Bäckenhäusel

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Das Bäckenhäusel an der Währinger Straße. Ausschnitt aus dem Huber-Plan (1778).
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Spital
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1648
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1868
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  1901
GNDGemeindsame Normdatei
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Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Frühe Neuzeit, Bäckenhäusel Friedhof
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 24.10.2023 durch WIEN1.lanm08swa
BildnameName des Bildes Huber_Baeckenhaus.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Das Bäckenhäusel an der Währinger Straße. Ausschnitt aus dem Huber-Plan (1778).
  • 9., Währinger Straße 42
  • 9., Boltzmanngasse 1

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48° 13' 15.61" N, 16° 21' 23.87" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Bäckenhäusel am Nagel-Plan (erschienen 1780).

Bäckenhäusel (9., Währinger Straße 42, Boltzmanngasse 1).

Paul Hirsch von Hirschfeld, Oberdreißiger zu Ungarisch-Altenburg, Innerer Rat und Superintendent von St. Marx, vermachte testamentarisch ein gegenüber dem Pestlazarett gelegenes Haus samt Stadel 1648 dem Bürgerspital zur Erweiterung des Lazaretts. Das zunächst noch "Hirschenhäusel" genannte Gebäude wurde in den Jahren 1650 bis 1657 an die Stadt vermietet und diente dem städtischen Infektionsarzt als Wohnung.

Der Name "Bäckenhäusel" geht wahrscheinlich auf eine damals vor dem Haus in der Währinger Straße stehendes gotische Kreuzsäule zurück, deren Inschriften auf Paul Lundler, Zechmeister der Bäcker, sowie das Jahr 1506 verweisen (Bäckerkreuz, heute im Hof des Hauses der Bäckerinnung). Er könnte sich aber auch nur auf die vermeintlichen Vorbesitzer, die Bäckerfamilie Lundler, beziehen. 1651 lässt sich die Bezeichnung anhand der Spitalmeisteramtsrechnung nachweisen.[1] Die in der älteren Literatur vorhandene Annahme, dass das Bäckenhäusel ursprünglich als Versorgungseinrichtung für bedürftige Angehöriger der Bäckerzunft gegründet worden war, ist überholt.

1656 wurde neben dem ursprünglichen Gebäude vom "Aerarium sanitatis" zur Unterbringung der aus dem Lazarett entlassenen Rekonvaleszenten als Quarantäneeinrichtung ein neues Gebäude mit vier ebenerdigen Stuben und einer der Heiligen Rosalia geweihten Kapelle errichtet. An die Errichtung aus "Freigebigkeit" der Bürger und die beteiligten "Politiker" (Bürgermeister und Innere Räte) erinnert eine heute im Wien Museum aufbewahrte Steintafel. Die ersten Ausgaben des Bürgerspitals für die Versorgung von Personen im Bäckenhäusel lassen sich erst im Pestjahr 1679 nachweisen. Da das Lazarett zu klein geworden war, wurde ein Teil des Bäckenhäusels ebenfalls als Lazarett genützt, während der restliche Teil seine Funktion als Quarantäneeinrichtung erfüllte.

Grundriss des Bäckenhäusels um 1750. In der Mitte das große Krankenhaus, unterhalb die Rosalienkapelle.

In der Folgezeit lagerte das Bürgerspital bei Überfüllung immer wieder ("normale") Kranke in das Parzmayrsche Haus und auch in das Bäckenhäusel aus. 1708/1709 wurde Letzteres auf Kosten des Bürgerspitals erweitert und mit einem zweiten Stockwerk versehen, so dass genug Platz war, um Ende 1709 sämtliche Kranke aus dem nun nicht mehr belegten Parzmayrschen Haus zu übernehmen. In den nunmehr acht Stuben konnten circa 160 Patientinnen und Patienten Platz finden. Das Bäckenhäusel bildete ab diesem Zeitpunkt eine permanente Filiale des Bürgerspitals und wurde auch als "Krankenhaus in der Währingergasse" bezeichnet. Ein für die Bauausgaben versprochenes "Äquivalent" erhielt das Bürgerspital erst 1777 (siehe Parzmayrsches Haus).

Beim Pestausbruch im Winter 1712 spielte das Bäckenhäusel wieder eine wichtige Rolle: Jene Personen, die mit der ins Bürgerspital gebrachten und dort an der Pest verstorbenen Schwangeren in Berührung gekommen waren, wurden zunächst dort isoliert. Als die Pest schließlich im Frühjahr 1713 in der ganzen Stadt ausbrach (Pestepidemie 1713), wurde das Lazarett geöffnet und das Bäckenhäusel in eine Quarantänestation umgewandelt. Zwischenzeitlich erfolgte nach starker Zunahme der Pestinfizierten auch wieder die Unterbringung von Pestkranken im Bäckenhäusel.

Aus Platzgründen wurde 1719 eine zusätzliche "Krankenhütte" mit vier weiteren Zimmern erbaut und die Kapelle vergrößert. Im folgenden Jahr erfolgte der Abriss des desolaten ursprünglichen Hirschenhäusels, das durch ein neues "Stöckel" ersetzt wurde, in dem unter anderem der Hausvater und der Wundarzt eine Wohnung erhielten. In den Jahren 1766, 1767 und 1771 erfolgten weitere Renovierungen und Vergrößerungen. Das Bäckenhäusel bot nun in 16 Stuben Platz für circa 320 Personen. Zusätzlich dazu gab es das schon länger bestehende separate "Probier-Haus" ("Prob-Zimmer"), in dem Personen mit Verdacht auf ansteckende Krankheiten isoliert wurden. Spätestens ab 1726 verfügte das Bäckenhäusel über einen eigenen Friedhof, der auf der anderen Seite der Währinger Straße neben dem Pestlazarett lag.

Das Bäckenhäusel bildete gemeinsam mit dem dem Bürgerspital 1706 inkorporierten Spital St. Marx die beiden Krankenhäuser des Bürgerspitals. Es diente als "Universalkrankenhaus", in dem alle Kranken untergebracht wurden, die nicht im spezialisierten Krankenhaus St. Marx zu versorgen waren. Dabei handelte es vor allem um Kranke mit verschiedenen Fieberzuständen. Die Leitung hatte ein sogenannter (Haus-)Vater inne. Die Kranken wurden von einem akademisch gebildeten Arzt ("Physikus"; ab den 1770er Jahren zwei), einem handwerklich ausgebildeten Wundarzt sowie zahlreichen Pflegekräften betreut. Ab 1758 wirkte dort der bekannte Physikus Anton Störck.

Joseph II. brachte den Kranken- und Wohlfahrtsanstalten großes Interesse entgegen. Er besuchte mit seinen Brüdern Leopold und Maximilian am 23. Juli 1776 das Bäckenhäusel. Bericht des dortigen Verwalters an das Bürgerspital.

Im Zug der Reformen Josephs II. kamen die Kranken aus dem Bäckenhäusel 1784 in das neu gegründete Allgemeine Krankenhaus, während das Bäckenhäusel gemeinsam mit dem Lazarett in der Folge von diesem zur Unterbringung von unheilbar Kranken ("Siechen") und ruhige psychisch Kranken ("Irren") verwendet wurde. Ab 1791 diente das Bäckenhäusel als Versorgungshaus und wurde 1824 von dem den Bürgerspitalfonds verwaltenden Bürgerspitalamt an den von der Niederösterreichischen Landesregierung beaufsichtigten Wiener Versorgungsfonds abgetreten. 1842 kam es an den Wiener Magistrat, dem nun die Leitung der städtischen Armenfürsorge übertragen wurde (Gründung des "Allgemeinen Versorgungsfonds").

1868 wurde das Versorgungshaus aufgelassen und das Areal 1869 von der Stadt mit dem Finanzministerium unter anderem gegen die Viehmarktplätze in St. Marx eingetauscht. In der Folge kam das Bäckenhäusel an die Tabakregie (Austria Tabakwerke). 1907 erfolgte die Demolierung der Gebäude und danach von 1908 bis 1915 die Errichtung der heute noch vorhandenen Universitätsinstitute (Neues Chemisches Institut).

Pfarrzugehörigkeit

Eigene Pfarre, siehe: Bäckenhäusel (Pfarre).

Quellen

Literatur

  • Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache 5. Wien: Raimann & Godina 1896, S. 182 ff.
  • Leopold Donatin: Der Alsergrund einst und jetzt. Für die Jugend und das Volk geschildert. Wien: 1904, S. 75 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.– 21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 275 f.
  • Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 130 ff. (Wiedergabe der Inschrift auf der Steintafel von 1656)
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 2/1, Bogen 14, 125f.; Teil 2/2, Bogen 35 ff., 106 ff.
  • Renata Kassal-Mikula [Hg.], Steinerne Zeugen. Relikte aus dem alten Wien. Wien: Eigenverlag 2008 (Katalog zur Sonderausstellung des Wien Museums, 346), S. 230 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1888]). Cosenza: Brenner 1967, Band 2, S. 616
  • Hans Pemmer / Ninni Lackner: Die Währinger Straße. Ein Spaziergang von der Votivkirche zur Volksoper. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Heimatmuseums Alsergrund 1968 (Beiträge zur Heimatkunde des IX. Wiener Gemeindebezirks, 3), S. 40 ff.
  • Sarah Pichlkastner: Insassen, Personal und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit. Eine Projektskizze. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 123 (2015), S. 117–132
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Sarah Pichlkastner / Manuel Swatek: Fürsorge und Ökonomie. Das Wiener Bürgerspital um 1775. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 97, Wien 2017
  • Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiß, Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalsinstruktionen der Neuzeit. Band 2: Editionsteil. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2015 (Quellenedition des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 15/2), S. 957 ff. (Instruktion Wundarzt 1720), S. 978 ff. (Instruktion Hausvater 1714)
  • Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Wien: Selbstverlage des Gemeinderathes 1867, S. 90 f., 248, 250 ff.
  • Johann Werfring, Europäische Pestlazarette. Mit besonderer Berücksichtigung der Wiener Verhältnisse. Diss. Univ. Wien. Wien 1999, S. 139 ff.

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bürgerspital, B11: Band 118.