Alservorstadt (Vorstadt)
48° 13' 15.18" N, 16° 21' 20.53" E zur Karte im Wien Kulturgut
Alservorstadt (8., 9.), Vorstadt (bis 1850), benannt nach der Als (Alser Bach, Alserbachstraße); der Bezirksname Alsergrund leitet sich vom Namen der Als ab, deren Entwicklung mit jener der Alser Straße ("vicus Alsaersträzze", 1211) zusammenfällt.
Die Elster im Wappen geht auf das Grundgerichtssiegel zurück. Im Mittelalter wurden für Teile der späteren Vorstadt eigene Bezeichnungen verwendet: Vor dem Schottentor auf dem Mist, Zu den Hofstätten, Im Schaffernack, Am Schottenberg, Am Schottenbühel beziehungsweise Unter den Fleischbänken vorm Schottentor und Fronbergen. Neben Alser und Währinger Straße werden schon frühzeitig andere Örtlichkeiten genannt: 1314 die Neuburger Straße (1292: Neuburger Hof), die Schottenpoint (Berggasse), der Pettelbühel (Boltzmanngasse) sowie das Maria-Magdalena-Kloster (1231).
Die älteste vorstädtische Siedlung lag zu beiden Seiten des Schottentors unmittelbar vor der Stadtmauer an der Als und war nach außen hin durch einen schwächeren Wall geschützt (auf dem Plan von Niklas Meldeman als "vorstat zwischen die zweyen mauren" bezeichnet). Die Alser Straße und die Neuburger Straße führten durch die äußere Umwallung. Die Bedeutung der Alservorstadt liegt darin, dass sie als einzige Vorstadt nicht nur von Palisadenzäunen und Gräben umfriedet war. Bei der Ersten Osmanische Belagerung (1529) ging die Vorstadt in Flammen auf, um 1540 lag das mittelalterliche Dorf noch verödet. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde das Glacis vor den Stadtmauern geschaffen und allmählich bis zur Schwarzspanierstraße erweitert (Alservorstädter Glacis). Bis zur Zweiten Türkenbelagerung (1683) war die Alservorstadt eine Streusiedlung.
Um 1700 setzte auf den Schottenäckern (bei der Alser Straße) die Verbauung ein, 1835 reichte die Vorstadt von der (heutigen) Liechtensteinstraße bis zur Florianigasse. 1850 in den (damaligen) 8. (heute 9.) Bezirk eingemeindet, dessen Grenze gegenüber dem (damaligen) 7. (heute 8.) Bezirk noch die Florianigasse gebildet hat. 1862 wurde die Bezirksgrenze verlegt (seither Alser Straße), zugleich erhielten die ursprünglichen Bezirke 5 bis 8 (infolge der Abtrennung Margaretens von der Wieden) die neuen Nummern 6 bis 9. Durch die neue Grenzziehung wurde die ehemalige Alservorstadt geteilt und bildet daher heute territorial gesehen Bestandteile des 8. und 9. Bezirks.
Siegel
Die Vorstadt Alsergrund führte ein Grundgerichtssiegel, das auf einem niedrigen, aus einem Rasen wachsenden Baum (auf einem Abdruck ein Baumstrunk) eine Elster zeigt. Umschriften: a) ¤ [Rosette] und b) * BURG: WIENER · ALSTER · U : WAHRINGER GRUND · GERICHTS · SIG : ; c) † WIEN · BÜRGL : ALSTER · VND WAHRINGER GRUND GERICHTS : SIGIL. ; d) † GEMEINDE † ALSERVORSTADT.
Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Alsergrund.
Gebäude
In der Alservorstadt entstanden zahlreiche öffentliche Gebäude
- Alser Kaserne
- Bürgerversorgungshaus
- Gewehrfabrik
- Josephinum
- Konsularakademie
- Altes Allgemeines Krankenhaus
- Johannes in der Siechenals (Pestlazarett)
- St.-Anna-Kinderspital
- Waisenhaus (9)
und andere, in jüngerer Zeit das Gebäude der Österreichischen Nationalbank
Häuser
- 1776: 97
- 1778: 145
- 1783: 163
- 1796: 245
- 1830: 307
- 1840: 329
- 1851: 361
Einwohner
- 1783: 9.108
- 1796: 7.799
- 1840: 21.503
- 1857: 24.831
Häusernummerierungen und -schematismen
In der Alservorstadt wurden 1770 zum ersten Mal Konskriptionsnummern vergeben, in den Jahren 1795 und 1821 erfolgte eine Neunummerierung (Zur Übersicht über die Phasen der Nummerierungen der Häuser [Konskriptionsnummern] in der Vorstadt siehe: Häusernummerierung). Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.
Nummerierung 1770
- Franz de Ponty: Verzeichniß der in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien sammt dazu gehörigen Vorstädten und Gründen befindlichen numerirten Häusern. Wien: Johann Joseph Jahn 1779
- Karl Hofer: Verzeichniß der in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien samt den dazu gehörigen Vorstädten und Gründen befindlichen numerirten Häuser. Wien: Joseph Gerold 1789
Nummerierung 1795
- Verzeichniß der in der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien sammt den dazu gehörigen Vorstädten und Gründen befindlichen numerirten Häuser. Wien: Joseph Gerold 1796
- Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien inner denen Linien befindlichen numerirten Häuser. Wien: Joseph Gerold 1798
- Joseph Johann Grosbauer: Vollständiges Verzeichniß aller in der kaiserlichen auch k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien inner denen Linien befindlichen numerirten Häuser. Wien: Joseph Gerold 1805
- Joseph Johann Grosbauer: Vollständiges Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien inner denen Linien befindlichen numerirten Häuser deren Eigenthümer, Strassen, Gässen, Plätze, und Schilder. Wien: Gerold'schen Buchhandlung 1808
- Alois Edler von Fraißl: Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien und sämmtlichen Vorstädten inner den Linien befindlichen numerirten Häuser und Plätze. Wien: Carl Gerold'sche Buchhandlung 1812
- Mathias Gutjahr: Vollständiges Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien und ihren Vorstädten befindlichen Straßen, Gassen, Plätzen und Häusern. Wien: Gerold 1816
Nummerierung 1821
- Mathias Guetjahr: Vollständiges Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien und ihren Vorstädten befindlichen Straßen, Gassen, Plätze und Häuser. Wien: Gerold 1821
- Anton Behsel: Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren Vorstädten befindlichen Häuser. Wien: Gerold 1829
- Karl Ponschab: Darstellung der bei den Häusern in der Stadt und in den sämmtlichen Vorstädten Wiens einschreitenden Grundherrlichkeiten. Wien: PP. Mechitaristen 1829
- Anton Ziegler und Carl Vasquez: Die kaiserl. königl. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren Vorstädten und nächsten Umgebungen. Wien: Christian Friedrich Schade 1830
- Neuester verbesserter Schema aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien und in ihren Vorstädten befindlichen Häusern. Wien: Stöckholzer von Hirschfeld 1833
- Anton Ziegler: Häuser-Schema im kaiserl. königl. Polizei-Bezirke Alsergrund: enthält die Vorstädte: Alservorstadt, Breitenfeld und Michaelbeurischergrund. Wien: Anton Benko 1837
- Neuester, verbesserter Schema aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien und in ihren Vorstädten befindlichen Häusern. Wien: Ulrich Klopf 1837ff.
- Carl Schwab: Neuer, verbesserter Häuser-Schema der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren 34 Vorstädten, allen Neubauten und den angränzenden nahen Ortschaften. Wien: Singer und Goering 1843
- Neuester, verbesserter Häuser-Schema der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien mit allen Vorstädten, der Brigittenau, den Zwischenbrücken und den Praterhütten. Wien: Dorfmeister 1852
- Anton Ziegler, Neuester Wiener Häuser-Schema für das Jahr 1861 k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien mit sämmtlichen Vorstädten. Wien: Selbstverlag Ziegler 1861
Ortsrichter
Liste (1700-1858) bei Hofbauer.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Jakob Blümel: Die Geschichte der Entwicklung der Wiener Vorstädte, nach authentischen Quellen zusammengestellt. Band 2. Wien: Selbstverlag 1886
- Wienbibliothek Digital: Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktiner-Abtei Michelbeuern am Wildbache Als. Wien: Sommer 1861
Literatur
- Walther Brauneis: Die Vorstadt zw. den Mauern vor dem Schottentor. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 29 (1974), S. 153 ff.
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XII, Taf. F
- Anton Jung: Beschreibung und Abdruck der Grundgerichts-Siegeln sämmtlicher Vorstädte und Gemeinden der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, [Wien] 1829, S. 23
- Adolf Wolf: Alsergrund-Chronik. Von der Römerzeit bis zum Ende der Monarchie. Wien: Selbstverlag 1981, Register
- Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 4.
- Carl Hofbauer: Die Alservorstadt. 1861, S. 18 f.
- Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 27.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 269 f.
- Alsergrund (9. Bezirk)
Bevölkerungsgeschichte
- Andreas Weigl: Eine Neuberechnung der Bevölkerungsentwicklung Wiens nach Bezirken 1777-1869. In: Wiener Geschichtsblätter 50 (1995), S. 219-238.
- Ignaz de Luca: Topographie von Wien. Bd. 1, Wien: Thad. Schmidbauer 1794, S. 61.
- Ignaz de Luca: Statistische Fragmente. Wien: C.P. Rehm 1797, S. 50.
- Johann Karl: Detaillirte Darstellung der Bevölkerung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien und der Vorstädte ... nach der letzten Conscription im Jahre 1840.
- Niederösterreichische Handels- und Gewerbekammer (Hg.), Statistische Übersicht der wichtigsten Productionszweige in Oesterreich unter der Enns. Wien: L. Sommer 1855.
- G.A. Schimmer: Die Bevölkerung von Wien. In: Blätter für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1865), S. 14 und 26.