Spital
Die Anfänge des Spitalswesens in Wien reichen zumindest in das frühe 13. Jahrhundert zurück. Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Spitäler dienten freilich mehr der materiellen und nicht der medizinischen Versorgung alter und gebrechlicher Personen. Unter Kaiser Joseph II. kam es 1784 mit der Gründung des Allgemeinen Krankenhauses zu einer Trennung von Kranken- und Armenversorgung. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich ein Netz von Spitälern über das gesamte Stadtgebiet, doch erst die Fortschritte der Medizin, ein Kommunalisierungsschub in den 1920er Jahren und der Aufbau des Sozialstaates ab den 1950er Jahren führte zu einem die gesamte städtische Bevölkerung erfassenden Gesundheitswesen, welches in den Wiener Krankenanstalten, nicht zuletzt auch als Forschungsstätten, eine fixe Säule besitzt.
Spitäler in Mittelalter und Früher Neuzeit
Spitäler als Versorgungsanstalten
Die Aufgabe der Spitäler seit dem Mittelalter bestand in der Aufnahme und Versorgung von Armen, Altersschwachen und Pilgern. Sie waren Orte des Übergangs vom Diesseits ins Jenseits. Daher basierten sie zumeist auf frommen Stiftungen und schlossen neben ausreichender Verpflegung geistliche Betreuung und liturgische Bestattung für die Insassen mit ein. Krankenpflege stand hingegen nicht im Vordergrund. Gleichwohl bildete nicht mehr vorhandene Arbeitsfähigkeit aufgrund von körperlichen Gebrechen ein wichtiges Aufnahmekriterium. Zunächst waren es christliche Orden, die zur Aufnahme von Fremden und Pilgern Hospitäler gründeten, in Wien um 1158 das Pilgramhaus, wobei damit auch der Nebeneffekt verbunden war, dass bereits an den Burgfriedensgrenzen oder an den Stadttoren eine Überprüfung des Gesundheitszustands möglich war und damit die in der damaligen Zeit besonders große Gefahr der Einschleppung epidemischer Krankheiten gemindert wurde.
Erste Spitäler
Das Heiligengeistspital
Die früheste Gründung eines Hospitals in Wien war das Heiligengeistspital vor dem Kärntnertor vor dem Jahr 1208 auf Initiative des Kaplans und Leibarztes Herzog Leopolds VI., Meister Gerhard. Dieses konnte sich nach einer kurzen Blüte im 13. Jahrhundert nicht gegen das Bürgerspital behaupten; das Gebäude wurde im Zuge der Türkenbelagerung 1529 zerstört und die Güter fielen an das Bistum Wien.
Das Bürgerspital
Das ebenfalls vor dem Kärntnertor gelegene Bürgerspital wurde zwischen 1253 und 1257 gegründet und war bis ins 17. Jahrhundert die größte Versorgungsanstalt Wiens. Im 15. Jahrhundert beherbergte es etwa 200 Frauen und Männer. Ab 1517 übernahm die medizinische Fakultät die Betreuung der Kranken im Bürgerspital. Nach seiner Zerstörung 1529 übersiedelte es aus der Vorstadt vor dem Kärntnertor in den Bereich zwischen der heutigen Staatsoper und dem Neuen Markt und stellte durch seine weit ausgedehnten Besitzungen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Die Spitalmeister rekrutierten sich aus den Reihen des Stadtrats, wodurch die Bürger über die auf den Spitalsgütern produzierten Nahrungsmittel verfügen konnten. Das Bürgerspital diente der Krankenpflege wie der Altenversorgung und bestand bis ins späte 19. Jahrhundert.
Siechenhäuser
Daneben gab es noch die an den Burgfriedensgrenzen gelegenen Siechenhäuser, so das seit 1298 nachgewiesene St. Johannes in der Siechenals, das 1267 erstmals erwähnte Spital zu St. Marx, St. Job beim Klagbaum mit seinen Satzungen von 1266 und das Siechenhaus zu St. Sebastian, das am Ende des 15. Jahrhunderts zur Betreuung von Studenten eingerichtet wurde.
Frühneuzeitliche Gründungen
Hofspital und Spanisches Spital
Vonseiten des Landesfürsten gingen zwei Gründungen in der Frühen Neuzeit aus, welche für bestimmte Personengruppen, die mit dem Hof in Verbindung standen, konzipiert waren. In der Stadt entstand um 1540 (vornehmlich für Hofbedienstete) das Hofspital (Kaiserspital) neben dem Klostergebäude der Minoriten. 1564 verfügte es über eine Kapazität für 80 Insassen, davon 40 Kranke. 1723 wurde in der Alservorstadt das Spanische Spital für welsche, belgische und spanische Untertanen eingerichtet. Es wurde 1760 mit dem 1748 gegründeten Dreifaltigkeitsspital zum "Unirten Spital" vereinigt.
Berufung von Orden für die Krankenpflege
Im Zuge der Gegenreformation kamen zahlreiche neue Ordensgemeinschaften nach Wien, von denen sich die Barmherzigen Brüder in der Leopoldstadt (1614) und die Elisabethinen in der Vorstadt Landstraße niederließen (1709; Elisabethinenkirche) und der Krankenpflege widmeten. Das Spital der Barmherzigen Brüder galt als Vorzeigespital mit einem Arzt, einem Chirurgen und einer Anstaltsapotheke. 1698 wurde das Israelitische Spital begründet. Am ehesten in seiner Funktionalität einer modernen Krankenanstalt entsprach das nach der Zerstörung von St. Johannes in der Siechenals im Zug der Ersten Osmanischen Belagerung 1529 errichtete Pestlazarett. In Verbindung damit stand auch das Bäckenhäusel, ein vom Bürgerspitalfonds finanziertes Rekonvalenzentenhaus für an Infektionen erkrankte Personen, und der 1657 errichtete Kontumazhof, der später im Garnisonsspital I aufging.
Medikalisierung
Im Lauf der Frühen Neuzeit begann sich das Spitalswesen bis zu einem gewissen Grad dem modernen Krankenhauswesen anzunähern. Dazu gehörte die Medikalisierung kranker Insassen durch Gabe von Kräutern, Pillen, Tränken, die gemäß der damaligen humoralpathologischen Vorstellungen als Abführ- und Brechmitteln dienten. Auch wundärtzlich-chirurgische Hilfe erhielten manche Insassen. Spätestens seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist im Bürgerspital ein eigener Gärtner für den Kräutergarten nachweisbar. Ab dem 18. Jahrhundert nahm auch die Zahl jener Insassen zu, die nach erfolgreicher medizinischer Behandlung aus den Spitälern wieder entlassen wurden. Als symptomatisch kann gelten, dass das 1693 begonnene Großarmenhaus zum Teil Kranke aufnahm.
Das moderne Krankenhauswesen im "langen 19. Jahrhundert"
Gründung des Allgemeinen Krankenhauses
Zu einer grundlegenden Veränderung im Spitalswesen kam es erst unter Kaiser Joseph II. Auf seine Initiative wurden Armen- und Krankenversorgung institutionell völlig getrennt. Das Großarmenhaus wurde von Joseph II. 1784 in das Allgemeine Krankenhaus umgestaltet; räumlich angrenzend eröffnete man 1787 das Garnisonsspital I. Im Jahr 1834 erfuhr das Allgemeine Krankenhaus durch den Zubau dreigeschossiger Flügelbauten eine wesentliche Vergrößerung. Der in räumlicher Nähe angesiedelte "Narrenturm" diente als Irrenanstalt. Dennoch reichten die Kapazitäten aufgrund des demographischen Wachstums zunehmend nicht aus.
Die Vergabe des Öffentlichkeitsrechts
Die bedeutendsten Krankenanstalten hatten den 1784 eingerichteten Krankenanstaltenfonds als Träger und waren staatliche Stiftungsspitäler. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erweiterte sich dann das Netz der Wiener Krankenanstalten vor allem durch den Bau von "Fondsspitälern" in den Vorstädten und Vororten erheblich. Ein Erlass des Innenministeriums vom 4. April 1856 ermöglichte es, jedes Spital als "öffentlich" durch die Niederösterreichische Statthalterei anzuerkennen, wenn es für Krankenpflege ohne Einschränkung des Heimatrechts oder anderer Einschränkungen ohne Verpflegsgebühren zur Verfügung stand. Kostenersätze erhielten diese Spitäler aus den Landesfonds. In den Vorstädten entstanden daraufhin neben den bestehenden beiden Klosterspitälern und dem Hartmannspital (4. Bezirk; 1857) das Wiedner Krankenhaus (4. Bezirk; 1842) sowie später die Krankenanstalt Rudolfstiftung (3. Bezirk; 1865) und das Sophienspital (7. Bezirk; 1881). In der Vorortezone machte das Bezirkskrankenhaus Sechshaus (15. Bezirk; 1857) den Anfang. Weitere Gründungen waren das Stefaniespital und das Rochusspital.
Ausbau des Krankenanstaltennetzes
Neue Standorte in den Vororten
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Kapazitäten der vorhandenen Krankenanstalten immer mehr erschöpft. Wien verzeichnete unter den europäischen Großtstädten eine der geringsten Spitalsbetten pro Kopf, nur halb so viele wie in Paris. Der nun einsetzende Ausbau des Krankenanstaltennetzes konzentrierte sich vor allem auf Standorte in den 1890 eingemeindeten Vororten, so das (aus dem 1857 eröffneten Bezirkskrankenhaus Sechshaus hervorgegangene) Kaiserin-Elisabeth-Spital (15. Bezirk; 1890), das Kaiser-Franz-Joseph-Spital (10. Bezirk; 1891) und das Wilhelminenspital (16. Bezirk; 1891). Auch die am Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof (14. Bezirk; 1905-1907) und das städtische Krankenhaus Lainz (13. Bezirk; 1908-1913) erhielten Standorte an der städtischen Peripherie. Das gilt auch für das ehemalige Erzherzog-Rainer-Militärspital (14. Bezirk; 1914/1915), welches seit 1945 die Wiener Gebietskrankenkasse als Hanusch-Krankenhaus führt. Für diese Standorte sprachen die günstigen Grundstückspreise und die geringe Infektionsgefahr für die übrige Bevölkerung. Auch verstärkte sich der Trend zu Krankenhausgroßbauten.
Der Krankenhausfonds
Die Initiative zum Ausbau ging primär vom Staat aus. 1891 bestanden insgesamt acht Fondskrankenhäuser, 1918 zwölf. Die Deckung des Betriebsabganges erfolgte in erster Linie durch von der Stadt Wien eingehobene Verlassenschaftsgebühren, daneben durch dem Fonds zugewiesene Schenkungen und Erbschaften. Eine Ausnahme bildeten die Universitätskliniken im Allgemeinen Krankenhaus, deren Mehrausgaben durch die staatliche Unterrichtsverwaltung bestritten wurden. 1907 wurde die Allgemeine Poliklinik den Fondsspitälern angegliedert. Der Krankenanstaltenfonds finanzierte aber auch zum Teil die privaten Kinderspitäler.[1] Nach der durch die Hyperinflation ausgelösten Entwertung des Kapitals des Krankenanstaltenfonds ging dieser 1920 provisorisch, ab 1924 endgültig in die Verwaltung des Bundesministeriums für Soziales über.
Privatspitäler mit Öffentlichkeitsrecht
An privaten allgemein zugänglichen Spitälern traten zu den "Barmherzigen Brüdern" und dem Hartmannspital vor allem das 1882 eröffnete Rudolfinerhaus, welches als Ausbildungsstätte für die Pflege im Spital große Bedeutung erlangte, und die 1871 von zwölf Dozenten der Universität gegründete Allgemeine Poliklinik als Ausbildungsstätte für Ärzte. Weitere Privatspitäler für bestimmte Bevölkerungs- und Berufsgruppen waren das Spital der Israelitischen Kultusgemeinde, das Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft und das Frauenhospiz des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen. Das 1905 eröffnete Sanatorium Hera diente in weiterer Folge zur Behandlung Versicherter bei der Krankenfürsorgeanstalt der Stadt Wien.
Zunehmende Spezialisierung der Medizin
Mit der Auffächerung der medizinischen Fächer im Zuge der Erkenntnisse der Ersten Wiener Medizinische Schule kam es am Allgemeinen Krankenhaus zu einer Gliederung in eine Medizinische, Chirurgische, Geburtshilflich-gynäkologische Klinik und eine Klinik für Augenheilkunde, Pathologie sowie Psychiatrie und Neurologie. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte die neue Richtung der Zellpathologie das medizinische Denken. Die Zweite Wiener Medizinische Schule griff diese Entwicklung eigenständig auf. Nun fächerten sich die Medizinischen und Chirurgischen Kliniken auf und es entstanden auch Klinken oder zumindest Abteilungen für Dermatologie, Laryngologie, Urologie, Kinderheilkunde und Zahnheilkunde in den Wiener Krankenanstalten. Auf die Spezialisierung innerhalb der Medizin ging auch die Gründung der Allgemeinen Poliklinik zurück.
Kinderkrankenhäuser
Eine besondere Entwicklung nahm angesichts der hohen Säuglings- und Kindersterblichkeit die Pädiatrie. Zu den Kinderspitälern zählten das St.-Anna-Kinderspital, das erste 1837 von Ludwig Wilhelm Mauthner gegründete derartige Mauthnersche Kinderspital , das St.-Josef-Kinderspital, das Leopoldstädter Kinderspital, das Kronprinz-Rudolf-Kinderspital, das Lebenswarthsche homöopathische Kinderspital, das Preyersches Kinderspital, das Karolinen-Kinderspital, das Mautner Markhofsche Kinderspital und die Kinderklinik Glanzing, die ursprünglich als "Reichsanstalt für Mutter- und Säuglingsfürsorge" 1915 ihren Betrieb aufnahm. Im Jahr 1918 verfügten die Kinderspitäler über eine Aufnahmekazität von rund 1.500 Betten. Ein Drittel ging davon auf das Konto privater Kinderspitäler, etwa zwei Drittel auf die KInderabteilungen des Kaiser-Franz-Joseph-Spitals und des Wilhelminenspitals sowie der Allgemeinen Poliklinik. Die Kinderspitäler dienten primär der Behandlung von Infektionskrankheiten.
Nervenheilanstalten
Im Bereich der Behandlung von Nervenkranken kam es schon 1853 zur organisatorischen Loslösung der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt aus dem Allgemeinen Krankenhaus. Sie wurde ab 1907 als Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof weitergeführt und nach der Trennung von Wien und Niederösterreich 1922 von der Gemeinde Wien übernommen. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstanden zahlreiche private Nervenheilanstalten, unter anderem in Hietzing, Inzersdorf, Lainz und Hacking. Die bedeutenste private Gründung war die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke in Wien welche das Neurologische Krankenhaus Rosenhügel und das Neurologische Krankenhaus Maria-Theresien-Schlössel betrieb.
Orthopädische Heilanstalten
Auf die Ausnahmesituation des Ersten Weltkriegs ging die Gründung des ersten Orthopädischen Spitals im Jahr 1915 im 5. Bezirk, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Orthopädisches Spital Speising nach Speising übersiedelt wurde. Hinter der Gründung stand der Arzt Hans Spitzy.
Kommunalisierung
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrieb die Stadt Wien keine Krankenanstalt. Erst mit dem Krankenhaus Lainz, welches 1913 in Betrieb ging, begann die Ära der kommunalen Krankenanstalten. Im Zuge der Neuregelung des Krankenanstaltenwesens durch das Krankenanstaltengesetz 1920 vergrößerte sich nach und nach der kommunale Wirkungsbereich im Krankenanstaltenwesen. In städtischer Verwaltung waren neben dem Krankhaus Lainz nun auch im Laufe der frühen 1920er-Jahre die angegliederten Kinderspitäler wie ab 1923 das Karolinen-Kinderspital, das Leopoldstädter Kinderspital, das Mautner Markhofsche Kinderspital und ab 1924 auch das Brigittaspital als Entbindungsstation. Dazu kam die Niederösterreichische Landes Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof, die Lungenheilstätten und die Spitalsabteilungen der Versorgungshäuser.
20. und 21. Jahrhundert
NS-Zeit
Enteignungen, Arisierungen und "Einweisung" in das Eigentum der Stadt Wien
Zu einer weiteren, mit Arisierungen verbundenen Kommunalisierungswelle kam es nach dem "Anschluss". 1939 ging insbesondere das Allgemeine Krankenhaus in städtische Verwaltung über, ebenso alle weiteren Fondsspitäler. Auch das Preyersche Kinderspital ging in diesem Jahr in kommunalen Besitz über und wurde später mit dem Franz-Josef-Spital organisatorisch vereint. Ebenso kommunalisiert wurde die 1924-1926 von der Wiener Kaufmannschaft errichtete Frauenklinik Gersthof. Sie wurde aufgrund des Geburtenrückganges 1971 in ein das Orthopädische Krankenhaus der Stadt Wien Gersthof umgewandelt. Arisiert wurden auch Privatspitäler wie das S. Canning Childs-Spital, das im Jänner 1941 von der Stadt Wien an die Wiener Privatklinik Ges.m.b.H verkauft wurde, deren Gesellschafter Dr. Koloman Haslinger "Alter Kämpfer" der NSDAP war.
NS-Medizin als Erb- und Rassenhygiene
Während der Aufstieg der Sozialmedizin nach 1900 weitere medizinische Institutionen wie zum Beispiel Tuberkulosefürsorgestellen oder aber auch Tuberkuloseabteilungen in den Krankenanstalten beförderte, stellte nach dem "Anschluss" die NS-Medizin die Gesundheitspolitik in den Dienst der nationalsozialistischen Erb- und Rassenhygiene. Besonders betroffen waren vom NS-Regime diskriminierte rassisch und poltisch Verfolgte, sowie zahlreiche als "erbkrank" und beispielsweise aufgrund von Behinderungen als "lebensunwert" eingestufte Patientinnen und Patienten, die in Nervenheilanstalten wie Am Steinhof und Am Spiegelgrund der Euthanasie zum Opfer fielen.
Nachkriegszeit
Die bedeutendsten Neubauten seit dem Zweiten Weltkrieg waren das Floridsdorfer Krankenhaus (Eröffnung 1959), das Sozialmedizinische Zentrum Ost (Eröffnung 1992), das Neue Allgemeine Krankenhaus (Eröffnung 1994) und das Krankenhaus Nord (Eröffnung 2019). Die Planungen für das Neue Allgemeine Krankenhaus gingen in die frühen 1960er Jahre zurück. Der Grundgedanke war die Schaffung eines zentralen Universitätsklinikums. Seit seiner Eröffnung 1994 erwarb sich das Neue Allgemeine Krankenhaus einen internationalen Ruf als Krankenanstalt und Forschungsstätte.
Moderne Entwicklungen
Fusionierungen
In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts geriet das Krankenanstaltenwesen angesichts steigender Lebenserwartung, rasanten medizinisch-technologischen Fortschritts, laufenden Ausbaues des Leistungsspektrums und weiterer Ausdifferenzierung des medizinischen Angebots unter steigenden Kostendruck. Da die stationäre Versorgung einen immer größer werdenden Teil der Gesundheitsbudgets band, kam es zum verstärkten Einsatz betriebswirtschaftlicher Werkzeuge und in deren Folge zu größeren organisatorischen Umgestaltungen. Diese führten zuletzt vor allem zu dem Versuch der Konzentration und Bündelung von Einheiten und zu manchen Fusionierungen.
Neuorganisation
2020 wurde im Rahmen einer Organisationsänderung auch eine Neubennung der Wiener kommunalen Krankenanstalten vorgenommen. Die nunmehr als "Kliniken" bezeichneten Krankenanstalten erhielten jeweils neue Namen nach dem Standortbezirk:
- Klinik Landstraße (vormals Rudolfstiftung)
- Klinik Favoriten (vormals Kaiser-Franz-Josef-Spital)
- Klinik Hietzing (vormals Krankenhaus Lainz)
- Klinik Penzing (vormals Otto-Wagner-Spital)
- Klinik Ottakring (vormals Wilhelminenspital)
- Klinik Floridsdorf (vormals Krankenhaus Nord)
- Klinik Donaustadt (vormals SMZ-Ost)
Siehe auch: Gesundheitswesen, Sozialwesen
Institutionen des Gesundheitswesens in Wien
- Noch bestehende Spitäler, Heil- und Pflegeanstalten
- Nicht mehr bestehende Spitäler, Heil- und Pflegeanstalten
Literatur
- Waltraud Berkmeier: Gründungsgeschichte der zur Regierungszeit Kaiser Franz Joseph I. in Wien eingerichteten Krankenanstalten. Diss. Univ. Wien, Wien 1979
- Bernhard Grois: Das Allgemeine Krankenhaus in Wien und seine Geschichte. Wien: Maudrich 1965
- Monika Keplinger: Die "Neuen Kliniken" des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (1904-1923). Fragment einer Krankenstadt (Enzyklopädie des Wiener Wissens 21), Weitra: Verlag der Provinz 2014
- Erna Lesky: Meilensteine der Wiener Medizin. Große Ärzte Österreichs in drei Jahrhunderten. Wien/München/Bern: Wilhelm Maudrich 1981
- Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert (Studien zur Geschichte der Universität Wien 6). Wien/Graz/Köln: Böhlau 1965
- Othmar Pickl [Hg.]: Österreichisches Städtebuch. Band 7: Die Stadt Wien. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999, S. 270
- Andrea Praschinger: Wiener Krankenanstalten ab 1900. Kontinuität und Wandel bei der stationären medizinischen Versorgung (Medizingeschichte 4), Wien/Berlin: LIT-Verlag 2008-
- Martin Scheutz/Alfred Stefan Weiss: Spital als Lebensform, Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit. Editionsteil (Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 15/2, Wien: Böhlau 2015
- Martin Scheutz/Alfred Stefan Weiss: Das Spital in der Frühen Neuzeit. Eine Spitallandschaft in Zentraleuropa (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 64), Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2020
- Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2007
Einzelnachweise
- ↑ Waltraud Berkmeier: Gründungsgeschichte der zur Regierungszeit Kaiser Franz Joseph I. in Wien eingerichteten Krankenanstalten. Diss. Univ. Wien, Wien 1979, S. 19 f.