Johannesgasse
48° 12' 13.44" N, 16° 22' 32.45" E zur Karte im Wien Kulturgut
Als ursprüngliche Bezeichnungen sind Johannesstraße (um 1300) beziehungsweise St. Johannesstraße (1368) überliefert, später St. Johannesgasse (1547) und schließlich (seit 1701) Johannesgasse. Die Benennung erfolgte nach der um 1207/1217 entstandenen Wiener Kommende des Ritterordens der Johanniter (1, Kärntner Straße 35, Johannesgasse 2); Hospitalbrüder zum heiligen Johannes dem Täufer, seit 1523 Malteser [ Malteserkirche ]).
Die Johannesgasse verlief ursprünglich nur von der Kärntner Straße zur Seilerstätte. Ein zwischen Nummer 5 und 7 abzweigendes und zur Himmelpfortgasse führendes Gässchen ist ab 1379 nachweisbar, war aber spätestens 1684 verbaut (es mündete in die Himmelpfortgasse zwischen 6 und 8; Nummer 6 war eine Badstube). 1558 wurde die entlang der Seilerstätte verlaufende Ringmauer durch eine Kurtine im Zuge der Schellinggasse ersetzt (um 1660 entstand im Bereich Hegelgasse-Parkring die Dachslochschanze, die nach Sprengung durch die Franzosen [1809] 1817 abgebrochen wurde).
1862 wurden alle Befestigungen in dieser Gegend demoliert, worauf die Johannesgasse bis zum Wienfluss und nach dem Abbruch der Tegetthoffbrücke und der Einwölbung des Wienflusses (1898) bis zur Straße Am Heumarkt (3) verlängert wurde (Wienflussportal 1906).
Gebäude
- Nummer 1 (Kärntner Straße 33): Kabarett Fledermaus
- Nummer 2 (Kärntner Straße 35): Kommendehaus des Malteserordens, erbaut 1837-1839; im Hof ist die gotische Rückseite der Malteserkirche sichtbar.
- Nummer 3-3A: Annakloster. Beim Abbruch des Hauses Kärntner Straße 33 (1906) tauchte an der Feuermauer des Hauses Nummer 3 ein Fresko (Scheinarchitektur) aus dem 16. Jahrhundert auf.
- Nummer 3B: Annakirche (1).
- Nummer 4A: Musiklehranstalt (Konservatorium) der Stadt Wien; 1926-1937 befand sich im Haus die Sendeanstalt der RAVAG (heute Österreichischer Rundfunk ORF), die während des Juliputschs 1934 von den Nationalsozialisten angegriffen wurde.
- Nummer 5-5a: Questenbergpalais (Palais Questenberg-Kaunitz).
- Nummer 6 (Annagasse 5): Hofkammerarchiv (Kleinmariazeller Hof); hier wirkte Franz Grillparzer 1852-1856 als Archivdirektor (Gedenktafel); 1928/1929 war das Esperantomuseum hier untergebracht (Gedenktafel im Hof), das 1929 an die Österreichische Nationalbibliothek angegliedert wurde und in die Neue Burg übersiedelte (Esperanto-Museum).
- Nummer 7: Sinzendorf-Schöller-Palais; erbaut 1784 nach Plänen von Johann Lukas von Hildebrandt, umgebaut 1909-1912 durch Franz Krauß und Egon von Leuzendorf).
- Nummer 8: ehemalige Ursulinenkirche und -kloster (heute Hochschule für Musik und darstellende Kunst); im ehemaligen Kloster ist die Sammlung "Religiöse Volkskunst" des Österreichischen Museums für Volkskunde untergebracht.
- Nummer 9-13: Goldbergsches Stiftungshaus (Nummer 13; Zum Goldberg, Burse für arme Studenten), heute städtische Wohnhausanlage Ginzkeyhof (Gedenktafel für Franz Karl Ginzkey, der 1956-1963 hier wohnte) mit Emailmalerei von Maria Schwamberger-Riemer an der Fassade (1956), die thematisch an das Stiftungshaus erinnert (fünf Studenten in alter Tracht).
- Nummer 12: Giebelgruppe "Handel und Gewerbe" ober dem Haustor.
- Nummer 14: Brunnenfigur im Hof.
- Nummer 15: Savoyisches Damenstift; an der Nordseite des Hofs Wandbrunnen (Witwe-von-Sarepta-Brunnen, von Franz Xaver Messerschmidt, um 1760).
- Nummer 19: Dicasterialgebäudedirektion; ehemaliges Haus "Zur eisernen Birne"; in der hier befindlichen Bäckerei war Clemens Maria Hofbauer vier Jahre Bäckergehilfe.
- Nummer 26: Larisch-Moennich-Palais, erbaut 1867.
- Nummer 28: Hotel (Vienna) Inter-Continental.
- Nummer 57: Stationsgebäude "Stadtpark", errichtet (1898/1899) im Zuge der von Otto Wagner konzipierten Stadtbahn (Bau der Unteren Wientallinie 1896-1899) von Arthur Oelwein (Eröffnung 30. Juni 1899). Das Gebäude (seit 1978 gleichnamige Station der U4) wurde 1977/1978 restauriert.
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: ungerade Orientierungsnummern (ONr.) 1-5 und gerade ONr. 2-4: Pfarre St. Augustin; ungerade ONr. ab Nr. 7 und gerade ONr. ab Nr. 6: Pfarre St. Stefan
- ab 1908: ungerade ONr. ab Nr. 1 und gerade ONr. 10-26: Pfarre St. Stefan; gerade ONr. 2-8: Pfarre St. Augustin
Quellen
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zur Johannesgasse
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P4/2:112045 - 1., Johannesgasse 11: Schöpfbrunnen
Literatur
- Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 85 ff.
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk [u.a.] 1993, S. 95 ff.
- Felix Czeike: III. Landstraße. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1984 (Wiener Bezirkskulturführer, 3), S. 18
- Günther Elbin: Wien, auf Erden unvergleichlich. München: Ehrenwirth 1967, S. 23 ff.
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 462
- Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 63 f.
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 506 ff.
- Die Landstraße in alter und neuer Zeit. Ein Heimatbuch. Hg. von Landstraßer Lehrern. Wien: Gerlach & Wiedling 1921, S. 244
- Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959, S. 41
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 54 f.
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Gabriele Praschl-Bichler: Wien speziell. Architektur des Barock. Wo finde ich Schlösser, Palais, Öffentliche Profanbauten, Kirchen, Klöster, Bürgerhäuser, Denkmäler, Brunnen, Museen, Sammlungen in Wien. Wien: Christian Brandstätter Verlag 1990, S. 86 f.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 85
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 58 f.
- Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 140 ff.