gemeinsam mit Kollegen für Foltermaßnahmen im Rahmen dieser Verhöre kritisiert.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fand Perl seine Ehefrau Lore, die das KZ Ravensbrück überlebt hatte, nach sieben Jahren der Trennung in Wien wieder. Das Paar bekam zwei Söhne. Zudem studierte Perl an der Columbia University klinische Psychologie, wo er einen Doktortitel erwarb und war anschließend für die U.S. Army in München als psychologischer Berater für Soldaten tätig.

1958 quittierte er seinen Dienst beim Militär und wurde Psychologe am Sozialamt im District of Columbia. Zudem lehrte er an der George Washington University, unterhielt eine private Praxis und wurde Funktionär der militanten "Jewish Defense League" in Washington, D.C. 1961 wurde er als Beobachter zum Eichmann-Prozess eingeladen.

In den 1970er Jahren organisierte er als führendes Mitglied der "Jewish Defence League" Proteste gegen die Verfolgung von Juden in der Sowjetunion, was zu seiner Verhaftung und 1976 zu seiner Verurteilung durch ein Bundesgericht führte. Eine Geldstrafe und eine Bewährungszeit von drei Jahren zwangen ihn, sich ins Private zurückzuziehen.

1984 erhielt er einen Orden des Simon-Wiesenthal-Centre in Los Angeles, wodurch spät aber doch noch zu Lebzeiten sein Engagement für die Rettung tausender Juden gewürdigt wurde. 1986 wurde er zu seinem 80. Geburtstag vom US-Senat geehrt und ein Jahr später sogar von US-Präsident Ronald Reagan. 1990 wurde ihm das goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen.

Am 1. Dezember 1998 starb er in Beltsville im Alter von 92 Jahren.

Quellen

Literatur