Alfred Gusenbauer
Alfred Gusenbauer, * 8. Februar 1960 St. Pölten, Politiker, Lobbyist.
Biografie
Nach der Matura am Bundesgymnasium Wieselburg (1978) studierte Alfred Gusenbauer zunächst Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wechselte aber dann zu den Fächern Politikwissenschaft und Philosophie. Er beendete sein Studium nach einer Dissertation über "Die österreichische Friedensbewegung. Träger, Strukturen und Aktivitäten zwischen 1980 und 1986" mit der Promotion zum Dr. phil. (1987).
Gusenbauer, der 1981 bis 1990 bei der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) angestellt war, engagierte sich in der Sozialistischen Jugend, deren Bundesvorsitzender er 1984 bis 1990 war. In den Jahren 1985 bis 1989 fungierte er zudem als Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale (IUSY). Ab 1990 arbeitete er als Angestellter bei der Niederösterreichischen Arbeiterkammer, ehe er 1999 Landesgeschäftsführer der SPÖ Niederösterreich wurde.
Alfred Gusenbauer, ab 1990 Bezirksparteivorsitzender der SPÖ Melk, gehörte 1991 bis 1993 dem Bundesrat und in Folge mit kurzen Unterbrechungen dem Nationalrat an. Er gehörte zeitweise der österreichischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates an und wirkte hier 1995 bis 1998 als Vorsitzender des Sozialausschusses. Im Jahr 2000 wurde er zum Bundesgeschäftsführer der SPÖ bestellt, um kurze Zeit später den Vorsitz der erstmals seit 30 Jahren in Opposition befindlichen Partei zu übernehmen. Von 2000 bis 2007 fungierte er zudem als Klubobmann des Sozialdemokratischen Parlamentsklubs.
Nachdem die Sozialdemokraten bei der Nationalratswahl Ende 2006 stimmenstärkste Partei geworden war, einigten sich SPÖ und ÖVP Anfang 2007 auf die Bildung einer Großen Koalition, in der Gusenbauer das Amt des Bundeskanzlers übernahm. An Maßnahmen der Regierung sind unter anderem die Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre oder die Festschreibung des Kammersystems in der Verfassung zu erwähnen. Mit ihrer (noch vorhandenen) Zweidrittel-Mehrheit schrieb die Koalition außerdem das österreichische Kammernsystem in der Verfassung fest. Nach starker innerparteilicher Kritik wegen mangelnder Durchsetzung von Wahlversprechen und der Kündigung der Koalition durch ÖVP-Parteichef Molterer übernahm Werner Faymann im August 2008 den Vorsitz in der SPÖ und avancierte zum Spitzenkandidaten seiner Partei in der folgenden Nationalratswahl.
Mit Bildung einer neuen Regierung im Dezember 2008 endete Gusenbauers Funktion als Bundeskanzler. Er war in Folge als Referatsleiter der Niederösterreichischen Arbeiterkammer für Europafragen tätig und gründete 2009 die Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH. Er trat als Berater unter anderem der WAZ-Mediengruppe und des kasachischen Präsidenten Nasarbajew, als Europa-Direktor eines chilenischen Investmentfonds sowie als Aufsichtsratsmitglied mehrerer Unternehmen (Alpine Holding, STRABAG, Novomatic etc.) in Erscheinung. In der SPÖ-Stadtparteiorganisation Ybbs fungiert er bis heute als Vorsitzender. Außerdem war er bis Ende 2017 Präsident des Karl-Renner-Instituts der SPÖ.
Quellen
Literatur
- Ex-Kanzler Gusenbauer erhielt höchste SPÖ-Auszeichnung. In: Kurier, 02.09.2021
- Christian Ortner: Das Traurige an Alfred Gusenbauer. In: Wiener Zeitung, 02.03.2018
- Margaretha Kopeinig: Problematisch, wie Ex-Kanzler politisch Einfluss nehmen. In: Kurier, 27.02.2018
- Gusenbauer muss SPÖ-Akademie verlassen. In: Kurier, 13.11.2017
- Robert Kriechbaumer: "Es reicht!" Die Regierung Gusenbauer − Molterer. Österreich 2007/2008. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016 (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Politisch-Historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, 55 )
- Die Wege entstehen im Gehen. Alfred Gusenbauer im Gespräch mit Katharina Krawagna-Pfeifer und Armin Thurnher. Wien: Czernin 2008
- Andreas Pittler: Alfred Gusenbauer. Ein Porträt. Wien: Molden 2000
Alfred Gusenbauer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.