Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
48° 12' 56.43" N, 16° 22' 55.20" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder (2., Johannes-von-Gott-Platz 1; ursprünglich [1883-1884] 2., Große Mohrengasse 9, Erweiterungsbau [1903-1905] Nummer 11-13) wurde 1614 gegründet. Es ist das größte und älteste Ordensspital in Wien.
1614 berief Kaiser Matthias auf Veranlassung von Karl von Liechtenstein den Orden der Barmherzigen Brüder nach Wien. Frater Gabriele Ferrard errichtete im Kloster des Ordens ein Spital, das auch heute zu den bedeutenden Krankenhäusern der Stadt zählt. 1624 bekam das Spital den Stiftsbrief von Ferdinand II. Dem Kloster ist seit Anbeginn ein Spital angeschlossen, das sich im Lauf der Jahrhunderte zu einem weltstädtischen Krankenhaus entwickelte. Das Alte Spital wendet seine bedeutende Fassade der Taborstraße zu (Risalit mit großer Pilasterordnung, zwei Nischen mit Steinfiguren des heiligen Johannes von Gott und der heiligen Elisabeth, Aufsatz mit Giebel und Nischenfigur Mariens, auf den Voluten Steinfiguren der Erzengel Raphael und Michael). Es wurde 1828 und 1838 erweitert und nahm 1848 zahlreiche Verwundete auf. Das Neue Spital (2, Große Mohrengasse 9) wurde 1883-1885 nach Plänen von Carl von Hasenauer, Otto Hofer und Anton Schönmann durch Stadtbaumeister Cajetan Miserovsky auf den Konventgründen erbaut.
Die Anfänge des Spitals stehen mit der heutigen Apotheke in engem Zusammenhang. Diese war, da sie bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts kein Öffentlichkeitsrecht hatte, zum Klosterhof hin orientiert; die heutigen Räumlichkeiten der Apotheke hingegen dienten bis 1779 als Krankensaal (weshalb auch auf dem Stich von Schütz-Ziegler-Janscha an dieser Front kein Eingang zu erkennen ist). Da es bereits bei der Fertigstellung zu klein war, musste es 1903-1905 (Weihe 1905) erweitert (2, Große Mohrengasse 11-13) beziehungsweise im Inneren modernisiert werden (aseptischer Operationssaal, Röntgenapparat, elektrische Beleuchtung, Zentralheizung). 1989 wurde anlässlich der 375-Jahr-Feier der Ordensansiedlung aus Mitteln des Stadterhaltungsfonds und des Bundesdenkmalamts sowie einer Spende der Raiffeisenbank Wien der am 11. April 1945 zerstörte Barockhelm des Turms der Ordenskirche, der 1948 durch ein Notdach ersetzt worden war, wiederhergestellt. 1945 konnte Bürgermeister Theodor Körner das Spital erfolgreich vor einer russischen Einquartierung bewahren. Bis 1959 kam es zu einer Konsolidierung des Krankenhausbetriebs; 1960 erhielten die Barmherzigen Brüder den Dr.-Karl-Renner-Preis "für die Arbeit zum Wohle der Wiener". 1973 wurde ein Erweiterungsbau eingeweiht. Das Spital wurde seither (abgeschlossen 1985) kontinuierlich renoviert und modernisiert (Einführung neuester medizinisch-technischer Einrichtungen). Nach dem Abbruch des Wohnhauses 2, Schmelzgasse 4-6, (1994/1995) wurde ein Zubau zur Vergrößerung des Spitals in Angriff genommen. Parallel dazu wurde 1994 bei gleichzeitigem Umbau eines leer stehenden Geschäftslokals im Klostergebäude 2, Taborstraße 16, eine Zufahrt für Rettungsfahrzeuge geschaffen.
Der Erweiterungsbau (Eingang Ecke Große Mohrengasse 15, Schmelzgasse 4-6) wurde 1997 nach Plänen von Keindl & Smutny erbaut und am 30. Oktober 1997 nach Segnung durch Kardinal Franz König eröffnet (acht Bettenabteilungen mit 416 Betten, Herzstation, Ambulanzen). Gleichzeitig wurde schräg gegenüber dem neuen Krankenhauseingang das (bis dahin in der Höhe der Fassade angebracht gewesene) Denkmal des Ordensgründers Johannes von Gott aufgestellt; der Platz bei der Kreuzung der Schmelzgasse mit der Großen Mohrengasse, wo das Denkmal Aufstellung fand, trägt seither seinen Namen (Johannes-von-Gott-Platz). Am 4. Oktober 1999 wurde das Erste Wiener Ambulatorium für gehörlose Menschen eröffnet. Anfang 2004 wurde der durch seinen Barockgiebel gekennzeichnete Gebäudetrakt an der Taborstraße nach Absiedlung eines weiteren Geschäftslokals zu einem klostereigenen Seminar- und Veranstaltungsraum umgestaltet. Am 6. März 2004 wurde der Abschluss der zehnjährigen Neubau-, Umbau- und Renovierungsarbeiten am Gesamtkomplex mit einem Festakt feierlich begangen; der letzte Bauabschnitt umfasste das Verwaltungsgebäude samt Pflegeschule und Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege.
Im Spital befindet sich auch eine Spitalskirche.
Apotheke
"Zum Granatapfel" (eröffnet am 21. September 1624). Die alte Apotheke (1722; gemalte Stuckimitation des 18. Jahrhunderts) steht heute als Materialkammer in Verwendung, die neue Apotheke besitzt eine bemerkenswerte Empireeinrichtung (1803).
Kult
Der Kult erstreckt sich auf Maria Heil der Kranken (Gemälde eines unbekannten Malers, 1666) und den heiligen Johannes von Gott (Marmoraltar in der dritten rechten Kapelle der Kirche mit Statue des Ordensgründers von Anton Tabotta, einem Schüler Matthäus Donners; Weihe der Kapelle am 8. November 1774).
Steinkruzifix
An der Fassade der Taborstraße ist neben der Apotheke ein 1770 von Anton Tabotta geschaffenes Kruzifix angebracht, das ursprünglich frei in der Straßenmitte vor dem Klostereingang stand; dort hatte es ein ähnlich gestaltetes Kreuz ersetzt, das schon 1689 erwähnt wird. Das Kruzifix wurde aus Verkehrsrücksicht an die Fassade versetzt.
Literatur
Allgemein:
- Festschrift 375 Jahre Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien. Wien: Konvent der Barmherzigen Brüder 1989
- Heinz Polednik: Die Barmherzigen Brüder in Österreich 1918 - 1977. Wien: Eigenverlag des Provinzialates 1977, S. 61 ff. (Prioren 1614-1976: S. 78 f.; Primarärzte: S. 80 f.)
- Leopold Senfelder: Die Barmherzigen Brüder in Wien 1614 - 1914. Eine aktenmäßige Darstellung der Geschichte des Metropolitankonventes und Spitales der Barmherzigen Brüder in Wien, anläßlich des dreihundertjährigen Bestandes. Wien: Selbstverlag des Konventes 1914
- Friedrich Läufer: Die Barmherzigen Brüder. Ein Buch über Entstehen, Werden und Wirken des Ordens der Barmherzigen Brüder. Wien: Selbstverlag 1931
- 400 Jahre Barmherzige Brüder. Festschrift der österreichischen Provinz. Wien: Selbstverlag des Provinzialates der Barmherzigen Brüder 1937
- Ludwig Brandl: Der Chirurg Gabriel Graf von Ferrara. Erster Generalkomissar des Ordens der Barmherzige Brüder für Germanien. Wien: Provinzialat der Barmherzigen Brüder 1957
- Isfried Schmid: Die Klosterkirche der Barmherzigen Brüder in Wien II zum hl. Johannes dem Täufer. Kleiner Führer durch die Kirche und deren Kunstschätze. Wien: [Provinzialat der Österreichischen Ordensprovinz der Barmherzigen Brüder] 1976
- Günther Berger: Kirche der Barmherzigen Brüder. In: Wiener Geschichtsblätter 42 (1987), S. 54 ff.
- Felix Czeike: II. Leopoldstadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 2), S. 52 ff.
- Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 169 f.
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 98 ff.
- Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 109 f.
- Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 49 f.
- Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Hg. vom Österreichischen Bundesdenkmalamt. Horn/Wien: Berger / Wien/München: Schroll 1952 - lfd. 3/4, (1989; Turmrenovierung)
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 217 ff.
Wiener Gesundheitsarchitekturen:
- Sanitätsdepartment der k. k. Nieder-Österreichischen Statthalterei. VI. Heil- und andere Humanitätsanstalten. In: Bericht über die Sanitären Verhältnisse und Einrichtungen im Erzherzogthume Österreich unter der Enns für das Jahr 1896. Hg. von K. K. Nieder-Österreichische Statthalterei. Wien: 1897, S. 130-225, S. 142
- Spital der barmherzigen Brüder zu Wien im II. Bezirke, Grosse Mohrengasse C.-Nr. 284. In: Jahres-Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtsthätigkeit sowie über die Gesundheitsverhältnisse Wiens und die Humanitäts-Anstalten in den Jahren 1885 und 1886. Hg. vom Wiener Stadtphysikat. Wien: 1887, S. 357-362