Stellwagen
Von den ersten Stellwagen erfahren wir am 12. Juli 1730, als die Einrichtung einer Stellfuhr nach Graz, Laibach, Görz, Triest und Fiume genehmigt wurde; es handelte sich dabei allerdings nur um Lizenzen, die (unabhängig von privaten Bedarfsfahrten in der Stadt, in die Vorstädte und Vororte) an Landkutscher vergeben wurden, die mit Reisewagen einen fahrplanmäßigen Dienst in entfernt liegende Städte einrichten wollten (hinsichtlich der Entfernungen waren die Landkutscher Beschränkungen unterworfen). Die Abfahrtsstelle des Grazer Stellwagens befand sich bei der „Goldenen Gans" beim Rotenturmtor; der Stellwagen benötige für diese Fahrt von Donnerstag nachmittags bis Samstag (Sonntag früh konnte man dann weiterfahren). Im Gegensatz zu den bis dahin den Verkehr in der Umgebung Wiens abwickelnden Lohnwagen, Zeiselwagen und Landkutschen befuhren demnach die Stellwagen (ähnlich den Postkutschen beziehungsweise den späteren Poststellwagen, die ebenfalls die Verbindung zwischen Städten herstellten) fixe Routen, besaßen allerdings nicht die der Post zustehenden Rechte. Um 1790 fuhren Stellwagen vom Rotenturmtor zu Donaubädern (Ferdinands- und Marienbad beim Augarten, Schüttelbad). Die Stellfuhren hatten Standplätze bei Gasthöfen in der Stadt und in den Vorstädten, einen fixen Fahrplan und fixe Tarife; sie waren komfortabler ausgestattet als die bisherigen Wagen und auf den Fernverkehr (Gepäcktransport meist auf dem Dach) eingerichtet. Daneben entwickelte sich mit Stellwagen ein innerstädtischer Verkehr (womit endgültig das Ende der Tragsessel [ Sesselträger ] gekommen war) beziehungsweise fuhren Stellwagen regelmäßig in die Vororte (beispielsweise verkehrte ab 1815 ein Stellwagen zum Dommayer in Hietzing, der ab 1817 auch durch einen (etwas vornehmeren und daher teureren) Gesellschaftswagen erreicht werden konnte. Die Stellwagen privater Fuhrwerksunternehmer waren (in den 20er Jahren neben den Gesellschaftswagen) bis zur Einführung der Pferdestraßenbahn die einzigen Verkehrsmittel für die große Masse der Bevölkerung, weil ihre Tarife relativ erschwinglich waren (beispielsweise nach Meidling oder Hietzing 12 Kreuzer, nach Dornbach 17 Kreuzer, nach Nußdorf 30 Kreuzer, nach Heiligenstadt 36 Kreuzer). Der Stellwagenverkehr war an eine Lizenz gebunden, in der die Linien, die befahren werden durften, fixiert waren; 1842 gab es 70 Lizenznehmer (so befuhr etwa Michael Kitzler die Strecke nach Ottakring, der Unternehmer Barthelt jene nach Neustift am Walde und der Unternehmer Rauscher jene nach Grinzing). Die Ausdehnung des Stellwagenverkehrs ermöglichte in der Biedermeierzeit auch das Aufblühen zahlreicher Vergnügungsetablissements in den Vororten, ebenso die Miete von Sommerfrischewohnungen in der Umgebung Wiens durch das wohlhabende Bürgertum. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Stellwagen unter anderem nach Meidling (Theresienbad; Abfahrt am Kohlmarkt beziehungsweise vor der Mehlgrube [Neuer Markt 5]), Hietzing (Altgasse [stündlich]; Abfahrt am Neuen Markt beim Gasthof „Zum weißen Schwan". Gasthaus „Zum schwarzen Hahn" [heute Ottakringer Bräu]; Abfahrt vom Stock-im-Eisen-Platz), Lainz, Speising und Mauer (Abfahrt in der Klostergasse [heute Gluckgasse], Hütteldorf (Kaffeehaus; Abfahrt am Neuen Markt beim Gasthof „Zum weißen Schwan"), Dornbach und Neuwaldegg (Abfahrt am Neuen Markt beim Gasthof „Zum weißen Schwan"), Nußdorf (Knorrs Kaffeehaus; Abfahrt von der Naglergasse, Gasthof „Zur Stadt Eisenstadt". Dampfbootstation; Abfahrt von 1, Bognergasse 11), Heiligenstadt (Heiligenstädter Bad [Badehaus Woller]; Abfahrt auf der Freyung; eine andere Verbindung ging vom Gasthof „Zum römischen Kaiser" in der Renngasse ab [ursprünglich „Zu den drei Hacken"]) und Oberdöbling (Gasthaus „Zum schwarzen Adler", später Casino Zögernitz). Die in die weitere Umgebung fahrenden Stellwagen fuhren teilweise von der Stadt ab (beispielsweise vom Hotel „Zum Erzherzog Carl" in der Kärntner Straße nach Baden [Fahrpreis beträchtliche 2 Gulden 10 Kreuzer], vom Hotel „Zum goldenen Ochsen" in der Seilergasse nach Mödling [Fahrpreis 1 Gulden], vom Dreifaltigkeitshof (1, am alten Kienmarkt)|Dreifaltigkeitshof bei der heutigen Stiege zum Fleischmarkt nach Preßburg), wesentlich häufiger befanden sich ihre Standplätze jedoch in den Vorstädten (beispielsweise Landstraßer Hauptstraße, Wiedner Hauptstraße, Taborstraße) vor (oder in der Nähe von) größeren Einkehrwirtshäusern. Beispielsweise befand sich der Standplatz nach Schwechat 1, Seilerstätte 14, nach Schwadorf 3, Landstraßer Hauptstraße 19; nach Fischamend, Hainburg und Bruck an der Leitha. 3, Landstraßer Hauptstraße 31; nach Schwechat und Hainburg 3, Landstraßer Hauptstraße 40 (Hotel „Zum roten Hahn"); nach Brunn am Gebirge, Mödling, Eisenstadt und Hainburg 4, Wiedner Hauptstraße 7 (Gasthof „Zum goldenen Lamm; nach Rodaun, Güns und Steinamanger 4, Wiedner Hauptstraße 9 (Gasthof „Zur Stadt Ödenburg"); nach Traiskirchen und Laxenburg 4, Wiedner Hauptstraße 12 (Gasthof „Hotel Stadt Triest"); nach Linz und München 7, Mariahilfer Straße 102 (vor dem Hotel „Zum Münchner Boten" [bis 1859]; 1870-1895 fuhr man von hier nach Nußdorf). 1861 sind auf einem Plan (einschließlich der Einspänner) 70 Standplätze in der Stadt verzeichnet. Aus dem Stellwagen entwickelten sich im innerstädtischen Verkehr (Verbindungen in der Stadt, von der Stadt in die Vorstadt beziehungsweise zwischen den Vorstädten und nach dem Bau der Eisenbahn zu und zwischen den Bahnhöfen [beispielsweise Abfahrtsstelle vor dem Hotel Englischer Hof in Richtung Südbahnhof) der ebenfalls schienenungebundene Omnibus (der ab 1842 nachgewiesen werden kann und später auch auf der Ringstraße verkehrte) und ab 1865 die schienengebundene Pferdetramway, die anfangs stellwagenähnlichen Fahrzeuge mit ihrer typischen Kastenform verwendeten. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts vereinigte die „Vienna General Omnibus Company" (gegründet am 25. Juli 1881) fast alle innerstädtischen Stellwagenlinien; nur die Firma Michael Kitzler blieb selbständig und verkaufte ihre Stellwagenkonzession erst 1913 an eine Automobilgesellschaft, die bis September 1914 die Linie Ottakring-Josefstädter Straße-Am Hof betrieb. Auch das gemeindeeigene Autobusunternehmen (gegründet 1. Jänner 1919) trug noch den Namen „Städtische Automobil-Stellwagenunternehmung" (ab 8. September 1919 standen keine Pferdestellwagen mehr in Verwendung). Autobus, Elektrostellwagen, Straßenbahn.
Wappen der Stellfuhrinhaber
1904 hat der Heraldiker Hugo Gerard Ströhl Wappen der Genossenschaften vorgelegt, die zur künstlerischen Innenausstattung der Versorgungsheimkirche dienten. Das Wappen der Stellfuhrinhaber hat folgendes Aussehen:
In Rot ein laufendes, silbernes Pferd mit goldenem Zaum.
Weblinks
Literatur
- Jakob Dont: Das Wiener Versorgungsheim. Eine Gedenkschrift zur Eröffnung. Wien: Verlag der Gemeinde Wien 1904, Taf. III
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 30, Taf. III