Leopold III. der Heilige
Leopold III. der Heilige, * um 1075 (1073?) Melk (?), † 15. November 1136 (Jagdunfall; Grab in der Leopoldskapelle des Augustiner-Chorherrenstifts Klosterneuburg), Babenberger, Markgraf von Österreich (1095-1136), Sohn Markgraf Leopolds II. und dessen Gattin Itha, erste Gattin vermutlich aus der Familie von Perg-Machland, zweite Gattin Agnes († 1143; Tochter Kaiser Heinrichs IV., Schwester Kaiser Heinrichs V., Witwe. Herzog Friedrichs I. von Schwaben [durch diese Ehe wurden die Babenberger direkt mit dem staufischen Kaiserhaus verwandt]; Eheschließung am 7. August. 1106 nach Heinrichs IV. Tod; Mutter des Stauferkönigs Konrads III.).
Er folgte seinem Vater 1095 als Markgraf. Im Investiturstreit verhielt sich Leopold zunächst neutral (einerseits Rückstellung verschiedener Güter an die Kirche, andererseits Loyalität zu Heinrich IV.); erst im Oktober 1105 trat er zum rebellierenden Kaisersohn (nachmals Kaiser Heinrich V.) über, der ihm dafür die Hand seiner Schwester Agnes versprach. Durch die Heirat (1106) stieg Leopolds Ansehen; außerdem mehrte sich sein Besitz in Österreich aus vormaligem Reichsgut und aus Gütern ausgestorbener hochadeliger Familien. Leopold residierte ab 1106 in Klosterneuburg, förderte das dortige Stift (gegründet 1106 als Kollegiatstift, 1113 reich mit Gütern beschenkt, 1114-1136 Bau einer neuen großen Kirche, 1133 Übergabe an Augustiner-Chorherren) und erweiterte die Stadt (Klosterneuburg). 1122 wirkte Leopold am Abschluss des Wormser Konkordats mit, das den Investiturstreit beendete. 1125 schlug er die ihm nach Heinrichs V. Tod angebotene Krone des Heiligen Römischen Reichs aus, 1133 gründete er das Zisterzienserkloster Heiligenkreuz, 1135 verzichtete er zugunsten des Bischofs von Passau auf 13 Österreichische Pfarren (den Verzicht auf die Pfarrhoheit über Wien vollzog erst 1137 sein Sohn Leopold IV.); 1136 erneuerte er die Stiftung des Benediktinerklosters Kleinmariazell, welches zuerst von Heinrich und Rapoto von Schwarzenburg-Nöstach gegründet worden war. Von seinen Söhnen aus zweiter Ehe wurden Leopold IV. (1137-1141) und Heinrich II. (1141-1177) seine Nachfolger als Landesfürsten Österreichs, Otto wurde Abt von Morimond (1138), Bischof von Freising (1138-1158), war zudem einer der bedeutendsten mittelalterlichen Historiographen (Chronica sive Historia de duabus civitatibus; Gesta Friderici Imperatoris) und Konrad Bischof von Passau (1148-1164) beziehungsweise Erzbischof von Salzburg (1164-1168). In den letzten Lebensjahren Leopolds gelangte Wien unter die unmittelbare Herrschaft der Babenberger und wurde damit landesfürstliche Stadt.
In der Nachwelt lebte Leopold als "der Fromme" (so schon um 1180) weiter; ein Kult an seinem Grab bestand bereits 1194, Gebetserhörungen an seinem Grab werden ab 1323 verzeichnet. Eine Heiligsprechung strebte schon Rudolf IV. an (1358), beantragt wurde sie erst auf Wunsch Friedrichs III. (Beschluss des Landtags Österreichs unter der Enns 1461). Das umständliche und mehrmals unterbrochene Verfahren in Rom kam erst mit der Kanonisation am 6. Jänner 1485 zum Abschluss. In Wien und Klosterneuburg wurde Leopold erstmals am 4. Mai 1486 in Gottesdiensten gefeiert; am 17. Mai 1486 beteiligte sich der Wiener Rat an einer Wallfahrt zu seinem Grab. Aus Anlass der Heiligsprechung ließ das Stift Klosterneuburg mehrere Kunstwerke herstellen (so um 1490 die von Ladislaus Sunthaym verfasste Babenberger-Genealogie [Sunthaymertafeln] und den von Hans Part unter anderem 1489-1492 gemalten Babenbergerstammbaum). Das Muster eines aus dem 13. Jahrhundert stammenden, in Klosterneuburg verwahrten Ornats, den man für den Mantel Leopolds hielt, war Vorbild für das von Rudolf IV. geschaffene Fünf-Adler- (oder Lerchen-)Wappen von "Alt-Österreich" (Gegenstück zum Bindenschild "Neu Österreich", siehe Herzogtum Österreich), dem späteren niederösterreichischen Landeswappen. Die sogenannte Schleierlegende (Leopold habe das Stift Klosterneuburg am Fundort des Schleiers seiner Gattin, der ihr vom Wind entrissen worden sei, gegründet) wurde erst 1371 niedergeschrieben. Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt der Leopoldkult neuerlich Auftrieb (Wallfahrten des Kaiserhauses). Seit 1663 ist Leopold Landespatron von Niederösterreich, Oberösterreich und Wien. Reliquiar im Dom-und Diözesanmuseum (um 1480).
Literatur
- Siegfried Wintermayr [Hg.]: St. Leopold. Festschrift des Augustiner-Chorherrenstiftes Klosterneuburg zur 800jährigen Gedenkfeier des Todes des Heiligen. Klosterneuburg: Augustinus-Druckerei 1936
- Vinzenz Oskar Ludwig: Der heilige Leopold. Innsbruck / Wien: Tyrolia 1936
- Karl Lechner: Die Babenberger in Österreich. Wien: Bindenschild-Verlag 1947 (Der Bindenschild. Darstellungen aus dem Kultur- und Geistesleben Österreichs, 6)
- Karl Lechner: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976 - 1246. Wien / Graz [u.a.]: Böhlau 1976 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 23), S. 118 ff.
- Floridus Röhrig: Der heilige Leopold. Landesfürst und Staatssymbol. Stift Klosterneuburg, 30. März - 3. November 1985. Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abt. III/2 - Kulturabteilung 1985 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 155)
- Floridus Röhrig: Zum Ursprung des Fünf-Adler-Wappens. In: Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg 12 (1963), S. 63 ff.
- Richard Perger: Thomas List - ein Wegbereiter der Heiligsprechung St. Leopolds. In: Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg, Neue Folge 13 (1986), S. 7 ff.
- Karl Gutkas / Floridus Röhrig: Die Heiligsprechung Markgraf Leopolds III. In: Erich Zöllner: Niederösterreichische Jubiläumsausstellung 1000 Jahre Babenberger in Österreich. Stift Lilienfeld, 15. Mai - 31. Oktober 1976. Wien : Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 1976 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 66), S. 659 ff.
- Georg Wacha: Das Nachleben Leopolds III. In: Erich Zöllner: Niederösterreichische Jubiläumsausstellung 1000 Jahre Babenberger in Österreich. Stift Lilienfeld, 15. Mai - 31. Oktober 1976. Wien : Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 1976 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 66), S. 670 ff.
- Georg Wacha: Leopold III. in der Renaissance- und Barockzeit. In: Erich Zöllner: Niederösterreichische Jubiläumsausstellung 1000 Jahre Babenberger in Österreich. Stift Lilienfeld, 15. Mai - 31. Oktober 1976. Wien : Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 1976 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 66), S. 670 ff.
- Georg Wacha: Leopold III., der Heilige. Ein Symbol in Österreichs Geschichte. St. Pölten / Wien: Verlag Niederösterreichisches Pressehaus 1975 (Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich, 12)
- Hugo Hantsch: Gestalter der Geschicke Österreichs. Innsbruck / Wien / München: Tyrolia 1962 (Studien der Wiener Katholischen Akademie, 2), S. 25 ff.
- Erwin Heinzel: Lexikon historischer Ereignisse und Personen in Kunst, Literatur und Musik. Wien: Hollink 1956, S. 422
- Otto Wimmer: Handbuch der Namen und Heiligen. Innsbruck: Tyrolia-Verlag 1966, S. 341
- Heide Dienst: Agnes - Herzogin, Markgräfin, Ehefrau und Mutter. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1985
- Fritz Eheim: Zur Geschichte der Beinamen der Babenberger. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 26 (1955), S. 153 ff.
- Ferdinand Opll: St. Leopold im corvinischen Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 40 (1985), S. 59 ff.
- Georg Wacha: Leopold der Heilige und Klosterneuburg vom 12. bis zum 20. Jahrhundert : mit historischer Ikonographie und kritischer Bibliographie. Diss. Univ. Wien. Wien 1949
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 37, 43 f., 372
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 465