Bursen
Bursen hießen im Mittelalter die im Universitätsviertel gelegenen Stiftungshäuser, in denen Studenten Kost und Logiserhielten. Ursprünglich bedeutete "bursa" im studentischen Sprachgebrauch den Betrag, der für Kost und Logis ausgelegt werden musste.
Für arme Studenten gab es Stiftungen; der Empfänger einer "bursa" hieß "bursarius"; daraus leitet sich die Bezeichnung Bursch für Student beziehungsweise Burschenschaft für ihre Verbindung ab.
An der Spitze der Burse stand zumeist ein Baccalaureus, manchmal ein Magister, der die Sitten der zur Bursa gehörenden Scholaren zu überwachen hatte. Die älteste bekannte Burse (1366 gegründet), "Zur Eiche" genannt, befand sich im gleichnamigen Haus auf der alten Brandstatt (1, Kramergasse 2) und war eine Privatburse.
1383 gab es in der Nähe des Stock-im-Eisen-Platzes ein "Studentenhaus" (1, Kärntner Straße 4). Die Statuten der artistischen Fakultät von 1389 setzten das Leben der Studenten in Bursen voraus.
Die erste offizielle Burse war die Lammburse in der Hinteren Bäckerstraße (an der Stelle der späteren Universitätskirche). Die größte und zugleich älteste gestiftete Burse war die Rosenburse (1, Postgasse 8-12, Konskriptionsnummer 666, Teil; auch Himmelburse genannt), die sich im früheren Wagendrüsselschen Haus in der Nähe des Predigerfreithofs befand (Stifter Magister Ulrich Grünwalder, † 1419).
Unweit davon (1, Postgasse 12) befand sich die Silesenburse. Im Haus 1, Schönlaterngasse 15, richtete Magister Hans Schönnmann eine Burse für Studenten ein, nachdem er das Objekt 1465 von Wolfgang Oetzestorffer gekauft hatte (Lilienburse).
Weiters zu nennen sind unter anderem die Heidenburse (1, Bäckerstraße 20, Konskriptionsnummer 757), die Löwenburse (1, Wolfengasse 3, Konskriptionsnummer 694), die Würfelburse (1, Wollzeile 22, Konskriptionsnummer 858) und die Bruckburse (1, Schönlaterngasse 10, Konskriptionsnummer 750, Teil).
Die berühmteste Burse war der sogenannte Goldberg auf dem alten Fleischmarkt (Konskriptionsnummer 685, heute 28). 1413 bestanden in Wien 29 solcher Studentenhäuser; 1421 dachte man daran, die Bursen aufzuheben, 1449 gab es nur noch elf Bursen, 1455 entschloss man sich dann zu einer gründlichen Reform.
Im 16. Jahrhundert bürgerte es sich immer mehr ein, dass die Studenten in Privatquartieren ("Buden") wohnten, im 17. Jahrhundert war die "sturmfreie Bude" aus dem Studentenleben nicht mehr wegzudenken.
Mit dem Übergang zur eigenen Wohnung begann allerdings auch die Verschuldung der Studenten ("Bettelstudenten"). 1582 wurde den Studenten erstmals das Betteln und Singen verboten, doch stellten die Rektoren noch Mitte des 18. Jahrhunderts Bettelzeugnisse für arme Studenten aus. Die Lebenshaltungskosten waren seit dem 15. Jahrhundert (jährlich zwölf Gulden) ständig gestiegen (im 17. Jahrhundert jährlich 120 Gulden).
Die in der josephinischen Zeit noch bestehenden Bursen beziehungsweise Studentenstiftungen wurden 1784 aufgelöst.
Literatur
- Richard Perger: Universitätsgebäude und Bursen vor 1623. In: Günther Hamann [Hg.]: Das alte Universitätsviertel in Wien. 1385 - 1985. Wien: Wiener Universitätsverlag 1985 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien, 2), S. 75 ff.
- Franz Gall: Die alte Universität. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 1), S. 45 ff.
- Karl Schrauf: Zur Geschichte der Studentenhäuser an der Wiener Universität während des ersten Jahrhunderts ihres Bestehens. Wien: Selbstverlag 1895
- Josef Aschbach: Geschichte der Wiener Universität. Band l. Wien: Hölder 1865, S. 199 ff.
- Josef Aschbach: Geschichte der Wiener Universität. Band 2. Wien: Hölder 1877, S. 129 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 325