Jagd
Die von Kaiser Heinrich II. den Babenbergern 1002 beziehungsweise 1035 geschenkten großen Teile des Wienerwalds wurden von diesen (insbesonders nach der Verlegung der Residenz nach Wien 1155) vorwiegend zu Jagdzwecken genutzt. Um einer Verkleinerung des Jagdgebiets entgegenzuwirken, wurden bei Schenkungen an Klöster häufig Rodungsverbote erlassen. Der Babenberger Hof übte die Jagd vor allem im Kahlengebirge und in Klosterneuburg aus. Die Schleierlegende (der während einer Jagd aufgefundene Schleier der Markgräfin Agnes führte zur Gründung des Stifts Klosterneuburg durch Leopold III.) und das Privilegium minus (1156), in dem den Babenbergern unter anderem auch das Jagdregal auf ihren Gütern bestätigt wurde, sind markante Beispiele für die Jagd als Hoheitsrecht. Der „Wildbann" des Landesherrn war eine der Ursachen für die Trennung von Grundeigentum und Jagdrecht (teilweise Beschränkung auf bestimmte Wildarten). Da seit dem Mittelalter fast alle Mitglieder der Herrscherhäuser der Babenberger und Habsburger begeisterte Jäger waren, ist diesem Umstand auch die Erhaltung von Wäldern und Auen zu danken. Der habsburgische Hof übte die Jagd unter anderem in den Donauauen, in Kaiserebersdorf, im Lainzer Tiergarten, in der Lobau, im Prater und in bestimmten Teilen des Wienerwalds aus. Unter Maximilian I. wurden um 1500 Jagd und Forstwirtschaft voneinander getrennt. Er ernannte einen „Obrist Hof- und Österreichischen Jägermeister" und legte damit den Grundstein zum späteren Obersthofjägermeisteramt (Verwaltung des Jagdwesens bis zum Ende der Monarchie). Das Haspelmeisteramt befand sich ab 1509 im Hasenhaus.
1560 richtete Maximilian II. den Prater als Jagdgehege ein. Um Störungen des Jagdbetriebs hintanzuhalten, wurde für den Prater ein Betretungsverbot erlassen, das erst 1766 von Joseph II. aufgehoben wurde. Anlässlich von Hoffesten (beispielsweise der Hochzeit Leopolds I. mit Margarita Teresa von Spanien 1666/1667) kam es meist auch zu prunkvollen Hofjagden. Die oft unzugänglichen Wälder wurden durch Alleen erschlossen, außerdem entstanden Lusthäuser und Jagdschlösser (beispielsweise Ebersdorf, Laxenburg, Neugebäude, Schönbrunn), die ihrerseits mit den Residenzen durch Alleen verbunden wurden (Hauptallee als Verbindung von der Favorita im Augarten zum Lusthaus, Schönbrunner Schloßallee, Alleen zu den Jagdschlössern Ebersdorf und Laxenburg [bis heute erhalten die Altmannsdorfer Allee und die Laxenburger Straße]). Leidtragende waren die Bauern, deren Kulturen nicht selten durch die Jagdgesellschaften geschädigt wurden und die auch kostenlose Hilfsdienste (die ab dem 16. Jahrhundert bestehende Jagtrobot) zu leisten hatten. Ein für Karl VI. bestimmter Jagdatlas (1725) zeigt die Ausdehnung des Jagdgebiets im Raum von Wien: nördlich der Donau von Korneuburg bis Groß-Enzersdorf, südlich der Donau vom Wienerberg bis Schwechat und in einem großen Bogen von Himberg und Laxenburg zum Wienerwald bis an den Kahlenberg. Maria Theresia ließ die Jagdreviere verkaufen. Franz Stephan behielt nur die Jagden im Prater, im Stadtgut, in Jedlesee und in Stammersdorf. Als Joseph II. 1766 den Prater öffnete, ließ Maria Theresia 1770 den Lainzer Tiergarten einzäunen (Bau der Tiergartenmauer 1782-1785 unter Joseph II.). 1766 wurde die Ersatzpflicht für Wildschäden obligatorisch. Die Jagdordnung von 1770 duldete Schwarzwild nur noch in geschlossenen Tiergärten und durfte außerhalb derselben von jedermann abgeschossen werden.
1849 wurde das Jagdrecht an die grundherrschaftlichen Rechte gebunden, wodurch auch bürgerliche Kreise Zugang zur Jagd erhielten. Darstellungen aus dem Gebiet der Jagd bildeten auch einen bedeutenden Teil des Makartfestzugs (1879). Zu den größten Jägern der ausgehenden Monarchie gehörten Franz Joseph I., Kronprinz Rudolf und Thronfolger Franz Ferdinand (1849-1909 wurden in den kaiserlichen Revieren 2,285.380 Stück Wild erlegt). 1910 fand in Wien die erste Internationale Jagdausstellung statt. Von den 1993 in Wien bestehenden 35 Jagdgebieten (19.017 Hektar) sind 3.642 Hektar Jagdruhensgebiete (Prater, Zentralfriedhof, Donauinsel [nur Zwangsabschüsse bei Übervermehrung]). 14 Jagden gehören Genossenschaften, zehn der Stadt Wien, sechs den Österreichischen Bundesforsten und fünf Privaten („Eigenjagdgebiete"). 1990 wurden 708 Landesjagdkarten ausgegeben. In Wien sind 26 Berufsjäger und 27 Jagdaufseher registriert.
Siehe: Jagdschloß, Lainzer Tiergarten, Prater, Forstamt.
Literatur
- Herbert Stefan Fürlinger: Jagd in Österreich. Wien [u.a.]: Fürlinger 1964
- Renata Kassal-Mikula: Wiener Landschaften: Wien: LEigenverlag der Museen der Stadt Wien 1993, S. 176 ff. (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien; 173)
- Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 57 (Jäger)
- Josef Vass: Jagd und Fischerei in Wien. Wien: Wiener Stadt- u. Landesbibliothek 1977