Vogelschauplan, Joseph Daniel Huber (1778)
Der auf 24 Blatt erschienene Vogelschauplan der Stadt Wien mit ihren Vorstädten von Joseph Daniel von Huber erschien 1778 im Druck. Er beruhte im Wesentlichen auf einer 1769 bis 1773 entstandenen kartografischen Aufnahme der Stadt, deren Manuskriptversion Huber 1773 seiner Auftraggeberin, Maria Theresia, übergeben konnte. Hubers Werk zählt zu den bedeutendsten kartographischen Darstellungen Wiens.
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Entstehungsgeschichte
1769 legte der Militärkartograph Obristwachtmeister (Major) Joseph Daniel Huber Kaiserin Maria Theresia einen großen Vogelschauplan von Prag vor, den er während seiner dortigen Dienstverwendung in seiner Freizeit und aus eigenem Antrieb angefertigt hatte. Der Plan beeindruckte die Herrscherin derart, dass sie ihn aus ihrer Privatschatulle ankaufte und Huber mit der Herstellung eines gleichartigen Plans für Wien beauftragte. Huber begann mit der Arbeit im Mai 1769. Als Basis dürfte Huber selbst keine regelrechte Stadtvermessung durchgeführt haben. Den zeitlich parallel entstandenen Stadtplan von Joseph Anton Nagel hat Huber nicht herangezogen. Beide Arbeiten sind unabhängig voneinander entstanden. Wahrscheinlich Ende Mai 1773 konnte Huber der Kaiserin die fertig gestellte Vogelschau in Form einer lavierten Federzeichnung auf 42 Blättern vorlegen.[1] Unmittelbar danach bemühte er sich um eine Drucklegung. Dabei war ihm zur Auflage gemacht worden, die Befestigungsanlagen nicht wirklichkeitsgetreu darzustellen. Als Stecher waren Jakob Wagner, Johann Matthias Ebersbach, C. G. Kurtz und Jacob Adam tätig. Nach Erteilung eines Druckprivilegiums durch die Böhmisch-österreichische Hofkanzlei im September 1773 begannen die Kupfersticharbeiten. Da Huber 1772-1778 in Galizien eingesetzt war (nach der ersten Teilung Polens 1772, durch die Galizien an Österreich gefallen war), lag der gedruckte Plan erst 1778 fertig vor. Wegen dieser Verzögerungen wurden offenbar mehrmals Aktualisierungen in die Druckversion eingearbeitet. Daher ist in der Titelkartusche Mai 1769 bis Ende Oktober 1774 und einige Zeilen darunter 1769 bis 1777 als Zeitraum der Aufnahme angegeben. Die Feinheit der Darstellung der Druckversion kann zwar nicht mit der Federzeichnung mithalten, ist aber dennoch als kartographisches Meisterwerk einzustufen.
Karteninhalt
Huber stellte die Stadt in der so genannten Militärperspektive dar, das heißt, auf einem nicht verzerrten Grundriss wurden die Höhen der Gebäude maßstabsgerecht nach oben aufgetragen. Dabei wurden die Fassaden der Gebäude minutiös dargestellt, so dass sich ein eindrucksvolles Bild der barocken Stadt bietet. Auch die ab 1770 eingeführten Konskriptionsnummern wurden – wie im Plan Nagels – in die Darstellung aufgenommen. Das besondere Verdienst und entscheidende Charakteristikum dieses Planes stellt die perspektivische und detailgetreue Darstellung des Stadtkörpers dar.
Der Vogelschauplan ist für die historische Stadttopographie deshalb von so großer Bedeutung, weil er, über die exakte geographische Orientierung (Gebäudelage und -aussehen, Verkehrsflächendarstellung und -benennung, Benennung einzelner bedeutsamer Gebäude sowie der Stadtbefestigung, detaillierte Darstellung der Gartenanlagen, Angabe der Konskriptionsnummern von 1771, teilweise auch der Hausschilder) hinausgehend, architektonisch-atmosphärische Details überliefert und auch durch figurale Belebung besticht. Die Kupferplatten, die sich in der Pfandleihe befanden, wurden nach seinem Tod zum Altmetallpreis verkauft.
Verwandte Werke Hubers
- In Zusammenhang mit der Vogelschau sind drei weitere Werke Hubers zu nennen. Ein mit Feder von ihm selbst gezeichneter, kolorierter Grundriss der Inneren Stadt, heute in den Beständen des Kriegsarchivs (Österreichisches Staatsarchiv), ist wohl ein Nebenprodukt der Vogelschau.[2] Huber hat für seine Vogelschau einen Grundriss angefertigt, der nicht erhalten ist. Der Plan im Kriegsarchiv hat denselben Maßstab wie die Vogelschau und ist als ein Ausschnitt dieses Grundrisses anzusprechen. Er hat zwar nicht in derselben Ausrichtung, stimmt aber in den Details weitgehend mit der 1773 fertig gestellten Federzeichnung der Vogelschau überein und ist wohl um 1772 zu datieren.[3]
- 1785 hat Huber auf Basis der 1778 gedruckten Vogelschau eine aktualisierte Fassung der Vogelschau in wesentlich größerem Maßstab (1:936) vorgelegt, aber nicht des gesamten Stadtgebietes, sondern nur der Inneren Stadt.[4] Rechts neben der Vogelschau von 1785 ist ein Grundriss in verkleinertem Maßstab abgedruckt, deren Grundlage in einem Manuskriptplan zu finden ist, der nachstehend angeführt ist. Auf diesem ist der in der Vogelschau von 1785 verwendete Ausschnitt markiert.
- Um 1784 ist das Manuskript eines Grundrissplans des gesamten Stadtgebietes zu datieren, das Huber zugeschrieben werden kann.[5] Huber hat ihn wahrscheinlich als Druckvorlage für einen farbigen Stadtplan in handlichem Format angefertigt. Dabei waren die Unterlagen für seine Vogelschau das Basismaterial, das er an zahlreichen Stellen an den aktuellen Stand angepasst hat. Ein Druck dieses Planes kam offenbar nicht zustande. Der Plan war als Konkurrenzprodukt für den 1783 in erster Auflage erschienene Stadtplan von Max von Grimm gedacht, den dieser auf Basis des Stadtplans von Joseph Anton Nagel erstellte.
Gesamtansicht
Es folgt eine Gesamtansicht der 1778 erschienenen Vogelschau Hubers. Das Klicken auf eines der 24 Blätter führt zum Digitalisat des jeweiligen Einzelblatts:
Georeferenzierte Version
Wien Kulturgut bietet eine georeferenzierte Version der Vogelschau auf Basis des digitalen Wiener Stadtplans an.
Quellen
- Albertina, Inventar-Nummer 37054 bis 37095: Manuskriptplan (Originalfassung, 1769-1773)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kartographische Sammlung, Sammelbestand, P1: 11: Druckversion (1778)
- Wien Museum Online Sammlung: Druckversion (1778)
Literatur
- Manuel Swatek: Ein neu entdeckter Wienplan von Joseph Daniel von Huber. Einblicke in die Werkstatt eines Kartografen. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 74 (2018), S. 205-231
- Heike Krause: Die Bildquellen der Neuzeit – Eine Auswahl. In: Sylvia Sakl-Oberthaler [u.a.]: Von der mittelalterlichen Stadtmauer zur neuzeitlichen Festung Wiens. Historisch-archäologische Auswertung der Grabungen in Wien 1, Wipplingerstraße 33-35. Wien: Phoibos-Verlag 2016 (Monographien der Stadtarchäologie Wien, 9), Abb. 106, S. 258 f.
- Walter Öhlinger: Joseph Daniel von Huber. Vogelschauplan der Stadt Wien. 1778. Schleinbach: Edition Winkler-Hermaden
- Historischer Atlas von Wien, 13. Lieferung (Wien 2010)
- Markus Heinz, Jan Mokre: Über Joseph Daniel von Huber (1730/1731-1788) und seinen Vogelschauplan von Wien. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. 47/48 (1991/1992), 93 ff. (insbesondere S. 97ff., S. 101 ff, S. 107 ff. [Vergleich mit dem Nagel- und Behsel-Plan])
- Jan Mokre: Joseph Daniel von Huber. Leben und Werk eines österreichischen Militärkartographen des 18. Jahrhunderts. Diplomarb. Univ. Wien. Wien 1990, S. 36–48, 54–69, 125 f. (Kartuschentext)
- Jan Mokre: Über Joseph Daniel von Huber (1730/31–1788) und seine kartographischen Werke unter besonderer Berücksichtigung der perspektivischen Pläne von Prag und Wien. In: Pražský sborník historický 45 (2017), S. 123-172
- Franz Wawrik: Österreich auf alten Karten und Ansichten. Graz: Akademische Druck- und Verlags-Anstalt 1989, S. 344 f.
- Ferdinand Opll: Wien im Bild historischer Karten. Wien/Graz [u.a.]: Böhlau 1983, Tafel 21
- Johannes Dörflinger: Die Österreichische Kartographie im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Bd. 1. 1984, S. 70 ff., S. 89 ff.
- Max Eisler: Historischer Atlas. 1919, S. 28 ff, Taf. XXI ff.
Einzelnachweise
- ↑ Albertina, Inventar-Nummer 37054 bis 37095
- ↑ Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, KPS, GPA Inland C Ia 1, Nr. 54; Huber hat den Plan mit Namen und militärischem Rang oben rechts signiert; vgl. Heike Krause: Die Bildquellen der Neuzeit – Eine Auswahl. In: Sylvia Sakl-Oberthaler [u.a.]: Von der mittelalterlichen Stadtmauer zur neuzeitlichen Festung Wiens. Historisch-archäologische Auswertung der Grabungen in Wien 1, Wipplingerstraße 33-35. Wien: Phoibos-Verlag 2016 (Monographien der Stadtarchäologie Wien, 9), Abb. 106, S. 258 f.
- ↑ Vgl. Manuel Swatek: Ein neu entdeckter Wienplan von Joseph Daniel von Huber. Einblicke in die Werkstatt eines Kartografen. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 74 (2018), S. 205-231, hier 217-219.
- ↑ Vgl. Jan Mokre: Joseph Daniel von Huber. Leben und Werk eines österreichischen Militärkartographen des 18. Jahrhunderts. Diplomarb. Univ. Wien. Wien 1990, 82–87, 127 (Kartuschentext).
- ↑ Österreichische Nationalbibliothek, FKB C.24.1; vgl. Manuel Swatek: Ein neu entdeckter Wienplan von Joseph Daniel von Huber. Einblicke in die Werkstatt eines Kartografen. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 74 (2018), S. 205-231.