Judenplatz
48° 12' 41.65" N, 16° 22' 10.60" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Judenplatz (1.) bildete unter dem Namen "Schulhof" (erstmals erwähnt 1294) bis 1421 den Mittelpunkt der damaligen Judenstadt. Hier befanden sich das Judenspital (Nummer 10), die (namengebende) Judenschule (Synagoge; freistehendes Gebäude an der Nordwest-Ecke des Judenplatzes zwischen der späteren Jordan- und Kurrentgasse, 1421 abgebrochen; das Baumaterial fand bei der Errichtung der alten Universität Verwendung), die Badestube und das Haus des Rabbiners. Der vergrößerte Platz wurde für den Verkauf von verschiedenen Waren, unter anderem Holzwaren, verwendet. Ab 1423 wird der Judenplatz als "Neuer Platz in der Judengassen" bezeichnet, ab 1437 als Judenplatz (doch blieb der Name Schulhof daneben bis 1547 in Gebrauch).
Vom letzten Drittel des 17. Jahrhunderts bis 1716 gab es Spektakel- und Seiltänzerhütten auf dem Judenplatz. 1683 hatte die Kompanie des Ambrosius Frankh am Judenplatz ihren Versammlungsort.
Am 13. März 1848 fand auf dem Judenplatz ein Handgemenge zwischen Studenten und Militär statt.
Gebäude
- Nummer 1: Jordangasse.
- Nummer 2: Wohnhaus "Zum großen Jordan" (15. Jahrhundert; einziges vollständig erhaltenes spätgotisches Bürgerhaus Wiens). Relief zur Erinnerung an die Vernichtung der Wiener Judengemeinde 1421 (Geserah) mit antisemitischer lateinischer Inschrifttafel.
- Nummer 3-4: Genossenschaftshaus der Gastwirte, erbaut von Ludwig Schöne; Gedenktafel (1929) zur Erinnerung an die Wohnung Mozarts im Haus Conskriptionsnummer 244 (1783).
- Nummer 6: Patzelthof.
- Nummer 7: Wohnhaus "Zur kleinen Dreifaltigkeit", erbaut Ende 18. Jahrhundert, gut proportionierte Fassade, im Hof Arkaden.
- Nummer 8: Misrachihaus, erbaut 1682 (Fassade mit schlichtem Portal und typischen Putzfeldern, erste Hälfte 18. Jahrhundert), mit Dependance des Jüdischen Museums.
- Nummer 10: (Fütterergasse 1, Wipplingerstraße 9): Haus der Genossenschaft der bürgerlichen Schneider, erbaut 1837/1838 von Ignaz Ram (im Giebel Innungszeichen mit Schere); ursprünglich standen hier drei Häuser, von denen eines bereits 1684 "Der bürgerlichen Schneider Zech- und Herbergshaus" war.
- Nummer 11: (Wipplingerstraße 7): ehemalige Böhmische Hofkanzlei, Sitz des Verwaltungsgerichtshofs, 1946-2012 auch des Verfassungsgerichtshofs.
Auf dem Judenplatz stehen das Holocaust-Mahnmal und das Lessingdenkmal.
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: Pfarre Am Hof
- ab 1908: Pfarre St. Peter
Videos
- Römermuseum: Ausstellung, Funde vom Judenplatz (2009)
- Römische Kasernengebäude (Spuren: Wildpretmarkt, Am Hof, Judenplatz, etc.)
Quellen
Literatur
- Max Aschinger: Häuser aus dem alten Wien. 1928, S. 9 ff.
- Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 88
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 463
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 438-440
- Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 65
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 501 ff.
- Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 283
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 57 f.
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22*BKF l), S. 99 f.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 85 f.
- Ignaz Schwarz: Das Wiener Ghetto, seine Häuser und seine Bewohner. 1909, S. 28 ff.
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 60 f.