Landstraße (Vorstadt)

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Die Vorstadt Landstraße mit dem Spital zu St. Marx mit ihren Siegelbildern (1734)
Daten zum Objekt
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48° 12' 10.35" N, 16° 23' 26.46" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Landstraße (3.), ehemalige Vorstadt, erstmals 1302 urkundlich erwähnt ("Lantstrazz");[1] mittelhochdeutsch-bairisch bedeutet "lantstrazze" so viel wie öffentlicher Weg durchs Land.

1850 wurde die Landstraße mit den Vorstädten Erdberg und Weißgerber als dritter Bezirk Landstraße eingemeindet.

Der älteste Kern der Vorstadt entwickelte sich dort, wo der Anstieg zur Terrasse des Wientals überwunden ist. Die Siedlung lässt sich unter der Bezeichnung Niklasvorstadt bis um 1200 zurückverfolgen. Hier wurde das Nikolaikloster erbaut, dessen topographische Lage heute nicht mehr erkennbar ist; in der Ersten Türkenbelagerung (1529) von den Osmanen zerstört, wurde es 1534 gänzlich niedergerissen. Vor dem ehemaligen Kloster, dessen Fläche bis ins 18. Jahrhundert ein Friedhof mit der Nikolaikirche bedeckte, entwickelte sich aus einer Straßengabelung (Erdbergstraße) ein kleiner Dreiecksplatz, der sich bis heute erhalten hat (das "Platzel"). Die Vorstadt wechselte noch im 15. Jahrhundert ihre Bezeichnungen: wir finden auch den Namen "Vor dem Stubentor" oder "An der Landstraß". Die spätere Hauptstraße der Vorstadt war bereits Anfang des zwölften Jahrhunderts eine stark frequentierte Heeres- und Landstraße, die in ihrer Anlage (ebenso wie der Rennweg) auf eine Römerstraße zurückgeht. 1642 wurde der Grundstein zur Kirche "Zu den Heiligen Rochus und Sebastian" gelegt (Rochuskirche), aber auch diese litt unter den Osmaneneinfällen. Erst ab 1690 begann man auf Veranlassung des Magistrats (als Nachfolger der Obrigkeit des Nikolaiklosters) mit der Erbauung von Häusern. Die Hauptstraße war unter Joseph II. nach dem Abbruch der Kirche "Zum heiligen Nikolaus" und der Räumung des angrenzenden Friedhofs (gegenüber der Rochuskirche) erweitert worden.

Auf dem Boden der ursprünglichen Agrarsiedlung wurden auf den nach der Zweiten Türkenbelagerung (1683) teilweise verödeten Gründen im 18. und 19. Jahrhundert neben dem Belvedere des Prinzen Eugen auch zahlreiche Sommerpaläste des Adels mit ausgedehnten Parkanlagen errichtet (zu nennen sind unter anderem die Anlagen der Althan, Hamilton, Harrach, Paar, Schmerling, Schwarzenberg und Stockhammer) sowie das Metternichpalais und das Rasumofskypalais.

Von den Kirchen sind neben der Rochuskirche (mit ihrem 1812 aufgehobenen Kloster) die Elisabethinenkirche (samt Kloster und Spital), die Gardekirche, die Salesianerinnenkirche und die Waisenhauskirche "Maria Geburt" zu nennen. Bis ins dritte Viertel des 19. Jahrhunderts erhielten sich allerdings auch noch Gemüseanbauflächen.

Ab dem Vormärz erfolgte die Verbauung zwischen der alten Baugrenze (Invalidenstraße, Beatrixgasse) in Richtung Wienfluss (neue Verbauungsgrenzen bildeten die Straßenzüge Vordere Zollamtsstraße und Am Heumarkt), zum Teil mit öffentlichen Gebäuden (Finanzlandesdirektion, Hauptmünzamt). Von den ausgedehnten Gartenanlagen zwischen Landstraßer Hauptstraße und Rennweg haben sich keine erhalten, nur zwischen Prinz-Eugen-Straße, Rennweg und Jacquingasse ist die ursprüngliche Situation (Schwarzenberg-, Belvedere-, Botanischer Garten) weitgehend unverändert. 1803 war der Wiener Neustädter Kanal vollendet (heute Trasse der Schnellbahn), 1811 kaufte Erzherzogin Maria Beatrix Riccarda von Este in der Rabengasse (heute Beatrixgasse) Grundstücke und ließ sich dort ein Palais erbauen (Modenapalais). 1806 entstand hinter dem Gartengrund der Augustiner das Gemeindehaus Landstraße, 1727 aus dem Palais des Prinzen Maximilian von Hannover ein Armen- und Versorgungshaus (ab 1787 Invalidenhaus).

Landstraßer Hauptstraße, Landstraßer Vorstadt von der Stubenbastei aus gesehen (um 1858)

Siegel

Die Vorstadt Landstraße führte ein Grundgerichtssiegel, dass den heiligen Nikolaus als ganze Figur zeigt, auf einem Abdruck auf einem Boden stehend, im bischöflichen Ornat, das Haupt mit der Inful bedeckt, in der rechten Hand den Bischofstab, mit der linken ein Buch haltend, auf dem drei Kugeln liegen. Umschriften: a) u. b) †GEMAIN SIGIL LANTSTRAS V. WIEN B. S. NICOLAI; † VORSTADT LANDSTRAS IN WIENN GERICHTS SIG.; d) wie c), doch SIGILL und Trennpunkte; e) * GERICHTS SIGILL DER VORSTADT LANDSTRASSE IN WIEN.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Landstraße.

Häuser

  • 1766: 254
  • 1778: 282
  • 1783: 282
  • 1790: 443
  • 1796: 487
  • 1830: 651
  • 1840: 654
  • 1851: 737
  • 1857: 755

Einwohner

  • 1783: 10.279
  • 1796: 14.017
  • 1840: 30.186
  • 1857: 43.681

Häusernummerierungen und -schematismen

In der Vorstadt Landstraße wurden 1770 zum ersten Mal Konskriptionsnummern vergeben, in den Jahren 1795, 1820 und 1831 erfolgte eine Neunummerierung (Zur Übersicht über die Phasen der Nummerierungen der Häuser [Konskriptionsnummern] in der Vorstadt siehe: Häusernummerierung). Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Nummerierung 1770

Nummerierung 1795

Nummerierung 1820

Nummerierung 1831

Ortsrichter

Quellen

Literatur

  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. VI f., Taf. A
  • Anton Jung: Beschreibung und Abdruck der Grundgerichts-Siegeln sämmtlicher Vorstädte und Gemeinden der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, [Wien] 1829, S. 11
  • Robert Messner: Die Landstrasse im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1978 (Topographie von Alt-Wien, 5), S. 82
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 38
  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Band 2: Ortsnamen F bis M. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1990 (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, Reihe B)
  • Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975. Band 4, S. 14 f.

Literatur zur Bevölkerungsgeschichte

  • Johann Karl: Detaillirte Darstellung der Bevölkerung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien und der Vorstädte ... nach der letzten Conscription im Jahre 1840
  • Ignaz de Luca: Topographie von Wien. Band 1. Wien: Thad. Schmidbauer 1794, S. 61
  • Ignaz de Luca: Statistische Fragmente. Wien: C. P. Rehm 1797, S. 50
  • Niederösterreichische Handels- und Gewerbekammer [Hg.]: Statistische Übersicht der wichtigsten Productionszweige in Oesterreich unter der Enns. Wien: L. Sommer 1855
  • G. A. Schimmer: Die Bevölkerung von Wien. In: Blätter für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1865), S. 14, 26
  • Andreas Weigl: Eine Neuberechnung der Bevölkerungsentwicklung Wiens nach Bezirken 1777-1869. In: Wiener Geschichtsblätter 50 (1995), S. 219-238

Referenzen

  1. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse: Fontes rerum Austriacarum, 2. Abteilung: Diplomataria et acta. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1849- laufend 11/18, S. 104; Bezugnahme auf die Landstraße nach Ungarn