Vogelschau von Wien, Folbert van Alten-Allen (1683)
Überblick
Die Ansicht von Wien von Folbert van Alten-Allen entstand vor der Zweiten Türkenbelagerung und zeigt die barockisierte Stadt vor den Zerstörungen durch die Belagerung. Das Original befindet sich im Wien Museum.
Entstehungsgeschichte
Der 1635 in Utrecht geborene Folbert van Alten-Allen (Ouden-Allen) kam nach Tätigkeit als Architekturmaler in den Niederlanden und Prag nach Wien, wo er 1678 in den besoldeten kaiserlichen Hofdienst aufgenommen wurde (Titel eines kaiserlichen Kammermalers bereits 1673). Bis 1703 schuf er unter anderem Gemälde von zehn bedeutenden Städten Leopolds I., darunter auch eine verschollene Ansicht Wiens. Er starb 1715 in Wien.
Die Umzeichnung des Gemäldes für den Kupferstich hatte Alten-Allen selbst vorgenommen, gestochen wurde die Ansicht auf sechs Kupferplatten (Gesamtgröße zirka 150 x 74 Zentimeter) von Joseph Mulder (zirka 1659/60 bis nach 1718) in Amsterdam, wobei zwei Plattenzustände bekannt sind. Der Druck erfolgte 1686. In einer Widmung an den niederösterreichischen Landmarschall und Generallandobristen Franz Maximilian Graf Mollarth (Mollard) sowie an die Landstände bezeichnete Alten-Allen die Ansicht als "Abriß der Kayserl. Residenz Stadt Wienn, wie selbe vor der Belagerung vnd darauff erfolgten Abbruch eines Theils ihrer Vorstädt gestanden".
Karteninhalt
Eine gedruckte Erläuterung betont ebenfalls ausdrücklich, dass die Vorlage, welche "der die Natur nachaffende Mahl-Pensel mit Sinreicher vermischung der Meß-Kunst - vor Jahren erzeiget hatte", bereits vor der Belagerung Wiens durch die Türken 1683 entstanden war. Daher sieht man den Zustand der bereits barocken Stadt und ihrer Umgebung noch vor der Zerstörung der Vorstädte im Zusammenhang mit der Belagerung, etwa aus Nordwesten, von einem überhöhten Standort etwa zwischen heutiger Währinger und Alser Straße aus. Der Blick reicht vom Kamaldulenserkloster auf dem heutigen Kahlenberg bis zur Höhe des Wienerbergs, im Hintergrund ist das Neugebäude angedeutet.
Mit feinem Strich wird eine eindrucksvolle, realistisch scheinende Wiedergabe der Stadt und des sie umgebenden Vorstadtbereichs erzielt. Obwohl die Erläuterung zur Darstellung eigens auf die "Meß-Kunst" verweist, werden des imposanten Eindrucks und der größeren Deutlichkeit zuliebe jedoch krasse Lageverzerrungen in Kauf genommen - so befänden sich Kahlenberg und Leopoldsberg im Nordosten von Wien und die Donau müsste in riesigen Serpentinen mäandern, wenn die Ansicht die Realität wiedergäbe. Wesentlich erscheinende Objekte wie der Stephansdom oder die Stadtbefestigung werden stark überhöht gezeichnet.
Trotzdem gibt der Kupferstich einen guten allgemeinen Eindruck vom Aussehen der Vorstädte wieder, wenn man auch das Detail fallweise mit Skepsis betrachten muss. Gerade die Vorstädte wurden ja nach der Belagerung stark umgestaltet. So sieht man etwa im Vordergrund jenen Bereich, auf dem später das Großarmenhaus errichtet wurde, aus dem dann das (alte) Allgemeine Krankenhaus hervorging.
Deutlich wird, wie viel unverbautes Gelände zwischen den Vorstädten noch bestand, dass teils durch Ziergärten, aber auch in verschiedener Form landwirtschaftlich genutzt wurde. Vor allem im Bereich des heutigen dritten und neunten Bezirks rückt der Weinbau noch sehr nahe an die Stadt heran.
Quellen
- Wien Museum Inv.-Nr. 19512/2 (1. Zustand)
- Wien Museum Inv.-Nr. 138525 (2. Zustand)
Literatur
- Ferdinand Opll: Wien im Bild historischer Karten. Die Entwicklung der Stadt bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Böhlau: Wien/Köln/Weimar 2004