Himmelpfortgasse
48° 12' 18.39" N, 16° 22' 28.61" E zur Karte im Wien Kulturgut
Himmelpfortgasse (1.), seit dem 13. Jahrhundert nachweisbar, unter ursprünglich wechselnden Bezeichnungen (ab 1272 und noch 1530 Traibotenstraße, diese Bezeichnung findet sich auch für die Rauhensteingasse), schließlich nach dem hier befindlichen Himmelpfortkloster benannt.
Sie reichte anfangs von der Kärntner Straße bis zur Seilerstätte. Das Teilstück zwischen Kärntner Straße und Rauhensteingasse wird 1526 erstmals "Bei der Himmelpforte auf dem Steig" genannt (das Gelände stieg hier also an), wogegen die Fortsetzung bis zur Seilerstätte die alte Bezeichnung in verballhornter Form behielt (beispielsweise 1563 Trabaterstraße). Die Klosterkirche stand an der Stelle des heutigen Hauses 1, Himmelpfortgasse 7, die Klosterpforte an der des Hauses 1, Himmelpfortgasse 9. Seit 1795 gilt die Bezeichnung Himmelpfortgasse durchgehend. Im Zuge der Demolierung der Befestigungsanlagen (entlang der Seilerstätte verlaufende Kurtine zwischen Braun- und Wasserkunstbastei) erfolgte die Verlängerung bis zum Parkring (1863). Die Gasse besitzt eine Reihe bemerkenswerter Häuser aus dem 16.-18. Jahrhundert.
Gebäude
- Nummer 6: Bürgerhaus, erbaut 1720 im Stil Johann Lukas von Hildebrandts (Umbauten Ende 19. Jahrhundert, Aufbau des obersten Geschosses erst 1953); hier befand sich 1788-1820 die Traiteurie des Franz beziehungsweise (ab 1795) des Ignaz Jahn (Jahns Traiteurie, mit Konzertsaal, in dem Mozart als Pianist 1788 [mit einem Pastorale von Händel] sowie zum letzten Mal am 4. März 1791 auftrat, am 6. April 1797 ein Benefizkonzert für den jungen Geiger Ignaz Schuppanzigh gegeben wurde und am 29. März 1798 eine "Akademie" unter Mitwirkung von Beethoven, Schuppanzigh und der mit Mozart befreundet gewesenen Sängerin Josepha Duschek stattfand; Gedenktafel auf Nummer 8!).
- Nummer 7: erbaut Ende 18. Jahrhundert.
- Nummer 8: Stadtpalais (Winterpalais) des Prinzen Eugen (seit 1848 Finanzministerium; im Hof Wandbrunnen). Im Jänner 1920 fand hier das Festkonzert der "Salzburger Festspielhausgemeinde" in Wien statt (Richard Strauss wirkte als Pianist mit, außerdem Erstaufführung seiner Suite zu Molieres Komödie "Der Bürger als Edelmann").
- Nummer 9: erbaut 17. Jahrhundert (Straßenfront zweite Hälfte 18. Jahrhundert), bemerkenswerte Details (Grabstein 1624, Brunneneinfassung 17. Jahrhundert, gemalte Sonnenuhr im Hof, 1716), ehemals Teil des aufgehobenen Himmelpfortklosters; Wohnung und Sterbeort († 25. Jänner 1820 Stadt 1007, laut Totenbeschauprotokoll) des Violoncellisten der Hofkapelle Joseph Weigl senior, ab etwa 1850 Wohnung des Violonisten Joseph Böhm. 1977 Neubau für das Finanzministerium.
- Nummer 10: erbaut erstes Viertel 16. Jahrhundert, in der Einfahrt spätgotisches Gratgewölbe, klassizistische Fassade 18. Jahrhundert.
- Nummer 11: Bürgerhaus (erbaut 17. Jahrhundert, Fassade Ende 18. Jahrhundert) mit bemerkenswertem Renaissanceportal.
- Nummer 12: Bürgerhaus (Baukern erste Hälfte 16. Jahrhundert).
- Nummer 13: Erdödy-Fürstenberg-Palais (Fürstenbergpalais; Gedenktafel für Ferenc Fürst Rakoczy, der in den 1690er Jahren mehrmals hier wohnte; Gedenktafel in deutscher und ungarischer Sprache).
- Nummer 14 (Seilerstätte 20): Einkehrwirtshaus "Ungarische Krone" (Treffpunkt der Schubertianer, angeblich bereits von Mozart aufgesucht); seit 1903 Standort der Apotheke "Zur goldenen Krone" (ursprünglich Nummer 17; begründet im 15. Jahrhundert am Graben im "Elefantenhaus"; Ladenschild "Die Heilung des Tobias" von Leopold Kupelwieser, 1825); Wohnung Carl Maria von Webers (1823; er schrieb hier für das Kärntnertortheater seine Oper "Euryanthe"). Ehemaliger Standplatz der Stellwagen nach Schwechat. Das alte Haus wurde 1903 demoliert.
- Nummer 15: Giebelhaus 17. Jahrhundert (mit spätbarocker Fassade, erhaltenem Renaissanceportal und Schlosserzeichen).
- Nummer 17: spätbarocke Fassade (ursprünglich "Stadt Wien Magistrat Benefiziatenhaus"); Sterbehaus von Vizebürgermeister Josef Anton von Hober, bis 1903 Standort der Apotheke "Zur goldenen Krone" (seither Nummer 14), Wohnhaus Hugo von Hofmannsthals.
- Nummer 19: erbaut Ende 18. Jahrhundert.
- Nummer 20: ab 1909 Sitz des Vereins "Wiener Tonkünstlerorchester" (heute Niederösterreichisches Tonkünstlerorchester).
- Nummer 21-23: Residenz-Hof; hier wohnte die Malerfamilie Pock.
- Nummer 30: Wohnhaus, erbaut 1873 von Carl von Hasenauer.
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: ungerade Orientierungsnummern (ONr.) 2-6: Pfarre St. Augustin; Rest: Pfarre St. Stefan
- ab 1908: Pfarre St. Stefan
Bilder
Quellen
Literatur
- Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache. Wien: Raimann & Godina 1 (1892), S. 67 ff.
- Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 68 ff.
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 82 ff.
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 459 f.
- Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 62
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 480 ff.
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 50 f.
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Gabriele Praschl-Bichler: Wien speziell. Architektur des Barock. Wo finde ich Schlösser, Palais, Öffentliche Profanbauten, Kirchen, Klöster, Bürgerhäuser, Denkmäler, Brunnen, Museen, Sammlungen in Wien. Wien: Christian Brandstätter Verlag 1990, S. 82 ff.
- Richard A. Prilisauer: Versuch einer Musiktopographie der Stadt Wien. Vervielfältigung (WStLA). 1. Teil: Innere Stadt - Kärntner Viertel, S. 6 f.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 85
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 55 ff.
- Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 149 ff.