Leopoldstadt (Vorstadt)

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Die Vorstädte Leopoldstadt und Jägerzeile mit ihren Siegelbildern (1734)
Daten zum Objekt
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48° 12' 56.38" N, 16° 22' 47.89" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Leopoldstadt am historischen Stadtplan von 1812, Leopoldstadt (VI, Fläche der Vorstadt in rosa)
Allegorie der Vorstadt Leopoldstadt von der Fassade des Rathauses von Alexander Mailler. Fotografie, 1881
Die Fläche der Vorstadt Leopoldstadt ist am Stadtplan von Anton Behsel in rosa Farbe gekennzeichnet, 1822.
Giebelschmuck des Leopoldstädter Gemeindehauses, errichtet 1824/1825, mit dem Wappen der Vorstadt Leopoldstadt (Heiliger Leopold)

Leopoldstadt (2.), Vorstadt, die sich auf einer Gruppe von Inseln in der unregulierten Donau nordöstlich der Stadt mit ihren Au- und Heidegebieten entwickelte und 1850 mit angrenzenden Orten und Ortsteilen als zweiter Bezirk nach Wien eingemeindet wurde (Leopoldstadt).

Eine Besiedlung lässt sich in diesem Gebiet seit etwa 1300 nachweisen. Die Verbindung zur Stadt stellte die Schlagbrücke (Schwedenbrücke) her, jene nach Norden ab 1439 eine mehrteilige hölzerne Jochbrücke über die Donau in der Brigittenau (welche ältere Überfuhren ersetzte). Durch die Taborstraße und ab 1698 über eine neu errichtete Brücke beim Tabor wurde der Handelsverkehr nach Brünn und Prag abgewickelt; an der Straße entstanden daher zahlreiche Einkehrgasthöfe. Bis etwa 1450 war die sich zwischen Holland- und Praterstraße ausdehnende große Insel bis zur Kleinen Sperlgasse und Schmelzgasse verbaut, 1453-1468 griff die Besiedlung über den dort verlaufenden "Graben" hinaus und erreichte bis 1580 die Linie Große Pfarrgasse-Rotensterngasse, seitlich begrenzt von Leopolds- und Zirkusgasse. Die Hauptinsel auf dem Areal der nachmaligen Leopoldstadt hieß 1354-1419 Werd gegenüber dem Roten Turm, 1418 und 1463 Niederer Werd und später Unterer Werd.

Um 1600 trockneten einige Nebenarme der Donau aus. 1614 stellte Kaiser Matthias den Barmherzigen Brüdern Bauareale zur Verfügung, im selben Jahr begann er mit dem Bau eines Jagdschlösschens im Augarten. Ferdinand II. berief 1623 auch die Karmeliten und wies 1625 den Juden ein Ghetto an, aus dem sie allerdings Leopold I. 1670 gewaltsam vertrieb (an der Stelle der Neuen Synagoge entstand die Leopoldskirche); seither trägt die Vorstadt zu Ehren des Kaisers den Namen nach dem Landes- und Namenspatron Leopold. Damals erteilte der Kaiser auch ein Privileg für das neue Zucht- und Arbeitshaus; das Gebäude des obersten Schiffamts wurde errichtet, allerorten begann rege Bautätigkeit. 1676 wurde das Spital der Barmherzigen Brüder wesentlich erweitert. Zahlreiche Adelige bauten sich in der Leopoldstadt ihre Sommerpalais. 1721-1723 wurde die Leopoldstädter Kaserne erbaut; 1734 bestanden Paläste der Freiherren Wallhorn und Strobel, der Grafen Öttingen, Colloredo und Rosenberg sowie des Kardinals Kollonitsch.

Vom 4.-6. März 1744 erlebte die Leopoldstadt eine verheerende Überschwemmung. 1766 öffnete Joseph II. dem Publikum den Prater und 1775 den Augarten, in dem er selbst logierte. Die im Zuge der Klosteraufhebungen von Joseph II. verfügte Verkleinerung der Klostergärten führte zur Umgestaltung des Karmeliterviertels. Joseph II. ließ die Vorstadt 1782 durch die Augartenbrücke und die Franzensbrücke mit dem restlichen Stadtgebiet verbinden. Der 1780/1782 angelegte Praterstern mit seinen Radialstraßen prägt bis heute den Grundriss des Bezirkes. 1781 wurde das Leopoldstädter Theater eröffnet (später Carltheater), im Vormärz folgte eine Reihe von Vergnügungsetablissements (1807 Sperl, 1834 das Kolosseum, 1845 das Odeon). Am 4. Oktober 1824 wurde der Grundstein zum Gemeindehaus gelegt, am 4. Oktober 1826 der zum Armenversorgungshaus. 1830 und 1862 wurde die Leopoldstadt neuerlich von katastrophalen Überschwemmungen heimgesucht. Die Eisenbahn schuf mit den Anlagen Nord- und Nordwestbahn Barrieren, die bis heute städtebauliche Probleme aufwerfen.

Siegel

Die Vorstadt Leopoldstadt führte ein Grundgerichtssiegel, dass den Markgrafen Leopold den Heiligen als ganze Figur in Rüstung und mit Mantel zeigt, auf zwei Abdrücken mit Hermelinmantel und Schwert, auf drei Abdrücken auf einem Rasen (Boden) stehend, das Haupt mit dem Fürstenhut bedeckt, auf der rechten Hand das Modell einer Kirche, mit der linken eine Fahne haltend, auf der Fahne fünf Adler (Altösterreich). Umschriften: a) GERICHTS · INSIGEL · DER · WIENERISCHEN · LEOPOLDSTADT b) wie a), doch ohne die Trennungspunkte; c) · GERICHTS INSIGEL DER WIENERISCHEN LEOPOLDSTADT, im Siegelgrunde rechts die Ziffer 18, links 15 [1815]; d) wie c), doch mit ¤ [Rosette] und der Jahreszahl 1824.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Leopoldstadt.

Ortsobrigkeit

Ortsrichter

Liste ab 1590 in:

  • Hans Rotter / Adolf Schmieger: Das Ghetto in der Wiener Leopoldstadt. Wien: Burgverlag 1926, S. 42

Statistiken

Häuser

Hinweis: 1600: Wert geschätzt

Einwohner

Häusernummerierungen

In der Vorstadt Leopoldstadt wurden 1770 im Zuge der Häusernummerierung zum ersten Mal Konskriptionsnummern vergeben. In den Jahren 1795 und 1819 erfolgte jeweils eine Neunummerierung. Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen und Plänen, auf denen die Konskriptionsnummern der entsprechenden Phase eingetragen sind, sind chronologisch geordnet.

Nummerierung 1770

Plan

Nummerierung 1795

Plan

Nummerierung 1819

Pläne

Quellen

Pläne

Literatur

Bevölkerungsgeschichte

  • Ignaz de Luca: Topographie von Wien. Bd. 1, Wien: Thad. Schmidbauer 1794, S. 61
  • Ignaz de Luca: Statistische Fragmente. Wien: C.P. Rehm 1797, S. 50
  • Johann Karl: Detaillirte Darstellung der Bevölkerung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien und der Vorstädte ... nach der letzten Conscription im Jahre 1840
  • Niederösterreichische Handels- und Gewerbekammer (Hg.), Statistische Übersicht der wichtigsten Produktionszweige in Österreich unter der Enns. Wien: L. Sommer 1855
  • G.A. Schimmer: Die Bevölkerung von Wien. In: Blätter für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1865), S. 14, 26