Stadtplan, Joseph Anton Nagel (1780/1781)
Übersicht
Der 1770 bis 1773 aufgenommene, 1780/1781 mit Aktualisierungen erschienene Stadtplan von Wien des Hofmathematikers Joseph Anton Nagel war die erste Neuvermessung des verbauten Stadtgebiets seit der Aufnahme durch Leander Anguissola und Jakob Marinoni 1706 (Anguissola-Marinoni-Plan). Der Plan war nicht die Grundlage der fast zeitgleich entstandenen Vogelschau von Joseph Daniel von Huber.
Entstehungsgeschichte
In den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts gab es bereits sehr konkrete Überlegungen zur Auflassung der Stadtbefestigung und zur Verbauung des davor liegenden Glacis (ein Vorhaben, das erst fast hundert Jahre später mit dem Ringstraßenbau verwirklicht wurde). Daher wurde 1767 der Hofmathematiker Nagel mit der Vermessung Wiens innerhalb des Linienwalls und der Anfertigung eines Grundrissplans beauftragt. Die tatsächlichen Arbeiten begannen jedoch erst 1770. Noch im selben Jahr war die Aufnahme der Innenstadt fertig, bis 1773 war die gesamte Arbeit, an der auch die Ingenieure Franz Gruß und Joseph Neußner mitwirkten. 1774 erschien auf Grundlage der Aufnahme ein Plan der Inneren Stadt separat im Maßstab 1:1340 in 4 Blättern. Der gesamte Plan ist repräsentativ und detailreich, die Genauigkeit der Aufnahme blieb allerdings hinter jener der Arbeiten Werner Arnold Steinhausens (1710) und Constantin Johann Walters (1750) zurück. Aus finanziellen Gründen kam die Drucklegung des gesamten Plans erst 1780/1781 zustande (Stecher Georg Baumgartner), wobei die Darstellung der Festungswerke aus militärischen Gründen verändert werden musste, aber einige Aktualisierungen vorgenommen werden konnten. Nagel hat den 1780/1781 neu errichteten Praterstern in die Druckversion aufgenommen[1].
Inhalt
Dieser Stadtplan enthält erstmals auch die neuen Konskriptionsnummern, die 1770 angeordnet wurden und die erste offizielle Häusernummerierung darstellen. In der Innenstadt und in jeder einzelnen Vorstadt wurde mit der Nummer 1 neu begonnen und sodann die Häuser durchlaufend fortgezählt. Ein zweibändiges handschriftliches Häuserverzeichnis, das möglicherweise parallel zur Planerstellung entstanden war, wurde 1779 in modifizierter Form gedruckt, als Autor scheint Franz de Ponty auf, der auch an der Konskription mitgewirkt hatte. Mit diesem Plan liegt daher erstmals eine parzellenscharfe Aufnahme des gesamten Stadtgebiets innerhalb des Linienwalls samt Verzeichnis der Hausbesitzer vor, gewissermaßen ein Vorläufer der späteren Katastralaufnahme. Jedenfalls wurde der Nagelsche Plan für das nächste halbe Jahrhundert die Basis aller folgenden Wien-Pläne.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kartographische Sammlung, Sammelbestand, P1: 5: Druckversion (1780/1781)
- Österreichische Nationalbibliothek, Kartensammlung und Globenmuseum, K I 111937: kolorierter Manuskriptplan (Originalfassung, 1770-1773)
Literatur
- Historischer Atlas von Wien, 13. Lieferung (2010)
- Johanna Schönburg-Hartenstein: Josef Anton Nagel. Ein Direktor des Physikalischen Kabinettes. Wien: VÖAW 1987 (Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse, Band: 482, Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Naturwissenschaften, Band: 45)
- Ferdinand Opll: Wien im Bild historischer Karten. Wien: Böhlau 1983, Taf. 22
- Manuel Swatek: Die neue Prater-Lust. Zur Entstehung des Pratersterns unter Kaiser Joseph II. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 72/73 (2016/2017, erschienen 2018)
Weblinks
Referenzen
- ↑ Das Halbrund des Pratersterns wurde bereits 1782 wegen des Baus der Franzensbrückenstraße um ein sektorförmiges Stück erweitert und verlor so seine regelmäßige Form.