Niederösterreichische Landesregierung
48° 12' 34.87" N, 16° 21' 56.00" E zur Karte im Wien Kulturgut
Niederösterreichische Landesregierung
1) Gebäude
Ursprünglich waren die Dienststellen in verschiedenen Trakten der Hofburg untergebracht; 1850 erfolgte die Übersiedlung ins „Regierungsgebäude" 1., Herrengasse 11 (Landeshauptmannschaft). Nach dem Beschluss 1986, in Niederösterreich eine eigene Landeshauptstadt zu etablieren, übersiedelte die gesamte Landesverwaltung und Landesregierung bis 1996 nach St. Pölten.
2) Institution
In der von Maximilian I. 1493 versuchsweise und 1501 endgültig geschaffenen Behördenorganisation gab es als Mittelinstanz zwischen den Hofbehörden (die für alle habsburgischen Erbländer und das Heilige Römische Reich zuständig waren und in der jeweiligen Residenz des Herrschers amtierten) und den landesfürstlichen Dienststellen in den einzelnen Ländern Beamtenkollegien, denen jeweils eine Gruppe von Erbländern - die „oberösterreichischen" Länder (Tirol, Voralberg, schwäbische Vorlande) und die „niederösterreichischen" Länder (Österreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain) - unterstand und die im Namen des Herrschers die landesfürstlichen Gewalt gegenüber den Landständen der einzelnen Länder geltend machten.
Für die niederösterreichische Ländergruppe waren ein „Regiment" (Verwaltung- und Justizbehörde) und eine Kammer (Finanzbehörde; Niederösterreichische Kammer) zuständig. Das Regiment amtierte 1501-1510 in Linz und 1510-1521 in Wien. Es bestand nach mehreren Reorganisationen ab 1510 aus einem obersten Hauptmann, einem Marschall, einem Kanzler und neun Räten unterschiedlichen Stands und unterschiedlicher Herkunft; alle wurden vom Kaiser ernannt und aus öffentlichen Mitteln besoldet. Der angeblich letztwillige Wunsch Maximilians, das Regiment solle auch nach seinem Tod bis zur Regierungsübernahme durch seinen Nachfolger weiterregieren, sowie verschiedene Unzukömmlichkeiten bewirkten nach dem Tod Maximilians (1519) einen Aufstand der Stände gegen das Regiment, das sich nach Wiener Neustadt zurückzog, und die Wahl landständischer Ausschüsse, die bis zur Herrschaftsübernahme durch Maximilians Nachfolger regieren sollten. Karl V. ließ das bisherige niederösterreichische Regiment fallen, versprach die Bildung eines neuen und setzte einstweilen 1519 ein für alle Erbländer und das Reich zustand, „oberstes Regiment" ein, das die Erbhuldigungen der Länder entgegennahm, worauf sich die ständischen Ausschüsse auflösten. Erzherzog Ferdinand I., der 1521 von seinem Bruder Karl V. die Herrschaft über die Erbländer übernahm, setzte im selben Jahr zur Regierung der niederösterreichischen Ländergruppe einen „Hofrat" (Statthalter, Kanzler, sechs bis neun Räte) mit dem Sitz in Graz ein und hielt 1522 über die Anführer der Rebellion von 1519 Gericht (Wiener Neustädter Blutgericht).
1523 wurde der Hofrat nach Wien verlegt, 1527 wurde an seiner Statt wieder ein Regiment gebildet (das aus Statthalter, Kanzler und 9-13 Räten bestand). Sein regionaler Amtsbereich wurde anlässlich der Aufteilung der Erbländer unter Ferdinands I. Söhnen 1564 auf Österreich unter und ob der Enns beschränkt (Steiermark, Kärnten und Krain wurden als „innerösterreichische" Ländergruppe abgetrennt); 1568 trat ihm ein Klosterrat zur wirtschaftlichen und disziplinären Kontrolle der Ordenshäuser zur Seite, 1620 wurde das Regiment durch einen Vizestatthalter verstärkt. 1638 übernahm es die Agenden des aufgelassenen Klosterrats. 1749 trat an die Stelle des Regiments eine „Niederösterreichischen Regierung in publici" (Präsident, Stellvertreter, 19 Räte), die 1750 in „Niederösterreichischer Repräsentanz und Kammer" umbenannt wurde und der die Justiz entzogen war; sie war ab 1749 nur noch für Österreich unter der Enns zuständig. 1759 wurde diese Behörde durch eine „Niederösterreichische Regierung" (Statthalter, Vizestatthalter, Kanzler, 48 Räte) ersetzt, der die Justiz wieder eingegliedert wurde und die für Österreich unter und ob der Enns zuständig war. Unter Joseph II. wurde 1782 die Justiz neuerlich ausgeklammert; der Leiter der Regierung erhielt den Titel Präsident und fungierte gleichzeitig als Landmarschall (Oberhaupt der niederösterreichischen Landstände); das landständische Verordnetenkollegium wurde der Regierung eingegliedert 1783 schied Österreich ob der Enns endgültig aus der Kompetenz der niederösterreichischen Regierung aus. 1790 stellte Leopold II. die landständische Verfassung wieder her (Rückgliederung des Landmarschallamts und des Verordnetenkollegiums).
1807 wurde die Sachkompetenz der Regierung erweitert; sie bestand ab 1810 aus dem Statthalter und zehn Räten. 1849 erfolgte die Umbenennung in Statthalterei (eine vom Kaiser ernannte Regierungsbehörde). 1852 übernahm der Statthalter den Vorsitzenden in den noch bestehenden landständ(ischen) Gremien (Ausschuss und Verordnetenkollegium). 1853 wurde die Statthalterei verstärkt (Statthalter, Vizestatthalter, 13 Räte). Die Verfassungsänderung von 1861 führte zur Übertragung bestimmter Agenden von der Statthalterei an den vom Niederösterreichischen Landtag gewählten Landesausschuss. Am 5. November 1918 trat an die Stelle der Statthalterei die von der provisorischen Niederösterreichischen Landesversammlung gewählte Landeskommission, die am 14. November 1918 Niederösterreichische Landesregierung benannt wurde (einen Landeshauptmann, drei Stellvertreter, sieben Landesräte [alle vom Niederösterreichischen Landtag gewählt]).
3) Zur weiteren Entwicklung
Niederösterreichischer Landtag.
4) Spitzen der Niederösterreichischen Landesregierung
Oberster Hauptmann
- Wolfgang von Polheim (1501-1512)
- Georg von Rottal (1513-1521)
Statthalter (1749-1758 und 1782-1809: Präsident)
- Pietro Bonomo, Bischof von Triest (1521-1523)
- Sigmund von Dietrichstein (1523-1525)
- Leonhard von Harrach (1525-1527)
- Cyriak von Polheim (1527-1528)
- Georg von Puchheim (1528-1531)
- Christoph Hauber, Bischof von Laibach (1532-1536)
- Trojan von Auersperg (1536-1541)
- Hans von Ungnad (1542-1544)
- Christoph von Eitzing (1544-1547)
- Gabriel Kreuzer, Deutschordenskomtur (1547-1565)
- Joachim von Schönkirchen (1565-1572)
- Oswald von Eitzing (1572-1587)
- Seifrid von Breuner (1587-1591)
- Ruprecht von Stotzingen (1592-1600)
- Wolfgang von Hofkirchen (1600-1601)
- Ernst von Mollard (1601-1608)
- Paul Sixt Trautson Paul Sixtus Graf Trautson (1608-1621)
- Leonhard Helfrich Graf Meggau (1621-1640)
- Georg von Teufel (1640-1642)
- Johann Franz Graf Trautson (1642-1663)
- Konrad Balthasar Graf Starhemberg (1663-1687)
- Johann Quintin Graf Jörger (1687-1705)
- Ferdinand Karl Graf Weltz (1705-1711)
- Sigmund Friedrich Graf Khevenhüller (1711-1742)
- Leopold Johann Graf Windisch-Graetz (1742-1746)
- Johann Ferdinand Graf Kuefstein (1746-1749)
- Adam Philipp Graf Losy von Losymthal (1749-1750)
- Philipp Josef Graf Orsini-Rosenberg (1750-1753)
- Heinrich Wilhelm von Haugwitz (1753-1758)
- Franz Ferdinand Graf Schrattenbach (1759-1770)
- Christian August Graf Seilern-Aspang (1770-1779)
- Joseph Johann Graf Herberstein (1779-1782)
- Johann Anton Graf Pergen (1782-1790)
- Wenzel Graf Sauer von Ankenstein (1790-1795)
- Franz Joseph Graf Saurau (1795-1797)
- Jakob von Wöber zu Hagenberg (1797-1802)
- Joseph Thaddäus Vogt von Sumerau (1802-1804)
- Joseph Karl Graf Dietrichstein (1804-1805)
- Ignaz Karl Graf Chorinsky (1805-1807)
- Ferdinand Graf Bissingen-Nippenburg (1807-1809)
- Franz Joseph Graf Saurau (1810-1814)
- Ignaz Karl Graf Chorinsky (1815-1816)
- Augustin von Reichmann-Hochkirchen (1817-1828)
- Alois Graf Ugarte (1828-1829)
- Franz Graf Klebeisberg (1829-1830)
- Johann Adam von Talatzko-Gestieticz (1830-1848)
- Anton Raimund Graf Lamberg (1848)
- Gustav Ignaz Graf Chorinsky (1849)
- Dr. Joseph Wilhelm von Eminger (1849-1858)
- Karl Fürst Lobkowitz (1858-1860)
- Anton Halbhuber von Festwill (1860-1862)
- Gustav Ignaz Graf Chorinsky (1862-1868)
- Philipp Weber von Ebenhof (1868-1872)
- Dr. Sigmund von Conrad-Eybesfeld (1872-1880)
- Ludwig Possinger von Choborsky (1880-1889)
- Erich Graf Kielmansegg (1889-1895)
- Friedrich Bourguignon (1895)
- Erich Graf Kielmansegg (1895-1911)
- Richard Graf Bienerth-Schmerling (1911-1915)
- Oktavian Regner von Bleyleben (1915-1918)
Landeshauptmann
- Albert Sever (1918-1919)
- Josef Mayer (1919-1922)
- Dr. Karl Buresch (1922-1931)
- Josef Reither (1931-1932)
- Buresch (1932-1933)
- Reither (1933-1938)
- Dr. Roman Jäger (1938-1939)
Gauleiter des Reichsgaus Niederdonau
- Dr. Hugo Jury (1939-1945)
Landeshauptleute
- Dipl.Ing. Leopold Figl (1945)
- Josef Reither (1945-1949)
- Johann Steinböck (1949-1961)
- Dipl.Ing. Leopold Figl (1961-1965)
- DI Eduard Hartmann (1965-1966)
- Andreas Maurer (1966-1981)
- Mag. Siegfried Ludwig (1981-1992)
- Dr. Erwin Pröll (1992-2017)
- Mag.a Johanna Mikl-Leitner (seit 2017)
Literatur
- Albert Starzer: Beiträge zur Geschichte der niederösterreichischen Statthalterei. Die Landeschefs und Räthe dieser Behörde von 1501 bis 1896 mit den Wappen und zahlreichen Lichtdruckbildnissen der Landeschefs. Wien: K.K. Niederösterreichische Statthalterei 1897
- Karl Gutkas: Geschichte des Landes Niederösterreich. St. Pölten / Wien: Verlag Niederösterreichisches Pressehaus 61983
- Ernst C. Hellbling: Österreichische Verfassungs- und. Verwaltungsgeschichte. Ein Lehrbuch für Studierende. Wien: Springer 1956
- Hermann Riepl: Der Landtag in Niederösterreich. Werden, Wesen, Wirken. St. Pölten / Wien: Verlag Niederösterreichisches Pressehaus 1981 (Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich, 60)