Karlsplatz

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Elisabethbrücke mit Karlskirche, um 1897
Daten zum Objekt
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48° 11' 56.94" N, 16° 22' 10.70" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Karlsplatz (1., 4.), benannt 1899 nach Karl VI.

Durch das Aufeinandertreffen der Gesteinsschichten der Arsenalterrasse und der tiefer gelegenen Stadtterrasse, stößt der Wienfluss in diesem Bereich auf härtere Gesteinsschichten und biegt nach Süden ab. Dadurch verringerte sich die Fließgeschwindigkeit und es kam zur Ausbildung von Schotterbänken und kleinen Inseln. Eine Aulandschaft entstand und bildete einerseits Lebensraum für zahlreiche Tiere als auch Jagdgebiet für die wenigen Menschen der Region. Die häufigen Überschwemmungen verhinderten eine dauerhafte Besiedlung, aber der Vorzug der klimatischen Bedingungen wurde geschätzt.

Antike

Zur Römerzeit wurden die Auwälder abgeholzt und zwei Fernstraßen angelegt. Eine hölzerne Brücke ermöglichte das Überqueren des Wienflusses in Richtung der heutigen Wiedner Hauptstraße, deren Ursprung aus dieser Zeit stammen dürfte. Die zweite Straße war die Limesstraße, die Richtung Donau führte und an einer Furt oder ebenfalls durch eine Holzbrücke, die Überquerung des Wienflusses ermöglichte. Am Beginn der Limesstraße wurden Grabdenkmäler angelegt. Der Wienfluss wurde zur Holzschwemme aus dem Wienerwald genutzt, welches ebenfalls im Gebiet des heutigen Karlsplatzes aufgefangen und gelagert wurde. Das Gebiet war schon zu dieser Zeit ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt. Nach dem Ende der römischen Herrschaft im 5. Jahrhundert verfiel die Infrastruktur langsam. Die günstige Möglichkeit der Flussüberquerung wurde jedoch auch in den folgenden Jahrhunderten genutzt.

Mittelalter

Im Mittelalter erlangte Wien durch die Verlegung der Residenz der Babenberger einen Aufschwung, der sich auch im Gebiet des Karlsplatzes wiederspiegelte. Das im Mittelalter zur Vorstadt Wieden vor dem Kärntnertor gehörige Terrain wurde vielfältig genutzt. Einerseits befanden sich dort Lucken mit Gärten, Weinschenken und Handwerkerhäusern. Andererseits wurden im 13. Jahrhundert das Heiligengeistspital und das Bürgerspital gegründet. Ersteres befand sich südlich des Wienflusses und wurde durch Herzog Leopold VI. und seinen Arzt Meister Gerhard unterstützt. Nördlich des Wienflusses wurde Mitte des 13. Jahrhundert durch Wiener Bürger das Bürgerspital gestiftet. Beide Spitäler nutzten zur Versorgung der Kranken und Alten eigene Mühlen und Brauhäuser, die vom Wasser des Wienflusses betrieben wurden. Im Zuge der Ersten Türkenbelagerung (1529) wurden die Spitäler niedergebrannt und nicht wieder aufgebaut. Die hölzerne Brücke (später Elisabethbrücke (1, 4)) wurde zwischen 1400 und 1404 durch eine Brücke aus Steinquadern ersetzt, um so dem Verkehrsaufkommen zu entsprechen. Im 15. Jahrhundert werden Weiher des Wienflusses erwähnt.

Frühe Neuzeit

1529 war das Gebiet um den heutigen Karlsplatz ein Schauplatz der Kampfhandlungen während der Ersten Türkenbelagerung. Dies führte in weiterer Folge zu einem Ausbau der Befestigungsanlagen nach italienischem Vorbild. Das an die Befestigungsanlagen unmittelbar angrenzende Gebiet wurde zum militärischen Sperrgebiet mit einem Bebauungsverbot (Glacis). 1643 wurde das Gebiet des Paradiesgartens von Graf Starhemberg zunächst als Lehen und später als freies Eigen erworben. Der Grundstein des Freihauses auf der Wieden war gelegt.
1713 und 1781 wurden (nie ausgeführte) Pläne zur Regulierung der Wien ausgearbeitet. Von 1716 bis 1739 wurde die Karlskirche erbaut. Im späten 18. Jahrhundert begann die Wandlung des Glacis vom Sperrgebiet hin zu einem Erholungsgebiet. Alleen und Beleuchtungen wurden errichtet und 1787 kam es zu einer Flussregulierung, nachdem es, im 18. Jahrhundert elf Hochwässer gegeben hatte.

Moderne

1802 wurde die Engstelle Kärntnertor entschärft und ein zweiter Tordurchbruch war der Beginn des ersten Einbahnsystems in Wien. In der Längsachse des späteren Karlsplatzes floss der Wienfluss im offenen Bett, überspannt von einer in der Verlängerung der Kärntner Straße errichteten Brücke (im Mittelalter Steinerne Brücke, ab 1854 Elisabethbrücke (1, 4)). Das Polytechnikum wurde 1816 errichtet. Nach der Schleifung der Befestigungsanlagen wurde die Verbauung des Karlplatzes zu einem architektonischen Experimentierfeld. Hier entstand der erste Monumentalbau der Ringstraßenzeit, die Evangelische Schule. Auf bürgerliche Initiative hin wurden Handelsakademie, Künstlerhaus und Neues Musikvereinsgebäude errichtet, die das neue Bild des Platzes, noch mit einem offen fließenden Fluss, prägen.
Der Platz in seiner heutigen Ausdehnung, eigentlich ein Ensemble, entstand anlässlich der Einwölbung des Wienflusses (1895-1902, verbunden mit dem Abbruch der Elisabethbrücke) und des Baus der Stadtbahn durch Otto Wagner. 1899 wurde (bei gleichzeitiger Einbeziehung eines Teils der Lothringerstraße und der heutigen Parzellennummern 1-7) der Platz Karlsplatz benannt. Max Fabiani war Mitarbeiter bei der Gestaltung und sein Plan erhielt 1898 den ersten Preis. 1898 wurde die Secession nach einigen baulichen Schwierigkeiten (Bodenprobleme durch den Wienfluss) am Westende des Platzes eröffnet.

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der auch städteplanerisch tätige Architekt Adolf Loos eingehend mit der nachwievor nicht zur allgemeinen Zufriedenheit gelösten Frage der Verbauung des Platzes. Loos arbeitete ein Szenario aus, welches eine alte, bis in die Zeit Karls VI. städtebauliche Idee, nämlich die einer Avenue vom Schottentor bis zur Karlskirche, aufgriff. Die Karlskirche sollte dabei der optische Fluchtpunkt sein, was Loos zufolge auch die einzig schlüssige Erklärung für die Schrägstellung der Kirche gegen den Platz hin sei. Das Avenueprojekt mit direkter quer durch die Innenstadt verlaufende Sichtverbindung zur Karlskirche war spätestens seit Errichtung der Oper zur städtebaulichen Utopie geworden, da dieses Gebäude genau in die Sichtachse gebaut wurde. Folgerichtig verlegte Loos in seinem Stadtregulierungsplan die Oper und legte die Sichtachse zur Karlskirche frei.

Studie zur Karlsplatzverbauung von Adolf Loos (um 1909)
Vorschlag zur Verbauung des Karlsplatzes. Ausschnitt aus dem Stadtregulierungsplan von Adolf Loos (1912)

Das von Wagner ebenfalls konzipierte Historische Museum der Stadt Wien wurde erst 1959 nach vierjähriger Bauzeit nach Plänen von Oswald Haerdtl errichtet. Am 1. November 1969 begannen die Bauarbeiten für die U-Bahn (fünf unterirdische Geschoße für die U1, U2 und U4; Fertigstellung 8. Mai 1976); die Stadtbahnstationsgebäude Wagners (Stadtbahnhaltestelle Karlsplatz) wurden restauriert und wiederaufgestellt. In den 1970er-Jahren wurden auch die letzten Baulücken durch den Bau der Bibliothek der Technischen Universität und des Akademiehofs geschlossen.

Luftbild der Großbaustelle Karlsplatz (U-Bahnbau, 1971)
Baustelle Karlsplatz (1972)

In Verbindung mit dem Karlsplatz stehen in jüngerer Vergangenheit der Schwarzmarkt im Resselpark nach dem zweiten Weltkrieg und die Drogenszene seit dem Ende der 80er Jahre bis Mitte der 2000er Jahre (die sich auch auf die U-Bahn-Station erstreckt).
Seit den 1960er Jahren wurde der Karlsplatz für experimentelle Kunstprojekte im öffentlichen Raum genutzt. In jüngster Zeit wurden verschiedene Konzerte und Festivals dort veranstaltet.

Siehe auch:

Gebäude

Denkmäler

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Quellen

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg 1990, S. 9 f.
  • Sándor Békési: Rückblick auf eine urbane Gegend. Der Karlsplatz um 1900 (Wien Museum Magazin, 2024)
  • Christian Brandstätter: Stadtchronik Wien. 2000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien 1986, S. 397
  • Hermine Cloeter: Zwischen Gestern und Heute. S: 163 ff.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien (Wiener Bezirkskulturführer, 1) 1983, S. 87 ff.
  • Felix Czeike: IV. Wieden. Wien (Wiener Bezirkskulturführer, 4)1979, S. 20 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München 1976, S. 89 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien 1993, S. 100 f.
  • Elke Doppler-Wagner/Christian Rapp/Sandor Békési (Hg.): Am Puls der Stadt: 2000 Jahre Karlsplatz, Sonderausstellung des Wien Museums. Wien Museum : Czernin Verlag, Wien 2008
  • Tino Erben: Der Wienfluß . Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien, Wien 1980
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Heinrich Goldemund: Beitrag zur Lösung der Karlsplatz-Frage. Wien 1910
  • Magistrat-Stadtplanung (Hg.): Der Karlsplatz in Wien. In: Beiträge zur Stadtforschung, Stadtentwicklung und Stadtgestaltung 8, Wien 1981
  • Karl Mayreder: Enquete für die Überprüfung der Regulierungsprojekte für den 1. Bezirk und den Karlskirchenplatz. Wien 1897
  • Neumann: Der Karlsplatz in Wien, in: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien 9 (1908-1910), S. 137 ff.
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22) 1991
  • Justus Schmidt/Hans Tietze, Hans: Dehio Wien. Wien (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs) 1954, S. 120
  • Unbekannt: Karlsplatz – Stadtlandschaft am Wienfluß. In: Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien 27, Wien 1970
  • Eckhart Vancsa: Der Karlsplatz: Geschichte einer Stadtlandschaft, Wiener Geschichtsbücher. P. Zsolnay, Wien 1983
  • Otto Wagner: Der Karlsplatz und das Kaiser-Franz-Josefs-Stadtmuseum. Wien 1903
  • Vergessener Shoppingtempel: Reste einer einstigen Luxusmall am Karlsplatz ausgegraben. In: Der Standard, 23.10.2019
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 471 f.